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Österreichisches Rotes Kreuz
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Gesundheit

Viel Aufholbedarf bei Wiederbelebung

Mindestens 100 Mal pro Minute schnell und kräftig in die Mitte des Brustkorbs drücken – das kann im Falle eines Herzstillstands Leben retten. Die Steiermark hat laut Experten aber noch viel Aufholbedarf in Sachen Wiederbelebung.

Geschätzt jeder Zehnte in Österreich erleidet im Laufe seines Lebens einen unerwarteten Herzstillstand. Dabei findet im Körper des Betroffenen kein Blutfluss mehr statt, die Überlebenswahrscheinlichkeit ohne Wiederbelebung sinke pro Minute um etwa zehn Prozent, erklärt der Grazer Notfallmediziner Simon Orlob: Nach drei Minuten ohne Reanimation können bereits bleibende Hirnschäden auftreten, doch professionelle Hilfe trifft im Durchschnitt erst nach acht bis zehn Minuten ein.

„Drück mich“

Wie Wiederbelebung geht, kann man am 14. Oktober bei der Aktion „Drück mich“ auf Grazer Plätzen üben.

„Nur Nichtstun ist falsch“

In den meisten Fällen ereignet sich der Herzstillstand in Anwesenheit anderer Personen – im Familienkreis, am Arbeitsplatz, auf offener Straße oder beim Sport. Auf rasche Hilfe darf aber dennoch eher nicht gehofft werden, denn nur die Hälfte all dieser Menschen ist auch wirklich geschult und im Stande, dann auch zu helfen, so Orlob: „Aus Ungewissheit oder Angst, etwas falsch zu machen, beginnen noch immer nur wenige Anwesende mit der Wiederbelebung“, berichtet der Mediziner an der Klinischen Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin in Graz.

Bereits vor zehn Jahren startete er mit der Arbeitsgemeinschaft für Notfallmedizin (AGN) in Graz gemeinsam mit anderen Medizinern und Studierenden die Initiative „Drück mich“, um die Allgemeinbevölkerung dazu zu bewegen, die eigenen Hände einzusetzen. „In so einer Situation kann man nichts falsch machen – nur Nichtstun ist falsch“, möchte der Notfallmediziner die Schwellenangst nehmen.

„Rufen, Drücken, Schocken“

Das konkrete Wissen, wie man reagiert, wenn jemand reglos und ohne Atmung am Boden liegt, kann man in wenigen Sätzen zusammenfassen: „Rufen, Drücken, Schocken“, betont Orlob. Durch Rufen des Notrufs 144, das kräftige und schnelle Drücken in die Mitte des Brustkorbs und die Nutzung von öffentlichen Defibrillatoren in der Nähe leisten Ersthelfer den überlebenswichtigen Beitrag.

Wiederbelebung soll auf den Stundenplan

Die Grazer AGN fordert von der Politik schnellere und klarere Schritte für eine bessere Versorgung von Herzstillstands-Patientinnen und -Patienten vor dem Eintreffen der Rettung: So empfiehlt das Europäische Parlament bereits seit 2012 umfassende Projekte hinsichtlich Wiederbelebung, Defibrillatoren und Aufklärungsarbeit, die WHO unterstützt seit 2015 die Idee eines verpflichtenden Wiederbelebungs-Unterrichts in den Schulen. „Ein kurzes Streifen der Wiederbelebungs-Thematik im Führerscheinkurs reicht dazu definitiv nicht aus“, betonte Orlob.

Wiederbelebung für Kinder
APA/ARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR NOTFALLMEDIZIN

Österreichweit gebe es zwar Einzelprojekte von Gemeinde, Vereinen und auch Schulen, die über das richtige Verhalten aufklären – um eine „Kultur des Helfens“ zu etablieren, fordert die AGN jedoch einen verpflichtenden Reanimationsunterricht für Schüler. Weiters wünscht man sich bundesweite Defibrillatoren auf Streifenwagen der Polizei – wie es in der Steiermark, in Wien und dem Burgenland bereits in Umsetzung ist; auch eine App, die freiwillige Ersthelfer in der Nähe alarmiert, die mit der Wiederbelebung starten, bis die Rettung kommt, hält Orlob für sinnvoll.