Landesgericht Graz
ORF.at/Roland Winkler
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Gericht

Frau stach auf Partner ein: Kein versuchter Mord

Eine 49-Jährige ist am Donnerstag wegen versuchten Mordes an ihrem Ex-Partner in Graz vor Gericht gestanden. Verurteilt wurde sie zu zwei Monaten unbedingter Haft wegen fahrlässiger Körperverletzung. Die Geschworenen glaubten der Frau, dass sie sich nur gewehrt habe.

Es war im Zuge eines Streits, als die Angeklagte ihren damaligen Partner durch einen Messerstich in die Brust schwer verletzte. Aus ihrer Sicht war es Notwehr, die Staatsanwaltschaft klagte versuchten Mord an. Am Donnerstag musste sie sich im Straflandesgericht vor einem Geschworenensenat verantworten.

Nach Urteil aus Haft entlassen

Dieser entschied am Donnerstagabend, dass es schwere Körperverletzung aus Notwehr mit fahrlässiger Notwehrüberschreitung war. Die Frau wurde zu zwei Monaten unbedingter Haft verurteilt und sofort enthaftet, da sie die Strafe durch die Untersuchungshaft bereits verbüßt hatte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Immer wieder Handgreiflichkeiten

Die Ungarin und ihr Lebensgefährte waren beide „dem Alkohol nicht abgeneigt", so der Staatsanwalt. Handgreiflichkeiten waren auch keine Seltenheit: „Es handelte sich um eine Gewaltbeziehung", meinte der Ankläger. An diesem Tag im April hatten beide schon viel getrunken, dann ging der Mann Zigaretten holen. Als er erst fünf Stunden später nach Hause kam, fragte sie ihn erbost, wo er gewesen sei. Der Streit soll daraufhin eskaliert sein und die Frau bekam nach eigenen Angaben große Angst vor ihrem Lebensgefährten. Sie ergriff ein Messer und wollte sich angeblich nur schützen, doch tatsächlich erlitt das Opfer einen Stich von oben in den Brustkorb.

Angeklagte: „Hat sich selbst ins Messer gezogen“

„Ich habe das Messer in der Hand gehalten, er ist mir entgegengekommen und wollte mir das Messer aus der Hand drehen und hat sich selbst mit der Schulter ins Messer gezogen", lautete ihre Version, die laut Gerichtsmediziner nicht möglich ist. „Warum haben Sie dann nicht die Polizei oder die Rettung angerufen, sondern ihre Freundin?", fragte der Richter die Angeklagte. Zur Freundin soll sie gesagt haben, sie habe ihren Freund „angestochen". Die andere Frau hörte am Telefon den verletzten Mann schreien. „Wir haben ein Bild, das von vorne bis hinten Ihren Angaben widerspricht", so der Staatsanwalt.

Der Verteidiger argumentierte, es fehle in der Anklage das Motiv für einen versuchten Mord. Auch er sprach von einer Gewaltbeziehung, aus der sich die Frau befreien wollte: „Vielleicht hat es ihr einfach gereicht, gewürgt und geschlagen zu werden." Er räumte allerdings auch ein: „Die Gewalt war ganz sicher nicht einseitig." Die Frau blieb dabei, dass sie das Messer nur in der Hand gehalten habe, weil sie große Angst vor ihrem Lebensgefährten gehabt habe. Einige Tage zuvor hatte er ihren Kopf gegen eine Glasplatte geschlagen, sodass diese zerbrochen sei. „Er hat unser Geld verspielt und mich immer geschlagen", erzählte sie unter Tränen.

Ex-Partner: „Bin noch immer in sie verliebt“

Der Ex-Partner erzählte, es sei einige Monate sehr schön gewesen mit der Ungarin. „Ich war sehr in sie verliebt und das bin ich noch immer“, beteuerte er. „Hat es vor dieser Tat schon Handgreiflichkeiten gegeben?“, wollte der Richter wissen. „So zwei bis drei Mal in der Woche gab es größere Streitereien zwischen uns.“ Beide hätten getrunken, und seine Partnerin sei auch aggressiv geworden und habe ihn mehrmals gebissen, „aber nie schlimm“.

Es sei immer wieder zum Streit gekommen, weil die Angeklagte ihm unterstellt habe, sich mit einer anderen Frau zu treffen. „Aber das stimmt nicht“, betonte der Mann. Am Tag der Tat sei er betrunken nach Hause gekommen, es begann wieder ein Streit „und sie hat das Messer schon in der Hand gehabt“, schilderte der Zeuge. „Sie hat mich verletzt, aber nicht sehr viel“, setzte er hinzu. Er rief um Hilfe, eine Nachbarin verständigte die Polizei. Die Wunde konnte mit einem Stich genäht werden. Schmerzengeld von seiner Ex-Partnerin wolle er keines, so der Ex-Freund.

Hilfe im Krisenfall

Österreichweit und in den Bundesländern gibt es Anlaufstellen, die Rat und Unterstützung im Krisenfall anbieten.

  • Frauenhelpline: 0800 222555
  • Frauenhäuser: 0316 429900
  • Polizei: 133

Weiters:

  • Telefonseelsorge: Tel. 142 (ohne Vorwahl)
  • Rat auf Draht: Tel. 147 (ohne Vorwahl)
  • PsyNot: 0800 44 99 33
  • Männernotruf: 0800 246 247
  • Männerinfo – Krisenberatung: 0800/400 777

Darüber hinaus gibt es für Menschen in seelischen Ausnahmezuständen Anlaufstellen, die rasch und unkompliziert Hilfe anbieten, sowie zahlreiche Hilfsangebote für von Gewalt betroffene Frauen, aber auch für Männer, die Rat brauchen.