Jugendliche Menschen stehen herum
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Gericht

Burschen planten Anschlag auf Schule: Haft

Zwei Jugendliche sind am Landesgericht Leoben zu rechtskräftigen Haftstrafen verurteilt worden, weil sie einen Anschlag auf die Neue Mittelschule in Bruck an der Mur geplant hatten. Sie hätten „Christen töten“ und „das Kalifat wiederherstellen“ wollen, gaben die beiden an.

Der Fall der zwei jugendlichen Freunde im Alter von 15 und 16 Jahren sei bereits Anfang Juli am Landesgericht Leoben verhandelt worden, wie eine Sprecherin des Landesgerichts der APA entsprechende Berichte der „Kleinen Zeitung“ und der „Kronen Zeitung“ am Samstag bestätigte. Der 16 Jahre alte Bursche ist Lehrling und stammt aus Österreich; sein 15 Jahre alter Freund ist Schüler und kommt aus Tschetschenien. Beide wohnen in Bruck an der Mur.

Verfassungsschutz wurde nach Posting aktiv

Ursprünglich standen die beiden wegen ihrer Aktivitäten in einschlägigen Chatgruppen sowie einiger anderer Delikte vor dem Richter. Der 16-jährige Lehrling postete IS-Propagandavideos auf Telegram, die Enthauptungen zeigten, und stellte Nachforschungen zum Bau von Waffen und Bomben an. Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) konnte ihn und seinen 15-jährigen Freund ausforschen, nachdem niederländische Ermittler Postings der beiden sicherstellen konnten, in denen davon die Rede war, dass sie Zugang zu Waffen hätten und Sprengstoff herstellen könnten.

Wollten Christen in der Klasse erschießen

In der folgenden Gerichtsverhandlung wurden dann immer mehr Details zu den Plänen der beiden Burschen bekannt. So hätten sie einen Anschlag auf die Schule des Jüngeren, die Neue Mittelschule Bruck an der Mur, geplant und dabei alle Christen einer Klasse erschießen wollen. Die Pläne seien laut Auskunft des Landesgerichts recht konkret gewesen, denn ein minderjähriger Freund hätte ihnen die Maschinenpistole seines Vaters angeboten. Dass sie von diesem Angebot Gebrauch machen konnten, sei nur daran gescheitert, dass der Freund den Zugang zum Waffensafe nicht hatte.

Zwei Jahre teilbedingte Haft

Die Liste an weiteren Delikten sei lang. So sollen sie eine Schlange enthauptet und eine andere mit Messerstichen gequält haben. In einer aufgelassenen Schule in Bruck sollen sie ein Feuer gelegt haben; verletzt wurde dabei niemand. Zudem sei ein homosexueller TikToker von einem der beiden Jugendlichen mit einer eindeutigen Geste mit dem Erschießen bedroht worden.

Die Burschen wurden beide zu je zwei Jahren Haft verurteilt, davon acht Monate unbedingt. Zusätzlich wurden vom Gericht Bewährungshilfe, Deradikalisierungstraining sowie ein Anti-Gewalt-Training angeordnet.

Immer mehr Jugendliche mit radikalem Gedankengut

Dieser Fall sei in seiner Intensität eine Ausnahme, sagt der steirische Schulpsychologe Josef Zollneritsch. Die Schule müsse jedenfalls ein absolut gewaltfreier Raum bleiben, doch die Zahl der Jugendlichen mit radikalem Gedankengut würde stetig steigen: „Die Anzeichen, die wir haben, deuten auf einen latenten Anstieg der Gewaltneigung bei bestimmten Gruppen hin. Wir wissen, dass bestimmte Jugendliche aufgrund ihrer sozialen Gegebenheit anfällig sind.“

Deshalb müssten die Lehrerinnen und Lehrer sehr genau auf Veränderungen im Verhalten der jungen Menschen achten, sagt Zollneritsch: „Das können äußerliche Merkmale sein, Kleidungsveränderungen, Tätowierungen und so weiter. Es können Verhaltensänderungen sein: Rückzug oder starke Aggressionsneigung. Es kann – was die Schule betrifft – ein ganz normaler Lernabfall sein, dass die Jugendlichen plötzlich kein Interesse mehr haben an den Inhalten der Schule und kein Interesse an den sozialen Bezügen in den Klassen und in den Schulen, weil sie sich woanders geborgen fühlen und dort ihre Identität aufbauen.“

