Untersuchung
APA/dpa-Zentralbild/Soeren Stach
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WISSENSCHAFT

Grazer Forscher wollen Herzen besser heilen

Ein Grazer Forscherteam hat herausgefunden, wie die Vernarbung von abgestorbenem Herzgewebe, die Fibrose, gesteuert wird. Dank dieser Erkenntnisse könnte der Heilungsprozess optimiert werden.

Nach einem Herzinfarkt können schwerwiegende Vernarbungen des Herzmuskels auftreten, die durch entzündliche Reaktionen hervorgerufen werden. Forscher der Med-Uni Graz haben gemeinsam mit australischen Kolleginnen und Kollegen einen Faktor gefunden, der diese sogenannte Herzfibrose steuert. Gelingt es, ihn zu beeinflussen, könnten Herzinfarkte mit weniger Narbenbildung – die zu einer herabgesetzten Leistungsfähigkeit des Herzens führen – ausheilen.

Versteifung und Verlust drohen

Wenn das Herzgewebe bei einem Herzinfarkt nicht ausreichend durchblutet wird, beginnt es rasch abzusterben. Unter der Voraussetzung, dass das betroffene Herzkranzgefäß schnell genug wieder geöffnet wird, kann der Infarkt fast folgenlos ausheilen. Bleibt die Durchblutung jedoch unzureichend, werden die abgestorbenen Herzzellen von Zellen des Immunsystems „entsorgt“, was mit einem Entzündungsprozess einhergeht. An die wunde Stelle wandern Bindegewebszellen ein und bilden Narbengewebe.

„Ein gewisses Ausmaß an Vernarbung ist notwendig, das Problem ist, dass in manchen Fällen die Narbenbildung über das Ziel hinausschießt“, schilderte Peter Rainer von der Med-Uni Graz.

Kommt es zu einer überschießenden Bildung von Narbengewebe – einer sogenannten Fibrose – droht durch die dadurch bedingte fortschreitende Versteifung des Herzmuskels und den Verlust von funktionierendem Muskelgewebe eine Herzinsuffizienz: „Die Herzinsuffizienz ist wiederum eine Erkrankung mit hohem Leidensdruck und schlechter Prognose“, beschrieb der Kardiologe die schwerwiegenden Folgen der Herzfibrose.

Ein Matrixprotein dürfte beteiligt sein

Aktuell gibt es keine direkten Therapien, um diese unerwünschte Bindegewebsvermehrung im Herzen zu regulieren. Ein Zusammenhang zwischen Entzündung und Fibrose im Herzen ist seit längerem bekannt, der detaillierte Mechanismus aber noch ungeklärt. Forscher, wie das Team um Rainer und ihre internationalen Kollegen, wollen daher herausfinden, wie Zellen, die bei einer Entzündungsreaktion nach einem Infarkt ins Herz einwandern, zur Ausbildung der Fibrose beitragen. Ihre jüngsten Erkenntnisse, was dabei passiert, haben sie im „Journal of the American College of Cardiology“ veröffentlicht.

Das internationale Forschungskonsortium unter Grazer Leitung hatte bereits erkannt, dass das extrazelluläre Matrixprotein 1 (ECM1) an der Herzfibrose beteiligt sein dürfte ist, denn sie stellten fest, dass dieser Wert nach einem Herzinfarkt rasch anstieg. Wie sich in den weiteren präklinischen Studien des internationalen Teams zeigte, passiert das zeitgleich mit der Einwanderung von Entzündungszellen in den Herzmuskel. Die Forschenden konnten zeigen, dass diese Immunzellen das ECM1 ausschütten. „Dieses Protein aktiviert Bindegewebszellen, die Kollagen produzieren, und trägt somit unmittelbar zur Vernarbung bei“, erklärte Rainer.

ECM1

Bei genauerer Untersuchung identifizierte das Team an diesen Zellen einen Rezeptor, der mit hoher Wahrscheinlichkeit für die beobachteten Effekte verantwortlich ist – der LRP1-Rezeptor. Er dient laut Rainer demnach als Mediator zwischen den Entzündungs- und Bindegewebszellen und dürfte Wundheilung und Vernarbung regulieren. „Eine therapeutische Beeinflussung von ECM1 und dem zugrunde liegenden Signalweg könnte die Heilung nach einem Infarkt somit verbessern und überschießende Vernarbung hintanhalten“, zeigte sich Rainer optimistisch.