Zwei 380 KV Strommasten
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Wirtschaft

450 Mio. Euro für weststeirisches Stromnetz

Die Energie Steiermark plant eine Großinvestiton in das Stromnetz in der West- und Südweststeiermark. Wie der Landesenergieversorger am Dienstag mitteilte, beträgt das Investitionsvolumen bis 2030 450 Millionen Euro. Das Geld fließt in neue Trafostationen und Leitungen für neue Photovoltaikanlagen.

Die Nachfrage bei Sonnenstrom steigt – mit ein Grund ist der Krieg in der Ukraine. Energie Steiermark-Vorstandsdirektor Martin Graz sprach am Dienstag von einem historischen Rekord: „Noch nie in der über 100-jährigen Geschichte der Stromerzeugung wurden so viele Photovoltaik-Anlagen errichtet wie in den vergangenen Monaten. Der Krieg in der Ukraine und ein deutlich steigendes Bewusstsein für Nachhaltigkeit haben zu einem explosionsartigen Anstieg bei der Nachfrage nach Sonnenstrom geführt“, so Graf.

Kapazität für 50.000 neue PV-Anlagen

Rund 18 Prozent der im Sachprogramm Photovoltaik als Vorrangzonen ausgewiesenen Flächen entfallen auf die Region West- und Südweststeiermark. Das sind rund 140 Hektar, umgerechnet mehr als 180 Fussballfelder, rechnete Graf vor. Dazu kommt: In dieser Region sind auch die wesentlichen Schwerpunkte für den Bereich der Windkraft geplant, etwa mit Projekten auf der Freiländeralm oder der Soboth.

Bis 2030 sollen in der West- und Südweststeiermark mehr als 200 Megawatt zusätzliche Einspeisung von Sonnenstrom möglich sein. Das entspricht über 20 Prozent jener Leistung, die durchschnittlich an einem Tag in der ganzen Steiermark benötigt wird. Rechnerisch können mit dieser Verstärkung laut Landesenergieversorger mahr als 50.000 neue private Photovoltaik-Anlagen grünen Strom ins Netz einspeisen.

Mehr Dynamik und mehr Geschwindigkeit erforderlich

"Die Herausforderungen sind enorm. Das betrifft die Ertüchtigung der Leitungstrassen, als auch die Maßnahmen zur Verstärkung bereits bestehender Anlagen und Leitungen, um einerseits dem PV-Ansturm gerecht zu werden, als auch die Versorgungssicherheit zu gewährleisten“, stellte Graf klar. Bereits im Vorjahr wurden in der Region 127 Einzel-Projekte umgesetzt, die einer Aufrüstung des Netzes dienen. „Aber wir brauchen noch mehr Dynamik und Geschwindigkeit bei diesen Investitionen“, gab Vorstandsdirektor Graf die Marschrichtung vor.

Bereits im ersten Quartal des heurigen Jahres wurden von den Energienetzen Steiermark in der West- und Südweststeiermark mehr als 20 Projekte umgesetzt, mehr als 100 werden noch im heurigen Jahr folgen Bis 2027 sollen es bis zu 750 nur in diesem Gebiet sein. In Summe wird das Investitionsvolumen in der Region West- und Südweststeiermark bis 2030 über 450 Millionen Euro betragen. Das sind laut Energie Steiermark die sechs größten Investitionen:

Die Projekte im Detail

  • Umspannwerk Modriach:

Bei dem im Jahr 1965 errichteten Umspannwerk St. Martin wäre aufgrund des fortgeschrittenen Alters eine umfassende Anlagenerneuerung erforderlich, die an dem Standort nicht umsetzbar ist. Dadurch ist ein Neubau am neuen Standort in Modriach inklusive Einbindung in das 110 kV-Netz mittels Freileitungsneubau erforderlich. Weiters ist dadurch die Einbindung des geplanten Windparks Freiländeralm II der Energie Steiermark möglich. Durch die Errichtung kann eine zusätzliche Einspeiseleistung in der Höhe von rund 180 Megawatt in das Übertragungsnetz integriert werden. Mit einem Investitionsvolumen von elf Millionen Euro wird das Projekt in den Jahren 2023/24 umgesetzt.

  • 20-kV Gschnaidt Eckhumpel:

Die beiden 20-kV Freileitungen Stiwoll/Wolfschuster – Södingberg/Krones und SST Södingberg/Nord – Gschnaidt/Eckhumpl sind zustandsbedingt zu erneuern. Im Zuge der Erneuerung werden auch die Trafostationen Södingberg/Zentring, Gschnaidt/Baumgartbauer, Gschnaidt/Eckhumpl, Stiwoll Wolfschuster und Södingberg Krones jeweils durch Kompaktstationen ersetzt. Weiters kann eine zusätzliche Einspeiseleistung in der Höhe von rund zwei Megawatt in das Verteilernetz integriert werden.
Mit einem Investitionsvolumen von 1,1 Millionen Euro wird das Projekt noch in diesem Jahr umgesetzt.

