Bewaffnete Einheiten vor dem Murpark
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Gericht

„Scherzanruf“: Bedingte Haft für 16-Jährige

Eine 16-Jährige hat sich am Donnerstag wegen eines „Scherzanrufes“ vor Gericht verantworten müssen. Die Jugendliche löste im März im Murpark in Graz durch ihren Anruf einen Großeinsatz aus. Sie wurde wegen Verleumdung zu neun Monaten bedingter Haft verurteilt.

60 Polizeibeamte, darunter Beamte des Einsatzkommandos Cobra Süd und der schnellen Interventionsgruppe, sind am Nachmittag des 15. März ausgerückt, um zwei angeblich mit Faustfeuer- und Langwaffe bewaffnete Männer im Shoppingcenter zu suchen. Das Gebäude wurde geräumt, die Geschäfte geschlossen und der öffentliche Verkehr unterbrochen. Nach zwei Stunden konnte Entwarnung gegeben werden.

Beschreibung traf auf 41-Jährigen zu

Bei der Auswertung der Überwachungskameras konnte nur ein verdächtiger Mann gefunden werden, auf den die Beschreibungen der Anruferin zutrafen. Waffe war auf den Aufnahmen der Überwachungskameras keine zu sehen.

Als die Beamten die Wohnung des 41-jährigen Mannes aufsuchten, stimmte dieser einer Wohnungsdurchsuchung zu. Auch dort fanden die Einsatzkräfte keine Waffen – mehr dazu in Nach Polizei-Großeinsatz: Mann ausgeforscht (16.03.2023). Die 16-Jährige gestand später, dass es eine erfundene Geschichte war.

Anklage wegen Verleumdung

Die Jugendliche, die die Polizei alarmierte und amtsbekannt ist, musste sich wegen Verleumdung vor Gericht verantworten, da sie den Mann einer behördlichen Verfolgung ausgeliefert haben soll. Abgesehen davon wurde sie von der Staatsanwältin in der Anklageschrift mit zwei weiteren Vorwürfen konfrontiert: Einerseits soll die Jugendliche einen Diebstahl begangen haben, andererseits soll sie zusammen mit zwei Freundinnen die Rettung gerufen und einen Überfall von angeblich vier Männern auf ihre 14-jährige Freundin vorgetäuscht haben.

Tatsächlich soll aber die Angeklagte selbst mit der anderen Freundin auf die Schülerin eingeschlagen und ihr zwei Benzodiazepin-Tabletten verabreicht haben, um sie bewusstlos zu machen. Um die Polizei von der erfundenen Geschichte mit den vier männlichen Tätern zu überzeugen, bewegte die 16-Jährige ihre Freundin zu einer Falschaussage, so die Anklage. Da es sich um mehrere Delikte handelt, wurde die Jugendliche vor rund zwei Wochen in Untersuchungshaft genommen.

„Verzögerte Reife“

Vor dem Gerichtsprozess am Donnerstag kündigte der Verteidiger der 16-Jährigen an, dass sie sich geständig verantworten wird – außer zum Diebstahl. Laut dem Strafverteidiger ist sich die Angeklagte bezüglich des „Scherzanrufs“ im Murpark bewusst, dass es ein Fehler von ihr gewesen ist und sie das auch bereits damals so einordnen hätte müssen.

Die mutmaßlichen Taten führt der Anwalt auf eine schwierige Kindheit der Jugendlichen zurück. In diesem Zusammenhang sprach er von „verzögerter Reife“. Laut ihm hätte das Erlebnis der Untersuchungshaft für sie Wirkung gezeigt.

Bezahlung des Polizeieinsatzes steht im Raum

Die Angeklagte wurde am Donnerstag zu neun Monaten bedingter Haft und einigen zusätzlichen Auflagen, wie einer Psychotherapie, verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Da es sich bei dem Anruf der Jugendlichen um einen „Scherzanruf“ handelte, könnte sie auch für die Kosten des Großeinsatzes zur Verantwortung gezogen werden. Vor dem Prozess kündigte die Landespolizeidirektion Steiermark an, dass darüber erst nach dem Gerichtsurteil entschieden werden soll.