Nachtaufnahme von Europa aus dem Weltall
APA/dpa/NASA
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WISSENSCHAFT

TU-Satellit für kritische Infrastruktur

Die Stabilität von Staumauern und Brücken sowie kritischer Infrastruktur könnte in Zukunft mit einem neuen Messsystem der TU Graz überwacht werden. Einem Forschungsteam gelang es, mit Navigationssatelliten aus rund 20.000 Kilometern Entfernung millimetergenaue Veränderungen zu erheben.

Vermessen wurden Veränderungen etwa am DC Tower in Wien oder auch an der Kölnbreinsperre in Kärnten, der höchsten Staumauer Österreichs.

Statisch und dynamisch

Die neue Methode ermöglicht auch die Messung bei schlechter Witterung, wie die TU Graz in einer Aussendung mitteilte. Mit dem neuen Messsystem lässt sich der Zustand von Gebäuden zeitgleich statisch als auch dynamisch überwachen – das bedeutet, die Methode misst mittels Antennen sowohl langsame Verformungen wie etwa Änderungen des Staupegels als auch dynamische Änderungen wie etwa Gebäudeschwingungen bei einem Erdbeben. Bisher wurden für beide Messungen unterschiedliche Methoden genutzt, nun kann die laufende Überwachung auch bei Regen, Schneefall, Nebel oder Sturm gewährleistet werden.

Hohe Genauigkeit „beinahe einzigartig“

„Die hohe Genauigkeit, die wir mit den Messungen im von der FFG (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft, Anm.) geförderten Projekt InfraHealth erzielen konnten, ist beinahe einzigartig“, sagt Projektleiterin Caroline Schönberger vom Institut für Ingenieurgeodäsie und Messsysteme der TU Graz; zusammen mit ihrem Kollegen Werner Lienhart und anderen Forschenden hat sie das System entwickelt.

Das Projekt bereite den Weg zum großräumigen Einsatz von globalen Navigationssatellitensystemen (GNSS) für statisches und dynamisches Monitoring kritischer Infrastruktur und damit zur laufenden und von Umwelteinflüssen unabhängigen Überwachung von Bauwerken.

Lokale Antennen

Zum Einsatz kommen bei diesem neuen Messverfahren lokale Antennen in Kombination mit öffentlich zugänglichen GNSS-Signalen von Galileo-, GPS- und GLONASS-Satelliten. Die Antennen werden dabei an relevanten Messpunkten auf dem Bauwerk angebracht, eine weitere, sogenannte Referenzantenne befindet sich in relativer Nähe auf stabilem Untergrund.

Über die Satelliten bestimmen die Antennen ihre Position, für die dynamische Messung alle 0,05 Sekunden, also mit einer Frequenz von 20 Hertz, wobei sich dafür GPS- und Galileo-Signale zur Bestimmung bewährt haben, da die Antennen damit zuverlässiger ihre Position erfassen können. Anhand dieser aufgezeichneten Rohdaten können die Forschenden die Frequenzantwort des Bauwerks berechnen.

Erdbeben erfasst

Bei der statischen Messung wird für die Auswertung ein festes Intervall verwendet, das auf jeden Fall höher als eine Sekunde ist – es kann auch eine Stunde oder einen Tag betragen. Hier brachte die Kombination aller drei GNSS-Systeme die besten Ergebnisse, zu Galileo und GPS kam auch GLONASS hinzu. Am DC Tower wurden am 9. November so auch die Ausläufer des Erdbebens in Norditalien gemessen: Etwa drei Minuten nach dem Beben wurde ein Ausschlag aufgezeichnet – genau so lange brauchten die Erdbebenwellen, um in Wien anzukommen.

„Die Kombination von statischer und dynamischer Überwachung von Infrastruktur in einem Messsystem ermöglicht es, ein tiefes Verständnis für den aktuellen Gesundheitszustand eines Bauwerks zu bekommen. Gerade bei großen Ingenieurbauten wie Brücken oder Staumauern, die sich dem Ende ihrer geplanten Nutzungsdauer nähern, ist das von großer Bedeutung“, so Lienhart.

Partner der TU Graz im Projekt InfraHealth waren die Verbund Hydro Power GmbH, die Leica Geosystems Austria GmbH, das Disaster Competence Network Austria und die pentamap GmbH.