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Wirtschaft

Metallbetriebe treten nach und nach in Streik

Zum sechsten Mal ist am Montag bis spät in die Nacht um einen neuen Kollektivvertrag für die Metallindustrie verhandelt worden. Nachdem auch diese Verhandlung gescheitert ist, wird bis einschließlich Freitag wieder gestreikt, zunächst in den metalltechnischen Betrieben, doch weitere könnten hinzukommen.

Elf Stunden lang wurde verhandelt, ohne sich wirklich angenähert zu haben: Das Angebot für Lohn- und Gehaltserhöhungen sei mit im Schnitt sechs Prozent weiter deutlich zu gering, erklärten die Gewerkschaften Montagabend, die nach wie vor eine Lohn- und Gehaltserhöhung von 11,6 Prozent fordern.

„Es gibt nach einem Verhandlungsmarathon von sieben Wochen noch immer keine Bereitschaft der Arbeitgeber, ein faires Angebot für nachhaltige Lohn- und Gehaltserhöhungen auf den Tisch zu legen“, so die beiden Chefverhandler der Arbeitnehmer, Reinhold Binder (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA) – mehr dazu auch in Keine Einigung, Streiks angekündigt (news.ORF.at; 13.11.2023).

Angebot der Arbeitgeber „beschämend“

Hubert Holzapfel, der steirische Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft PRO-GE bewertet auch das jüngste Angebot der Arbeitgeber als völlig inakzeptabel: „Es ist das Angebot von 2,5 auf 2,7 erhöht worden und der Sockelbetrag von 200 Euro auf 230 Euro. Im Gesamtdurchschnitt gesehen ist das eine Steigerung von fünf auf sechs Prozent, also um ein Prozent und das
ist beschämend.“ Dass Beschäftigungsgruppen im unteren Bereich laut Arbeitgeber so mit bis zu 12 Prozent bedient würden, kann Holzapfel nicht nachvollziehen: „Also diese Mathematik, die muss mir der Herr Knill (Chefverhandler Christian Knill; Anm.) oder irgendein Verhandlungsleiter vorrechnen. Also wenn man sagt, mit einer Einmalzahlung, die verpufft, würden auf Lebzeiten diese Prozentsätze sich ergeben, dann weiß ich nicht, wie.“

Eintägige Streiks in rund 40 steirischen Betrieben

Nun soll es bis 17. November in rund 200 metalltechnischen Betrieben zu eintägigen Streiks kommen, auch in der Steiermark, so Holzapfel: „Wir werden heute (Dienstag; Anm.) in diesen Acht-Stunden-Streik eintreten bis Freitag, in allen 40 Betrieben in der metalltechnischen Industrie.“ In den folgenden Tagen könnten aber noch weitere Betriebe dazu kommen: „Sollte heute in der Fahrzeugindustrie und in der Gießerei-Industrie ebenfalls nicht zustande kommen, da kommen diese Betriebe ab morgen dazu. Und wenn morgen Vormittag bei Bergbau/Stahl auch das gleiche passiert, dann kommen diese Betriebe auch noch bis Freitag dazu. Dann werden wir wieder in allen Metallbetrieben einen achtstündigen befristeten Streik durchführen.“

Streik Alko Metaller
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Bereits am Dienstag gestreikt wurde unter anderem bei Al-ko in der Obersteiermark. Die meisten Streiks starten in der Steiermark aber erst am Mittwoch.

Arbeitgeber: Vorgehen „verantwortungslos“

Die Vertreter der Metalltechnische Industrie wiederum bezeichneten die Vorgangsweise der Gewerkschaften als „verantwortungslos und unverhältnismäßig“. Die Arbeitgeber hätten zuletzt durchschnittlich 8,2 Prozent mehr Lohn und Gehalt angeboten, bestehend aus nachhaltigen, sozial gestaffelten Lohn- und Gehaltserhöhungen von durchschnittlich sechs Prozent (2,7 Prozent plus 130 Euro monatlicher Fixbetrag als nachhaltige Lohn-bzw. Gehaltserhöhung) sowie eine steuerbefreite Einmalzahlung von netto 1.200 Euro.

Christian Knill, Chefverhandler der Arbeitgeber, spricht von einer „Blockadepolitik der Gewerkschaft“: "Sie beharren weiter auf ihrer Forderung und bewegen sich keinen Millimeter“. Mehr sei aber nicht machbar, so Knill: „Mehr kann man unseren Betrieben nicht mehr zumuten, wir haben versucht, das Meistmögliche herauszuholen. Wenn das noch immer nicht reicht, müssen wir die für uns unverständlichen Streiks eben aushalten.“ Mit den Streiks steige laut Knill jedoch das Risiko, dass Arbeitsplätze verloren gehen.

Österreich kein typisches Streikland

Die angehenden Streiks sind übrigens die ersten Streiks seit 2018 und die ersten ganztägigen seit 2011. Dass diese Gangart in Österreich zur Regel wird, glaubt Gert Peter Reissner aber nicht – er leitet das Institut für Arbeits- und Sozialrecht an der Uni Graz und bezeichnet Österreich nicht unbedingt als typisches Streikland, auch wenn sich die Gesprächskultur geändert habe: „Allgemeinpolitisch wird nicht mehr so viel auf Konsens Wert gelegt, sondern Konflikte werden deutlicher ausgetragen, als es in Österreich bisher der Fall war.“

Das wirke sich zwar auf die Sozialpartnerschaft und in gewisser Weise auch auf das Arbeitsleben aus, im Prinzip aber funktioniere das System der Kollektivvertragspolitik, so der Experte: „Kollektivverträge gelten in Österreich für 95 und 98 Prozent der unselbstständig Beschäftigten. Diese Zahlen gibt es sonst nur in Skandinavien oder in Italien, sonst fast nirgends.“ Das heurige Jahr sieht der Arbeitsrechtler als besonders an, denn es könnte sein, das auch andere Branchen vom Streik und Widerstand der Metaller ermutigt werden: „Das würde ich nicht ausschließen, am ehesten in der Industrie, unter Umständen auch im Handel.“