Soziales Lernen als Gewaltprävention

Im Rückschluss würde das bedeuten: je stärker die sozialen Bindungen in der Schule, desto geringer die Gefahr der Radikalisierung. Besonders gefährdet sei die Gruppe der 12- bis 16-Jährigen – es müsse daher deutlich mehr in soziales Lernen und Gewaltprävention investiert werden, ist der Psychologe überzeugt; sinnvoll sei es hier „möglicherweise auch, mit der Präventionspolizei stärker in die Klassen zu gehen, um die Jugendlichen darauf hinzuweisen, welche Konsequenzen dieses Verhalten hat.“ Auch eine funktionierende Nachmittagsbetreuung könne sicherstellen, dass Jugendliche nicht in den radikalen Abgrund sinken.

Härtere Strafen bei Radikalismus gefordert

Der Fall ruft auch die Politik auf den Plan, die sich entsetzt zeigt über die aktuellen Entwicklungen und daher unter anderem härtere Strafen bei Radikalismus fordert: „Ich fordere dringend von der Justizministerin (Alma Zadic, Anm.) ein, härtere Strafen vorzusehen, um solchen Menschen klarzumachen, wie stark unsere Gesellschaft und unser Rechtsstaat diese Haltung verabscheuen und gegen sie vorgehen“, sagt der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP), der darüber hinaus engmaschige Präventions- und Deradikalisierungsarbeit als Gegenmaßnahme für notwendig erachtet.

Für FPÖ ist Urteil „viel zu mild“

Die steirische FPÖ sieht hinter diesem Fall ein „Alarmsignal": „Dieser Fall belegt eindeutig, wie omnipräsent die Gefahr ausgehend vom Radikal-Islam in der Steiermark ist. Umso erschreckender ist es, dass ÖVP und SPÖ dieses Thema auf Landesebene totschweigen. Die FPÖ wird am kommenden Montag auch eine umfassende Antragsreihe zum Thema Jugendkriminalität vorstellen“, so FPÖ-Klubobmann Mario Kunasek. Die Strafen für die beiden Burschen hält er für zu milde: „Für die beiden Täter hätten wir uns wesentlich härtere Strafen erhofft. Die Verurteilungen sind angesichts der Tatsache, dass beide keine Reue zeigten und derart brutale Pläne schmiedeten, viel zu mild ausgefallen. Es braucht jedenfalls auch eine Verschärfung des Jugendstrafrechts für derartige Fälle.“

Brucker Bürgermeisterin über Medien informiert

Eigenen Angaben zufolge erst über die Medien von diesem Fall erfahren hat die Bürgermeisterin von Bruck an der Mur, Andrea Winkelmeier, die am Samstag in einer Aussendung mitteilte: „Als Stadtgemeinde waren wir über diese Vorkommnisse nicht unterrichtet, und wir sind, ebenso wie viele Bürger in unserer Stadt, natürlich schockiert über diese Vorkommnisse. Gleiches gilt für die Verantwortlichen der betroffenen Mittelschule, die diese Meldung ebenfalls zutiefst betroffen macht.“

Winkelmeier blickt auch den aktuellen Entwicklungen mit Sorge entgegen: „Dass es auch bei uns Jugendliche gibt, die sich im Untergrund für den islamistischen Terror radikalisieren, ist äußerst bedenklich. Diesen Entwicklungen müssen wir als Land, Stadt, mit Institutionen wie der Bildungsdirektion, gemeinsam mit Eltern und den Jugendlichen entgegenwirken.“ Die Gemeinde selbst könne diesbezüglich aber nur wenig bewirken, so Winkelmeier, vielmehr brauche es Investitionen in Bildung, Aufklärung und Anti-Gewaltmaßnahmen sowie mehr Platz für dieses Thema im Stundenplan.