Schauspielhaus Graz
ORF.at/Christian Öser
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Kultur

Grazer Schauspielhaus startet in neue Saison

Das Schauspielhaus Graz startet am Freitag mit neuer Intendanz und insgesamt 20 Produktionen in die neue Saison. 350 Veranstaltungen stehen auf dem Spielplan, sieben Premieren werden auf die Bühne gebracht.

Mit der Premiere des bürgerlichen Trauerspiels „Von einem Frauenzimmer“ beginnt an diesem Wochenende die Ära der neuen Intendantin Andrea Vilter. Das Stück von Autorin Christiane Karoline Schlegel (1739–1833), einer Zeitgenossin Johann Wolfgang von Goethes und Ephraim Lessings, erlebt seine Uraufführung – 245 Jahre nach seiner Entstehung.

Weiblicher Blick auf den Täter

Es ist die Geschichte einer Dreiecksbeziehung, die mit einem Frauenmord endet, geschrieben im Kontext ihrer Zeit. Das Stück erzählt auch viel von seiner Entstehungszeit und dem weiblichen Blick auf den Täter, verriet Intendantin Andrea Vilter: „Es ist wirklich ein sehr gnadenloser Blick, und das finde ich ganz neu und sehr aktuell, weil das natürlich an die aktuelle Situation anschließt, das ist ein riesiges gesellschaftliches Problem, der Femizid.“

Bühne
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„Von einem Frauenzimmer“ ist die erste Premiere in der neuen Saison

Die Intendantin wirkt gleichzeitig als Dramaturgin für dieses Eröffnungsstück – und darin hat Vilter reichlich Erfahrung, war sie doch jahrelang am Staatstheater Wiesbaden als Chefdramaturgin in der Praxis und später dann als Dramaturgieprofessorin in Berlin in der Theorie damit beschäftigt. Ihre erste Intendanz sieht Vilter als Herausforderung mit klarer Haltung: „Das Spektrum möglichst weit aufzumachen, weil ich es wirklich etwas Besonderes finde in der deutschsprachigen Theaterlandschaft, dass es wirklich so viele Ansätze gibt.“

Österreichische Erstaufführung von Jelinek

Dabei verfolgt Vilter zwei Linien: neue Stücke auf die Bühnen bringen und eine besondere Hinwendung zur Literatur. Die österreichische Erstaufführung von Elfriede Jelineks „Sonne/Luft" am 13. Oktober in Kooperation mit dem Festival steirischer herbst setzt da eine Markierung. Jelinek begeistert Vilter schon seit Jugendtagen: „Die Sprache ist so interessant, und gleichzeitig ist es immer hochpolitisch.“

Das Eröffnungswochenende am Grazer Schauspielhaus umfasst auch die Miniserie „Meta-Morphosen" nach Ovid und öffnet einen neuen Experimentalraum speziell für digitale Theaterformen, „Konsole" genannt, die vom Künstlerduo F. Wiesel in den nächsten zwei Jahren als Artists in Residence bespielt wird. Das Publikum einladen, sich einzulassen auf Neues steht für Vilter ganz oben auf der Prioritätenliste: „Ich finde schon, dass man ein Risiko eingehen muss. Ich bin tatsächlich relativ kompromisslos, das kann ich aber in dieser Stadt auch sein, weil das Grazer Publikum ist ungewöhnlich offen und experimentierfreundlich, glaube ich.“

Frau vor Schriftzug
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Andrea Vilter startet in ihre erste Saison in Graz.

Sieben Premieren auf drei Bühnen gleich in den ersten drei Monaten sind für das 145-köpfige Team und die 22 Ensemblemitglieder des Grazer Schauspielhauses eine immense Herausforderung. Bei einem Gesamtbudget von 15 Millionen Euro sind 20 Produktionen und 350 Veranstaltungen auf dem Spielplan dieser Saison.