Andreas Babler (SPÖ)
APA/ERWIN SCHERIAU
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POLITIK

Babler: „Wir sind wieder da“

Andreas Babler ist am Samstag beim SPÖ-Bundesparteitag in Graz mit 88,76 Prozent der Delegiertenstimmen als Vorsitzender der SPÖ wiedergewählt worden. Davor gab er sich kämpferisch – in seiner Rede wollte er die SPÖ als einzige Alternative zu einem Kanzler Herbert Kickl (FPÖ) positionieren.

Eine Stunde dauerte Bablers Bewerbungsrede vor knapp 600 Delegierten und 400 Gästen, der alte und neue Vorsitzende sprach in dem ihm eigenen Stil, schnell, laut und ohne Scheu vor Pathos – mehr dazu in „SPÖ einzige Kraft, die Kickl verhindern kann“ (news.ORF.at).

„Wir haben die Themenführerschaft geschafft“

Seine bisherige Bilanz nach „fünf außergewöhnlichen Monaten“ mit 16.000 neuen Mitgliedern war erwartungsgemäß positiv: „Wir haben die Themenführerschaft geschafft.“ Denn man sei nun eine Sozialdemokratie, die wieder klare Kante zeige, die eine klare Sprache spreche und die sich vor nichts und niemandem fürchte.

Dennoch ist auch in Bablers Einschätzung nicht alles perfekt: „Wir werden Breite gewinnen müssen“, gab er seinen Genossen mit, wiewohl die Inhalte seiner Rede dann doch deutlich links angesiedelt waren. Für den Parteichef ist unabhängig davon die nächste Wahl zu gewinnen: „Wir drehen das Match.“ Die SPÖ sei die einzige Kraft, die einen Bundeskanzler Herbert Kickl (FPÖ) und die „schwarz-blauen Abrissbirnen“ verhindern könne. Es werde sich um eine Richtungsentscheidung zwischen „menschenfreundlich“ und „menschenfeindlich“ handeln.

Zwölf Leitanträge beschlossen

Inhaltlich hakte Babler im Schnelldurchlauf jene zwölf Leitanträge ab, die später von den Delegierten beschlossen werden: Eine Job-Garantie für Arbeitslose gehört ebenso dazu wie eine Wiedereinführung der abschlagsfreien Hacklerregelung oder eine Garantie für kürzere Wartezeiten bei Fachärzten.

Arbeitszeitverkürzung ohne Stimmen aus Burgenland

Die lange propagierte Arbeitszeitverkürzung liegt dem Parteitag nur als Pilotversuch in Antragsform vor – für Babler kein Hinweis, dass man davon abgehe: „Wir werden konkret beweisen, was eine Arbeitszeitverkürzung bringt.“ Nicht alle goutierten die Initiative: Ein Vertreter des niederösterreichischen Gemeindeverbands meinte, er müsste bei Umsetzung einen Mitarbeiter abbauen, die burgenländische Delegation enthielt sich geschlossen – Priorität müsse ein höher Mindestlohn haben.

„Partei und Gewerkschaft – ein Guss“

Ausdauernd schoss sich Babler auf die „Ellenbogenpolitik“ der ÖVP ein, verdammte Konzerne, Rene Benko, Experten- und Kommentatoren-Meinungen, die seine Politik ablehnten. Bei den Lohn-Verhandlungen, aber nicht nur dort, stellte sich der SPÖ-Chef an die Seite der Gewerkschafter: „Partei und Gewerkschaft, Gewerkschaft und Partei – ein Guss.“

Rede SPÖ-Bundesparteivorsitzender Andreas Babler

Sendungshinweis: ZIB 1, 11. November, 19.30 Uhr

Bei parteiintern heikleren Themen versuchte Babler einen Spagat: In der Klimapolitik sprach er zwar für einen großen Systemwandel, andererseits forderte er, nicht auf Dieselfahrer oder jene, die einmal im Jahr auf Urlaub fliegen, mit dem Finger zu zeigen.

Hamas-Terrorattacke verurteilt

In der Sicherheits- und Zuwanderungspolitik konzentrierte er sich darauf, der Regierung Versagen vorzuwerfen, unterstrich das Recht auf Asyl, betonte aber auch, keine Leute in Österreich haben zu wollen, die nach Scharia und Kalifat schreien. Deutlich verdammte Babler die Hamas-Terrorattacke auf Israel, unterstrich dessen Recht auf Selbstverteidigung und betonte, dass die Bekämpfung von Antisemitismus in der DNA der SPÖ liege. Der Parlamentsklub brachte dazu einen eigenen Initiativantrag ein, der Solidarität mit Israel betonte, gleichzeitig aber auch die Versorgung der Menschen in Gaza forderte und sich für eine Zwei-Staaten-Lösung einsetzte.

„Was sind wir für eine coole Partei!“

Bei der Abstimmung erhielt Babler schließlich 88,76 Prozent der Delegiertenstimmen. Zum Vergleich: Pamela Rendi-Wagner hatte bei ihrem letzten Antritt vor zwei Jahren nur gut 75 Prozent überzeugt. Von 591 anwesenden Delegierten haben 587 ihre Stimme abgegeben, das entspricht einer Wahlbeteiligung von 99,3 Prozent – mehr dazu in 88,76 Prozent für Babler als Parteichef (news.ORF.at).

