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APA/HELMUT FOHRINGER
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WIRTSCHAFT

Kika/Leiner vor der Insolvenz

Die schwer angeschlagene Möbelkette kika/Leiner hat angekündigt, eine Sanierung mit Insolvenzverfahren anzustreben. Bei der Gewerkschaft spricht man von „Raubtier-Kapitalismus“.

Wenige Tage nach dem Verkauf des operativen kika/Leiner-Geschäfts durch die Signa-Retail-Gruppe des Tiroler Investors Rene Benko an den Handelsmanager Hermann Wieser wird nun eine Sanierung mit Insolvenzverfahren angestrebt. „Nach Prüfung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Unternehmens wird die Restrukturierung des Unternehmens über ein Sanierungsverfahren stattfinden, das kommende Woche angemeldet wird“, teilte kika/Leiner am Mittwoch in einer Aussendung mit – mehr dazu in Kika/Leiner will Insolvenz anmelden (noe.ORF.at).

Noch am Dienstag wurde angekündigt, 23 von 40 Standorten per Ende Juli zu schließen und 1.900 von 3.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu kündigen. „Wir sind angetreten, um kika/Leiner zu retten. Und wir retten jetzt, was zu retten ist“, so der neue kika/Leiner-Betreiber und Geschäftsführer Hermann Wieser in einer Aussendung – mehr dazu in Kika/Leiner: 1.900 Beschäftigte verlieren Job (news.ORF.at).

Kika/Leiner-Standorte in der Steiermark
ORF
Kika/Leiner-Standorte in der Steiermark

Das Maßnahmenpaket zur Rettung des Unternehmens werde – wie kommuniziert – „unverändert umgesetzt“, hieß es vom Unternehmen am Mittwoch, und weiter: Es werde wohl ein Insolvenzverfahren ohne Eigenverwaltung.

„Arbeitnehmer bleiben auf der Strecke“

Der steirische Chef der Gewerkschaft der Privatangestellten, Norbert Schunko, sagt dazu: „Das ist eine katastrophale Geschichte; das sind ja Beschäftigte, die schon seit 20 oder 30 Jahren im Möbelhandel tätig sind, also ist es nicht so einfach für die Kolleginnen und Kollegen.“ Schunko spricht von einem „Mega-GAU, das nennt man Raubtier-Kapitalismus: Zuerst das Geld herausziehen, das operative Geschäft jemandem zu geben, der eigentlich die finanziellen Mittel dann nicht hat, und auf der Strecke bleiben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“.

Snobe: Schlag für Beschäftigte in den Regionen

Der Chef des AMS Steiermark, Karl-Heinz Snobe, sprach schon am Dienstag von einem „Paukenschlag, wobei wir es hier mit einer Unternehmensgruppe zu tun haben, die es in den letzten Jahren schon nicht leicht hatte. Es war immer wieder damit zu rechnen, dass hier Personal auch freigestellt wird“.

Viele Teilzeitbeschäftigte, aber Hoffnung

„Im echten Leben ist es so, dass wir hier ja Standorte mit Leoben, mit Liezen, mit Judenburg, mit Feldbach haben, wo es natürlich immer davon abhängt, wo diese künftigen Arbeitsplätze denn dann tatsächlich sein können. Wir sprechen hier von überwiegend Frauen oder vielen Frauen-Arbeitsplätzen, wir sprechen hier auch von Teilzeitbeschäftigung, die viele dieser Damen bisher innehatten. Und es müssen nicht nur Arbeits- oder Jobangebote da sein, sie müssen auch mit den Lebensrealitäten der betroffenen Männer und Frauen zusammenpassen. Und in der Realität heißt es, dass dann eine Vermittlung in Einzelfällen auch aus ganz praktischen Gründen gar nicht so einfach möglich ist“, sagte Snobe.

Trotzdem sei der Arbeitsmarkt in der Steiermark „grundsätzlich noch gut, obwohl wir eine Steigerung der Arbeitslosigkeit im letzten Monat verzeichnen mussten, aber überwiegend bei den Männern“, so Snobe – mehr dazu in Wieder mehr Arbeitslose in der Steiermark (1.6.2023). Er habe doch die Hoffnung, „dass es auch mit einer Sucharbeitslosigkeit gelingen wird, einen Großteil der Frauen direkt zu vermitteln und anderen mit Unterstützungsmöglichkeiten alternative berufliche Perspektiven aufzuzeigen“.

