Autofahrer zeigt Führerschein
APA/HANS KLAUS TECHT
APA/HANS KLAUS TECHT
Chronik

OGH hob Urteile gegen Führerscheinschummler auf

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat etliche Urteile über erwischte Schummler bei Führerscheinprüfungen aufgehoben. Es handle sich um ein Verhalten, „für das es keinen Strafrechtstatbestand gibt“.

Ein Sprecher des OGH bestätigte einen entsprechenden Bericht der „Kronen Zeitung“: Der angeklagte Tatbestand sei nicht erfüllt, Geldstrafen seien bereits zurückgezahlt worden.

Zahlreiche Anzeigen

In den vergangenen Jahren hatten etliche Prüflinge in der Steiermark umfangreiche technische Ausrüstung verwendet, um durch die theoretische Führerscheinprüfung zu kommen – einige waren von den Prüfern erwischt worden. Die Aspiranten für den rosa Schein hatten Empfangs- und Sendeeinrichtung an Körper und Kleidung, Minikameras zur Übertragung und auch Mobiltelefone in Verwendung – so ließen sie sich von Komplizen außerhalb des Prüfungsraumes Antworten auf Prüfungsfragen einsagen – mehr dazu in Anzeigen nach Führerscheinschummeleien (22.3.2023).

Urkundenfälschung „passt nicht“

Nach polizeilichen Ermittlungen hatte es Anzeigen gesetzt und schließlich Gerichtsprozesse – einige Prüflinge waren zu Geldstrafen zwischen 800 und mehr als 2.600 Euro verdonnert worden. Jedoch: Die Generalprokuratur regte die Überprüfung der teils schon rechtskräftigen Urteile an, der OGH kam nun zu dem Schluss: Der angeklagte Paragraf – Urkundenfälschung – passte „im weitesten Sinne nicht zum Tatbestand“, so unerfreulich das Verhalten der Angeklagten auch gewesen sei.

„Kann keiner strafbaren Handlung subsumiert werden“

Der OGH beließ es aber nicht dabei: „Das konstatierte Verhalten kann auch keiner anderen strafbaren Handlung subsumiert werden.“ Detailliert legte das Höchstgericht ebenso dar, weshalb auch der Tatbestand der Fälschung eines Beweismittels (§ 293 StGB) nicht in Betracht kommt: „Falsch im Sinne dieser Norm ist ein Beweismittel, wenn es bei seinem Gebrauch geeignet ist, die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen in eine andere Richtung zu lenken, als sich sonst die Situation darstellt. Eine ‚schriftliche Lüge‘ ist aber nur dann tatbildlich, wenn ihr ein über die bloße Behauptung des Vorliegens der dem jeweiligen Verfahren zugrunde liegenden Anspruchsvoraussetzungen oder das bloße Vorbringen des eigenen Verfahrensstandpunkts hinausgehender Beweiswert zukommt.“

Die Entscheidung hat erhebliche Folgen, wie das Höchstgericht deutlich macht: „Vom aufgehobenen Urteil rechtslogisch abhängige Entscheidungen und Verfügungen gelten gleichermaßen als beseitigt.“ Das heißt, sämtliche strafrechtlichen Verurteilungen im Zusammenhang mit Schummeleien beim theoretischen Teil von Führerscheinprüfungen sind mit Nichtigkeit behaftet und aufzuheben.

Laut einem Sprecher des OGH seien Geldstrafen bereits zurückgezahlt worden, noch anhängige Verfahren bei den Staatsanwaltschaften sind einzustellen. Wie in diesem Zusammenhang am Donnerstag zu erfahren war, war etwa bei der Wiener Anklagebehörde mit Ermittlungen gegen mehrere Beschuldigte bis zum Vorliegen des OGH-Urteils zugewartet worden – diese Ermittlungsverfahren sind nun vom Tisch.

Trotzdem nicht folgenlos

Folgenlos bleiben die Schwindeleien bei Führerscheinprüfungen aber nicht – sie können nach dem Verwaltungsstrafrecht geahndet werden. Im Führerscheingesetz (FSG) sind entsprechende Strafen vorgesehen, außerdem wird ein Prüfling, der beim Schummeln auffliegt, für neun Monate bis zum nächsten Antritt gesperrt.