„Was für ein geiles Ergebnis. Was sind wir für eine coole Partei“, bejubelte Babler im Anschluss mit tränenerstickter Stimme das Resultat. Es gehe nicht um die Partei oder um ihn sondern um mehr Gerechtigkeit: „Wir werden das Land positiv verändern. Anpfiff!“

Ministeriale Unterstützung bei der Auszählung

Vorsicht geboten war bei der SPÖ nach dem Auszählungsdesaster beim Duell zwischen Babler und Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) im Juni. Vor Beginn des Wahlvorgangs erläuterte der neue Vorsitzende der Wahlkommission, Mirza Buljubasic, detailliert, mit welchen Vorkehrungen man diesmal ein Chaos in der Stimmauszählung wie beim letzten Mal verhindern will, als zunächst fälschlicherweise Doskozil als neuer Parteivorsitzender ausgerufen worden war. Als Unterstützung hat man sich am Samstag auch Robert Stein geholt, der jahrzehntelange Erfahrung in der Wahlabteilung des Innenministeriums mitbringt.

Entschuldungsprozess gebremst

Dass nun schon wieder alle Delegierten zusammengetrommelt wurden, ist nicht billig: Finanzreferent Christoph Matznetter musste kundtun, dass Mitgliederbefragung und zwei Parteitage den Entschuldungsprozess der Partei etwas gebremst haben, seien doch hier Mittel verwendet worden, die eigentlich für die Wahlkämpfe 2024 reserviert waren. Matznetter geht aber davon aus, dass die Entschuldung 2026 und damit ein Jahr später als geplant abgeschlossen sein wird.

Aufwärmrunde am Freitag

Erstes Stimmungsbarometer für den Parteitag und Andreas Babler war schon am Freitag die Bundeskonferenz der SPÖ-Frauen, bei der Eva-Maria Holzleitner ihm eine Vorlage lieferte.

Landesrätin Doris Kampus (SPÖ) begrüßte als Grazer Stadtparteichefin und signalisierte Rückhalt: „Die SPÖ muss auch auf Bundesebene wieder in die Regierung. Österreich braucht eine starke SPÖ, und dafür werden wir Seite an Seite mit euch kämpfen. Wir werden geschlossen sein“, so Kampus.

„Kräftiges Wochenende“

In seiner Rede am Freitag sprach Babler über die Wichtigkeit, politisch etwas gegen Gewalt an Frauen zu tun und für eine gerechte Entlohnung der Frauen. „Ich führe Seite an Seite diesen Kampf, ich wünsche uns allen ein kräftiges Wochenende insgesamt in der Sozialdemokratie, dass wir endlich wieder ein Stück positive Visionen und Fortschritte in der gesellschaftlichen Ordnung in Österreich herbeiführen können“, so Babler.

97,4 Prozent für Holzleitner

Holzleitner lieferte Babler eine ordentliche Vorlage: Bei ihrer Wiederwahl als Frauenvorsitzende erhielt die oberösterreichische Nationalratsabgeordnete 97,4 Prozent der Delegiertenstimmen. Sämtliche Mitglieder des Frauenvorstands erzielten Ergebnisse über 90 Prozent.

Andreas Babler und Eva-Maria Holzleitner bei der Bundeskonferenz der SPÖ-Frauen
ORF

Babler gratulierte zur „eindrucksvollen“ Wiederwahl, die Ergebnis ihrer bisherigen Arbeit sei. Bei ihrer ersten Wahl vor 2,5 Jahren hatte sich Holzleitner noch Gegenkandidatinnen stellen müssen und war letztlich im Duell mit Mireille Ngosso mit 55,2 Prozent siegreich gewesen. Die Frauenvorsitzende soll am Samstag beim Parteitag auch zu einer der Stellvertreterinnen Bablers gewählt werden.

Politikwissenschaftlerin: Druck groß

Der Druck auf die Partei sei jedenfalls groß, sagte Politikwissenschafterin Katrin Praprotnik. Geschlossenheit am Parteitag zu zeigen sei angesichts der bevorstehenden Wahlen oberstes Prinzip: „Man möchte mit diesem ordentlichen Parteitag die Patzer aus der Vergangenheit bei der Vorsitzendenwahl Bablers aus dem Weg räumen und sozusagen ein deutliches Signal nach außen senden, dass die Partei geeint dasteht und bereit ist für das Wahljahr 2024.“

Bablers Vorgängerin Pamela Rendi-Wagner erhielt am Parteitag 2021 lediglich 75,3 Prozent der Delegiertenstimmen. Die Latte für Babler liege aber deutlich höher, so Praprodnik: „Wenn wir jetzt nur an die Person Babler denken, so ist der Druck groß, hier ein respektables Ergebnis einzufahren. Die Schwierigkeit, die dazu kommt, ist, dass seine politischen Mitbewerber ÖVP und FPÖ ihren Vorsitzenden mit sehr hohen Werten, sprich 88 bis 100 Prozent, gewählt haben, und deshalb liegt die Latte für Babler hoch, hier ein ähnlich gutes Ergebnis einzufahren.“