Vier Standorte in der Steiermark betroffen

In der Steiermark werden die Standorte Judenburg, Liezen, Leoben und Feldbach geschlossen.

Betroffenheit und Ärger bei Bürgermeistern

Fest steht, dass in der Steiermark die Standorte Judenburg, Liezen, Leoben und Feldbach geschlossen werden – vier Standorte, vier Regionen, vier schockierte Bürgermeister. In Judenburg hat Bürgermeisterin Elke Florian (SPÖ) Rücksprache mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Leiner-Filiale gehalten: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind natürlich fassungslos; wir sind alle tief betroffen“, so Florian.

Lokalaugenschein bei kika in Feldbach

Eine jener vier steirischen Filialen, die Ende Juli geschlossen werden, ist der kika-Standort in Feldbach. Dort herrscht Unverständnis über die Entscheidung – immerhin sei die Filiale beliebt und auch finanziell rentabel gewesen.

Was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anbelangt, verspricht kika/Leiner über eine Jobbörse und Handelsunternehmen alternative Arbeitsangebote zu machen. Bürgermeisterin Andrea Heinrich (SPÖ) aus Liezen, wo der dortige kika geschlossen wird, sieht das skeptisch: „Es klingt auf den ersten Blick ganz gut. Arbeitsplätze sind vorhanden, aber es gibt natürlich speziell ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und ob man das so eins zu eins dann in einen Job umsetzen wird, kann man ein bisschen infrage stellen.“

Der Feldbacher Bürgermeister Josef Ober (ÖVP) ist zuversichtlich, dass das betroffene Personal in anderen Unternehmen unterkommen wird: „Arbeitsplatztechnisch werden die Leute eine Lösung finden; das glaube ich schon. Aber es geht um das Möbelangebot in der Region – das fehlt auf jeden Fall“, so Ober.

Auswirkungen auf andere Bereiche

Sehr verärgert und enttäuscht über das Vorgehen ist auch Leobens Bürgermeister Kurt Wallner (SPÖ). In einer wirtschaftlich aufstrebenden Phase der Stadt, sagte er, sei die kika-Schließung „ein Schlag ins Gesicht“, vor allem weil das in weiterer Folge auch viele andere Unternehmen in Leoben und Umgebung spüren werden.

Auch AMS-Chef Snobe meinte, für den Wirtschaftsstandort seien die angekündigten Schließungen ein Schlag: „Für diese vier Regionen ist das natürlich ein herber Schlag, weil das sind ja nicht wenige Beschäftigte, die in diesem Unternehmen gearbeitet haben. Wir haben die genauen Zahlen noch nicht, aber es lässt sich ungefähr einschätzen, dass es zwischen 50 und 60 betroffene Personen pro Filiale sein werden, die mit Ende Juli den Arbeitsplatz verlieren – und da hängen natürlich auch andere Wirtschaftsbereiche dran. Man muss durchaus davon ausgehen, dass auch andere Wirtschaftsbereiche zusätzlich betroffen und belastet sein werden.“

FPÖ fordert „gemeinsame Kraftanstrengung“

Die steirischen Freiheitlichen fordern ein entsprechendes Maßnahmenpaket für betroffene Mitarbeiter in der Steiermark. „Die Schließung von mehreren Möbelhäusern und der weitreichende Stellenabbau sind Hiobsbotschaften für steirische Arbeitnehmer sowie den steirischen Arbeitsmarkt. Es braucht nun eine gemeinsame Kraftanstrengung des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft, des Arbeitsmarktservice sowie des Sozialressorts des Landes Steiermark“, so FPÖ-Klubobmann Mario Kunasek.

KPÖ: „Betrug an der Allgemeinheit“

Die KPÖ spricht von "Raubtier-Kapitalismus“. „Gewinne privatisieren, Verluste vergesellschaften: Rene Benkos Signa-Holding kassiert staatliche Unterstützungen, schlachtet die kika/Leiner-Gruppe aus, streift hunderte Millionen Euro ein, und am Ende stehen 1.900 Beschäftigte auf der Straße und der Rest des Unternehmens vor dem Konkurs. Das ist Raubtier-Kapitalismus und in Wahrheit Betrug an der Allgemeinheit. Die Schließung der kika-Filiale in Leoben ist ein schwerer Schlag für unsere Stadt und die Region“, so der KPÖ-Landtagsabgeordnete und Leobener Stadtrat Werner Murgg.