  • M2-123 Bereich Sulz

Zustandsbedingte Erneuerung des 20-kV Leitungsteilstück der M2-123 im Bereich Sulz. Zusätzlich wird die Maststation Unterlaufenegg/Mittersulzweg als Kabelkompaktstation erneuert, dadurch wird die Einspeisekapazität dieser Station verfünffacht. Umgesetzt wird das Projekt noch heuer, investiert werden 500.000 Euro.

  • LWL Steindorf Ort

Im Ortsbereich Steindorf erfolgt heuer ein Breitbandausbau durch die Energie Steiermark. Weiters kommt es durch vermehrte Photovoltaik-Anfragen zu Spannungsanhebungen, die eine Ortsnetzverstärkung erfordern. Aus diesen Gründen erfolgt eine Ortsnetzverkabelung. Im Zuge dessen erfolgt eine Weiterführung der 20-kV Leitung von der Trafostation Steindorf – Steindorf Ort. Die Einspeiseleistung im Ortsnetz kann dadurch um etwa 50 Prozent erhöht werden. 600.000 Euro werden investiert.

  • LWL-Ausbau Premstätten

Im Zuge des Breitbandausbaus in Premstätten werden die Niederspannungsfreileitungen in sechs Ortsnetzen: Oberpremstätten/Ort, Premstätten/Gemeinde, Oberpremstätten/Siedlung,Hautzendorf/Dorfstraße, Hautzendorf und Hautzendorf/Schuhfabrik, verkabelt. Damit kann die Einspeiseleistung um 50 Prozent erhöht werden. Die Investitionssumme beträgt 1,1 Millionen Euro.

  • 6a: ON Sulzhof/Blasi

Die bestehende Niederspannungsfreileitung wird modernisiert und im Zuge dessen auf drei Kilometer Länge verkabelt. Damit kann die Einspeiseleistung um 50 Prozent erhöht werden. Investitionssumme: 300.000 Euro.

  • 6b: ON Sernau/Steinbach

Die bestehende Niederspannungsfreileitung wird modernisiert und wird auf drei Kilometer Länge. Damit kann die Einspeiseleistung um 50 Prozent erhöht werden. Die Kosten: 305.000 Euro.

Zwei Drittel Wertschöpfung für die Region

Die Projekte fördern laut Energie Steiermark zusätzlich auch die regionale Wertschöpfung: So würden durch die Umsetzung der Projekte rund zwei Drittel der Ausgaben in der Region bleiben. „Besonders in der West- und Südweststeiermark spüren wir eine starke Nachfrage nach Photovoltaik-Ausbau. Wir haben im vergangenen Jahr rund 10.500 Netzprüfungen in der Region verzeichnet, das ist mehr als 20 Mal so viel wie noch 2019“, so Martin Graf. Die aktuellen Zahlen würden zudem nahe legen, „dass es heuer im Vergleich zum Vorjahr zumindest zu einer Verdoppelung kommen wird: Immerhin gab es im ersten Quartal des heurigen Jahres mehr als 6.300 Netzeinspeisungs-Anfragen in der West- und Südweststeiermark“, rechnete Graf vor.

7.000 neue PV-Anlagen im Vorjahr in der Steiermark

Ziel der Energie Steiermark ist es eigenen Angaben zufolge, die aktuellen Kollektoren-Flächen in der gesamten Steiermark bis 2030 zu vervierfachen, um die Klimaziele zu erreichen. „Dafür haben wir mit dem Sachprogramm Photovoltaik einen hervorragenden Rückenwind der Landesregierung und werden als Unternehmen in die Errichtung neuer Erzeugungs-Anlagen über 300 Millionen Euro investieren“, kündigte Martin Graf an.

Allein im vergangenen Jahr wurden laut Energie Steiermark landesweit rund 7.000 neue PV-Anlagen von den Energienetzen Steiermark in Betrieb genommen. Mehr als drei Mal so viel wie in den Jahren zuvor. Sie speisen eine Leistung von rund 110 Megawatt ein, das entspricht laut Graf etwa sechs mittleren Murkraftwerken. In Summe seien landesweit bereits rund 40.000 Anlagen mit 550 Megawatt in Betrieb – die Steiermark sei damit gemeinsam mit Niederösterreich und Oberösterreich an der Spitze der Sonnenstrom-Bundesländer und steuert bundesweit mehr als 20 Prozent des Photovoltaik-Volumens bei.

Budgetvolumen in der Höhe von 1,5 Milliarden Euro

Entscheidend sei die Aufrüstung des rund 30.000 Kilometer langen Stromnetzes, um mit dem Boom beim Sonnenstrom- und Windkraft-Ausbau auch tatsächlich Schritt halten zu können, so die Energie Steiermark. „Wer Ja sagt zu Ökostrom, muss auch Ja sagen zum Netzausbau“, unterstrich Vorstandsdirektor Martin Graf, „der Gegenverkehr in den Leitungen erfordert eine rasche Steigerung der Kapazitäten bei Trafos und Leitungen“, sagte Martin Graf. Für diese Maßnahmen sind in den kommenden Jahren in Summe mehr als 1,5 Milliarden Euro budgetiert.