Justizanstalt Graz-Karlau
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Gericht

IS-Terrorist: Anschlagspläne im Gefängnis

Ein 2018 zu neun Jahren Haft verurteilter IS-Terrorist soll von seiner Zelle in Graz aus mit dem Handy Anschlagspläne verfolgt haben: Er wird sich im Herbst erneut wegen terroristischer Umtriebe im Namen der islamistischen Terrormiliz Islamischer Staat (IS) vor Geschworenen verantworten.

Die Anklage gegen den mittlerweile 24-Jährigen und einen mitangeklagten 33-jährigen Mithäftling – die beiden lernten einander in der Justizanstalt Graz-Karlau kennen – sei bereits rechtskräftig. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, Hansjörg Bacher, bestätigte entsprechende Recherchen von Puls 24, des „Standard“ und der APA. Ein Hauptverhandlungstermin sei noch nicht ausgeschrieben.

Verhandlung am Grazer Gericht für Strafsachen

Die Verhandlung wird nach derzeitigem Stand am Grazer Landesgericht für Strafsachen stattfinden: Versuchte Bestimmung zum Mord, versuchte Bestimmung zur vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengmittel sowie die Verbrechen der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation – dem jungen Mann wird eine Fülle terroristischer Straftaten vorgeworfen.

Bei anklagekonformer Verurteilung müsste der 24-Jährige, dessen reguläres Strafende unter Anrechnung der U-Haft und nach einer weiteren Verurteilung wegen schwerer Sachbeschädigung im Strafvollzug der 20. Oktober 2026 wäre, mit zehn bis 20 Jahren oder gar lebenslanger Haft rechnen.

Ermittlungen seit Sommer 2020

Die Grazer Anklagebehörde hatte seit dem Sommer 2020 gegen den seit Anfang 2017 Inhaftierten ermittelt, der seine erneuten terroristischen Aktivitäten zunächst ab November 2019 in der Justizanstalt Stein und nach seiner Verlegung nach Graz ab Jänner 2020 in der Justizanstalt Karlau betrieben haben soll.

Trotz Haft: Fast durchgehend Handy besessen

Der vorliegenden Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Graz zufolge betätigte er sich nicht nur via Instagram als IS-Propagandist – mehrere Dutzend Anhänger hatten ihn abonniert. Ende Juli 2020 lud er sich in seiner Zelle ein vom IS produziertes Video auf sein Handy, auf dem unter anderem zu sehen ist, wie eine Geisel des IS getötet wird, eine Bombe gebastelt und ein Sprengsatz gezündet wird.

Auffallend ist, dass der Verurteilte in den diversen Justizanstalten, in denen er untergebracht war – derzeit befindet er sich in der Justizanstalt Sonnberg – fast durchgehend über ein Handy verfügte, obwohl das an sich verboten ist. In der Justizanstalt Graz-Karlau gelangte er an ein Smartphone, das in einem Laib Brot ins Gefängnis geschmuggelt wurde, wofür laut einem Bericht des mittlerweile aufgelösten Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) 800 Euro zu bezahlen waren.

Der 24-Jährige bestreite, in seinen Hafträumen mit Hilfe illegal beschaffter Mobiltelefone Terrorpläne gewälzt zu haben. „Mein Mandant ist zuversichtlich, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft entkräftet werden können“, erklärte sein Anwalt auf APA-Anfrage.

Als Gefährder eingestuft

Der Verurteilte genießt unter IS-Sympathisanten eine Art Kultstatus, und das nicht nur in Österreich, sondern zumindest im gesamten deutschsprachigen Raum. Obwohl er seit vielen Jahren in Haft sitzt, stuft ihn die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) weiterhin als Gefährder ein: Er soll im Gefängnis nicht nur unmittelbaren Kontakt zu anderen verurteilten Terroristen aufgenommen und unterhalten, sondern auch Mitgefangene mit dem Gedankengut des IS vertraut gemacht bzw. in ihrer Gesinnung bestärkt haben.

Einer davon war ein mehrfach vorbestrafter 33-Jähriger, der in der Justizanstalt Graz-Karlau eine langjährige Freiheitsstrafe wegen versuchten Raubmordes verbüßt; er erhielt über WhatsApp ein IS-Propagandavideo, das dieser dann weiterverbreitet haben soll.

Bombenanschlag auf Truppenstützpunkt geplant

Der heute 24-Jährige hatte bereits als 17-Jähriger aus islamistischen Beweggründen einen Bombenanschlag auf den deutschen US-Truppenstützpunkt Ramstein geplant, zudem wollte er einen damals Zwölfjährigen Ende November 2016 mit einem selbst gebauten Sprengsatz zu einem Selbstmordanschlag auf einen Weihnachtsmarkt im deutschen Ludwigshafen anstiften. Obwohl er dafür vom Wiener Landesgericht für Strafsachen zu neunjähriger Haft verurteilt wurde, legte er seine dem IS verhaftete Gesinnung offenkundig nicht ab.