Kinderbetreuung bzw. Kindergrippe / Kindergarten
APA/HERBERT NEUBAUER
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SOZIALES

AK: Steiermark Schlusslicht bei Kinderbetreuung

Beim Angebot an Betreuungsplätzen für Kinder bis zu fünf Jahren ist die Steiermark nach wie vor Schlusslicht in Österreich. Das geht aus dem „Kinderbetreuungsatlas“ hervor, den die AK Steiermark heuer zum zehnten Mal ausgearbeitet hat. Gefordert wird ein Rechtsanspruch.

Vor allem bei den Krippenplätzen für Ein- bis Dreijährige liegt die Steiermark demnach deutlich zurück. Die Auswirkungen seien für die betroffenen Familien – und da vor allem für Frauen – ebenso katastrophal wie für den Wirtschaftsstandort, kritisierte Arbeiterkammer-Präsident Josef Pesserl – und fordert einmal mehr einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr.

Zehn Gemeinden haben sich verbessert

Das Kinderbetreuungsangebot in der Steiermark hat sich seit dem Vorjahr kaum verändert. Laut dem zehnten Kinderbetreuungsatlas – eine Erhebung der Arbeiterkammer (AK) Steiermark – gibt es in lediglich 70 der 286 steirischen Gemeinden ausreichende Kinderbetreuungsangebote, damit beide Elternteile Vollzeit arbeiten könnten; voriges Jahr waren es 74 Gemeinden. Besonders hapere es an der Betreuung der unter Dreijährigen, wie am Mittwoch bei einer Pressekonferenz gesagt wurde.

Weitere 153 Gemeinden, also etwas mehr als die Hälfte, erfüllen die zweitbeste Kategorie des Betreuungsatlas: Sie verfügen über Kinderkrippe oder vergleichbare Angebote, Ganztagskindergarten und Nachmittagsbetreuung an zumindest vier Tagen für Volksschulkinder. Allerdings erfüllen sie nicht – im Gegensatz zu den 70 Gemeinden, die in die beste Kategorie fallen – die Kriterien, die eine Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf ermöglichen. Dafür müsste es eine Betreuungsmöglichkeit für Kinder unter drei Jahren sowie für Drei- bis Sechsjährige in Kindergärten oder Kinderhäusern geben, die mindestens 45 Stunden pro Woche geöffnet sind – davon mindestens 9,5 Stunden täglich – und maximal fünf Wochen pro Jahr geschlossen haben.

Von den sechs Kategorien, aus denen der Kinderbetreuungsatlas besteht, fallen lediglich sieben Gemeinden in die zweitschlechteste und keine einzige in die schlechteste Kategorie. Somit verfügt jede steirische Gemeinde zumindest über einen Halbtagskindergarten beziehungsweise gibt es Tageseltern. Insgesamt haben sich im Vergleich zum Vorjahr zehn Gemeinden verbessert, während 15 Gemeinden herabgestuft wurden.

Pesserl: Nehammer-Ankündigung ändert nichts

Dass Bundeskanzler Nehammer (ÖVP) im ORF-Sommergespräch 4,5 Milliarden zusätzlich für Kinderbildung und -betreuung in Aussicht gestellt hat, sei zwar eine schöne Ankündigung, ändere aber nichts an den akuten Problemen, sagte der steirische Arbeiterkammerpräsident – Stichworte: Personalmangel, fehlende Infrastruktur, Öffnungszeiten und Co. „Es haben von dieser Ankündigung weder die Kinder noch die Eltern noch die Betriebe etwas“, so Pesserl.

Sogar Großeltern müssen Urlaub nehmen

Trotz der verstärkten Bemühungen seitens des Landes ist die Steiermark laut aktuellen Daten nach wie vor Schlusslicht in Sachen Kleinkinder-Betreuungsangebot: Während etwa in Wien 43 Prozent der Ein- bis Dreijährigen in Krippen betreut werden, sind es in der Steiermark mit knapp 20 Prozent weniger als die Hälfte. Von der EU-Zielvorgabe von 33 Prozent sei man Lichtjahre entfernt, betonte Bernadette Pöchheim, Leiterin der AK-Frauen- und Gleichstellungsabteilung, da gehe es nicht nur um die Zahl der Einrichtungen, sondern auch um Öffnungszeiten.

„Viele Einrichtungen haben im Sommer neun Wochen lang geschlossen. Uns erzählen Eltern, dass sie nacheinander Urlaub nehmen müssen – und mittlerweile müssen auch Großeltern Urlaub nehmen, um die Enkel zu betreuen“, so Pöchheim.

Viele Frauen seien zur Kündigung, Karenzverlängerung oder Teilzeitarbeit gezwungen – wodurch auch der Wirtschaft dringend benötigte Arbeitskräfte verloren gingen, sagte Pesserl: „Wenn ich durch die Betriebe gehe, sagen sie: Wieso ist es nicht möglich, dass die Leute arbeiten gehen, wieso kriegen wir keine Kinderbetreuungseinrichtungen?“

Mehrere Forderungen

Gefordert wird deshalb einmal mehr ein sofortiger Ausbau des Angebots sowie ein Rechtsanspruch auf Betreuung für Ein- bis Dreijährige, wie es ihn etwa in Deutschland gibt, und mehr Geld und bessere Rahmenbedingungen für die Beschäftigten, denn laut einer aktuellen Studie überlegt fast die Hälfte aller Betreuerinnen und Betreuer derzeit einen Jobwechsel.

Reaktionen

Die Opposition nimmt aufgrund der Ergebnisse des Kinderbetreuungsatlas die Landesregierung in die Pflicht: Die präsentierten Zahlen, Daten und Fakten müssten ernst genommen und bei weiteren Maßnahmen berücksichtigt werden, hieß es von den Freiheitlichen. Ein völliges Fehlen der Kinderbetreuung für unter Dreijährige in 20 Gemeinden könne nicht schulterzuckend zur Kenntnis genommen werden.

Die Krise sei hausgemacht und seit Jahren absehbar, so NEOS Steiermark. Höhere Löhne und eine bessere finanzielle Unterstützung für die Gemeinden und Träger seien seit Jahren überfällig – ein umfassendes Paket der Landesregierung sei sofort und nicht erst in einem Jahr notwendig, fordert NEOS.