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APA/dpa-Zentralbild/Jens BŸttner
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Gesundheit

Unterschiedliche Reaktionen auf Gesundheitsreform

Nach monatelangen Verhandlungen von Bund, Ländern und Sozialversicherung sowie heftigen Auseinandersetzungen mit der Ärztekammer hat die Bundesregierung die Eckpunkte der Gesundheitsreform vorgestellt. In der Steiermark fallen die Reaktionen unterschiedlich aus.

Am Mittwoch hat der Ministerrat die geplante Gesundheitsreform abgesegnet. Seit Monaten wurde über Maßnahmen und Kompetenzen verhandelt. Die Regierung lobte sich für die Reform, die Ärztekammer, die auf die Barrikaden gestiegen war, sah ein „brauchbares“ Ergebnis. Kritik kam von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) und von der Opposition. Nach Ansicht von Gesundheitsexperte Thomas Czypionka ist die Reform ein „mittlerer“ Wurf – mehr dazu in Gesundheitsreform mit Kompromissen und in „Mittlerer“ statt großer Wurf (beide news.ORF.at).

„Die Bevölkerung wird die Reform kaum spüren“

Die angekündigte „größte Strukturreform der vergangenen Jahrzehnte“ sei es „leider nicht geworden“, sagt wiederum der Grazer Arzt und Gesundheitswissenschaftler Martin Sprenger im ORF Radio Steiermark Interview.

„Ich glaube, für die Menschen draußen wird sich ganz, ganz wenig ändern, die werden die Dinge, die da durchgegangen sind, nicht wirklich mitbekommen oder spüren“, sagt Sprenger. Neben hunderten neuen Kassenstellen sieht die Gesundheitsreform unter anderem auch eine Verdreifachung der Primärversorgungszentren vor. Sprenger ist generell skeptisch: „Wenn man bedenkt, dass wir 1960 um 100 allgemeinmedizinische Kassenstellen oder Hausärzte mehr hatten, als wir heute haben, dann relativieren sich diese 100 zusätzlichen Stellen.“

Dennoch habe sich in den vergangenen Jahren einiges in die richtige Richtung bewegt, versucht Sprenger auch positive Aspekte zu finden: „Vor allem mit den Primärversorgungseinheiten, also diese Gesundheitszentren mit multiprofessionellen Teams, ist eine Entwicklung, die langsam voranschreitet. Die Frage ist nur, ob wir schnell genug damit sind. Der demografische Wandel steht vor der Tür, und auch der Generationenwechsel in den Gesundheits- und Sozialberufen findet ja auch statt“, sagt Sprenger.

„Sehr gut“ für Minister, „Genügend“ für Ergebnis

Abwartend gibt sich Sprenger, was den Konflikt mit der Ärztekammer betrifft – hier müssen man abwarten, sagt der Experte: „Geplant war ja eine wirkliche Entmachtung der Ärztekammer, so hätten sie etwa bei den Gesamtverträgen und anderen Dingen einfach nichts mehr mitzureden gehabt, das ist nicht gekommen.“

Auch die sogenannte „Wirkstoffverschreibung“ sieht die neue Gesundheitsreform nicht vor, sie kommt also nicht – das hätte vor allem den Apotheken etwas gebracht, sagt Sprenger, „weil sie weniger Medikamente auf Lager halten müssten, also die Lagerkosten hätten sich deutlich reduziert, dafür hätte sich wahrscheinlich das Marketing der Pharmafirmen von den Ärzten weg hin zu den Apotheken bewegt.“

Auf die Frage, wie er die Gesundheitsreform nach Schulnoten bewerten würde, sagt der Grazer Experte: „Ich würde Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne, Anm.) auf jeden Fall ein Sehr gut geben, weil er sich wirklich sehr, sehr bemüht hat. Dem Ergebnis würde ich ein Genügend geben.“

Patientenanwältin: „Große Reform“

Anders sieht Michaela Wlattnig, steirische Patientenanwältin und Vorsitzende der österreichischen Patienten- und Pflegeanwälte, die Gesundheitsreform: „Vor allem im Vergleich der letzten 20 Jahre ist es eine große Reform. Wesentlich an der Reform ist es meiner Meinung nach, dass es durch die Möglichkeit der Flexibilisierung der Versorgung in Zukunft einfach möglich sein wird, die Versorgung nicht nur zu sichern, sondern zukunftsfit zu machen.“

Und weiter: „Es geht wirklich um eine Versorgung auf allen Ebenen, vorwiegend im niedergelassenen Bereich, wohnortnah und auch durch die Ermöglichung von vermehrten Primärversorgungszentren“, sagt Wlattnig.