Drei Personen vor einem Forschungsprojekt
TU Graz/Lunghammer
TU Graz/Lunghammer
Wissenschaft

Neue Messmethode: Hangrutschungen früher erkennen

Hangrutschungen und Steinschläge früher und genauer erkennen – an so einer Messmethode arbeitet die Technische Universität Graz und nutzt dabei Glasfaserleitungen. Durch Veränderungen von Lichtimpulsen kann etwa gemessen werden, wo Hänge ins Rutschen kommen.

Hangrutschungen und Steinschläge zählen in Österreich zu häufigen Naturgefahren. Dadurch werden Siedlungen, Straßen, die Stromversorgung und nicht zuletzt Menschenleben bedroht. Je früher und genauer hier Veränderungen und Gefährdungen erkannt und beobachtet werden können, desto besser lassen sich Schäden reduzieren oder auch gänzlich vermeiden.

Veränderungen von Lichtimpulsen

Die Technische Universität Graz arbeitet an einer Messmethode, die Glasfaserleitungen nutzt, um Ereignisse in der Umgebung detektieren, lokalisieren und klassifizieren zu können, heißt es von der TU. Glasfaserkabel sind für mehr als nur Telekommunikation geeignet: Durch Veränderungen von Lichtimpulsen in Glasfaserleitungen können Forschende am Institut für Ingenieurgeodäsie und Messsysteme der TU Graz zum Beispiel messen, wo Hänge rutschen, ein Steinschlag aufgetreten ist oder sich Tunnelverschalungen deformieren.

Werner Lienhart und sein Team vom Institut für Ingenieurgeodäsie und Messsysteme der TU Graz haben die Messmethode, die Glasfaserleitungen nutzt, bereits zur Überwachung der Tragfähigkeit von Tunnelbauten eingesetzt, denn Geländebewegungen können sich negativ auf die Stabilität der Betonschale auswirken. Hier werden bisher vor allem nur punktuell Messungen an der Oberfläche mit konventionellen Vermessungsgeräten durchgeführt. Mit einem System aus Glasfaser-Sensorkabeln, die direkt in die Tunnelfundamente eingebettet werden, wird eine lückenlose Überwachung des Zustands des Tunnels ermöglicht.

Dabei schickt ein Messgerät aufeinanderfolgende Lichtimpulse durch die Glasfaserleitungen – für die TU-Experten sind dann vor allem die Rückstreueffekte, die bei der Ausbreitung der Signale auftreten, interessant: „Wir schicken Licht mit einer bestimmten Wellenlänge in die Faser hinein und analysieren das rückgestrahlte Spektrum", so Lienhart.

Drei Personen vor einem Forschungsprojekt
TU Graz/Lunghammer
Vlad Dumitru, Werner Lienhart und Lisa Strasser vom Institut für Ingenieurgeodäsie und Messsysteme der TU Graz

Bei Überwachung von Koralmtunnel im Einsatz

Wenn der Lichtimpuls zurückkommt, hat er normalerweise die gleiche Wellenlänge wie vorher, „wenn etwas passiert, entstehen allerdings auch nicht-lineare Effekte, die als leicht versetzte Wellenlängen- oder Intensitätsvariationen zurückkommen. Je nach Messmethode kann ich anhand dieser Änderungen und aufgrund der Laufzeit des Signals bestimmen, an welchem Punkt der gemessenen Faser eine Vibration, Temperaturveränderung oder Dehnungsänderung stattgefunden hat“, so der Grazer Forscher. Bereits eingesetzt wird die Technologie unter anderem zur Überwachung von Tunnelschalen im Koralmtunnel, im Semmering-Basistunnel und im Brenner Basistunnel.

Signale, Vibrationen und Temperatur messbar

Je nach Auswertungsmethode lassen sich unterschiedliche Effekte messen: akustische Signale und Vibrationen, Temperaturschwankungen oder langsame Dehnungsänderungen. Wenn die Experten drei Fasern zur Verfügung haben, können sie alle drei Effekte gleichzeitig bestimmen. Ist nur eine Faser verfügbar, ist nur die Überwachung eines Effekts möglich oder die Methoden müssen abgewechselt werden. Eine Messstation – der sogenannte Interrogator – kann laut TU in beide Glasfaserleitungsrichtungen rund 40 Messkilometer abdecken. Pro Station lassen sich also rund 80 Kilometer Glasfaser überwachen.

Die TU Graz hat auch eine Glasfaser-Teststrecke zwischen dem Campus Alte Technik und Campus Neue Technik eingerichtet: Auf dieser Strecke habe man sogar das schwere Erdbeben in der Türkei und Syrien im Februar 2023 detektiert. Prinzipiell könne die Messmethode auch entlang von Bahnstrecken oder Straßen, die von Steinschlag bedroht sind, eingesetzt werden, um hier sofort alarmiert zu werden, wenn Steine auf das Gleis oder die Fahrbahn gefallen sind.