Gruppenarbeit in neuer Tagesstätte für Beeinträchtigte in St. Daniel im Gailtal
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Soziales

Flexible Pension für Menschen mit Behinderung

Die Steiermark ermöglicht Menschen mit Behinderung, die in Tageswerkstätten arbeiten, in Pension beziehungsweise in Altersteilzeit zu gehen. Die Neuerung wird mit Jänner wirksam. Bei den Trägerorganisationen spricht man von einem „Meilenstein“.

Menschen mit Behinderung hatten bisher keine Wahlfreiheit, ob sie auch in einem höheren Alter noch einer Beschäftigung nachgehen oder kürzertreten wollen: In den betreuten Wohneinheiten gab es untertags schlicht keine Betreuung für sie.

Ab Jänner haben Menschen mit dem höchsten Grad an Behinderung, die über 50 Jahre alt sind, die Möglichkeit einer Altersteilzeit; für Menschen mit einem hohen Grad an Behinderung gilt das ab einem Alter von 60 plus.

8,6 Millionen Euro Budget

Die neue Möglichkeit könnten ab dem neuen Jahr in der Steiermark rund 260 Personen in Anspruch nehmen, freut sich Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ): „Die Menschen mit Behinderung können jetzt auch tagsüber dort bleiben, wo sie wohnen, weil dort auch die entsprechende Betreuung und Unterstützung ist.“

Damit wird auch der Bedarf an Betreuungspersonen in den nächsten Monaten stark ansteigen – 8,6 Millionen Euro sind dafür aus dem Sozialbudget vorgesehen.

„Einfach so leben wie du und ich auch“

In den ersten sechs Monaten hätten die Betroffenen die Möglichkeit, die Altersteilzeit für sich auszuprobieren, erklärt Kampus: „Die Menschen können ganz flexibel entscheiden: Gehe ich tageweise in die Werkstatt zur Arbeit, da sind meine Freunde, meine Kollegen, das sind Sozialkontakte, oder bleibe ich tageweise zu Hause?“ Sie können aber auch zur Vollzeitarbeit zurückkehren, wenn sie das möchten. Ab 65 Jahren gibt es die Möglichkeit einer Altersteilzeit dann nicht mehr, dann gilt jedenfalls die Pension.

Für Kampus ist die neue Regelung ein weiterer Meilenstein in Richtung inklusive Steiermark: „Das heißt für die Menschen mit Behinderung einfach so leben wie du und ich auch.“

Träger: „Weihnachtsgeschenk“

Ähnlich sehen es auch die Trägerorganisationen. 40 Prozent der Personen mit Behinderung, die im Vollzeitbetreuten Wohnen in der Steiermark betreut werden, seien über 50 Jahre alt, so Susanne Maurer-Aldrian, Geschäftsführerin von „LebensGroß“ und bei diesem Thema Sprecherin der Sozialwirtschaft Steiermark für Menschen mit Behinderung – die Themenbereiche Pension bzw. Betreuung von Senioren und Seniorinnen mit Behinderung werden also künftig immer größer werden.

Insofern freue man sich sehr über die Neuerungen: „Ich freue mich ehrlich gesagt total. Das ist das Weihnachtsgeschenk für unsere Organisation oder Organisationen. Wir sind durchwegs alle glücklich, dass das jetzt eine Veränderung genommen hat.“

Betreuung wird als Job attraktiver

Der Bedarf an Betreuungspersonal im Vollzeitbetreuten Wohnen werde künftig deutlich steigen – die durchgehende Betreuungszeit mache den Job aber attraktiver: „Da wir ja jetzt die Situation haben, dass Menschen mit Behinderung im betreuten Wohnen wohnen, die gehen ja in der Früh außer Haus und kommen dann um 16.00 Uhr wieder zurück. Und wir haben viele MitarbeiterInnen, die eben kein Vollzeit-Dienstverhältnis schaffen können oder so was wie geteilte Dienste haben müssten. Und das kann man jetzt bei den Personen, die dann zu Hause bleiben können aufgrund ihres Alters und natürlich auch zu Hause bleiben wollen, gut kompensieren“, so Maurer-Aldrian.

Nicht die letzte Baustelle

Bei aller Freude dürfe man aber nicht vergessen, dass es auch in diesem Bereich noch weitere Baustellen gäbe: „Es gibt ja auch Menschen mit Behinderung, die in Tagesförderstätten arbeiten, die zu Hause wohnen, bei den Eltern oder bei den Geschwistern. Und das ist sicher der nächste Punkt, den man bearbeiten muss. Wie können Menschen, die zu Hause leben, im familiären Umfeld dann begleitet werden?“ Dafür gäbe es derzeit noch keine Lösungen, so Maurer-Aldrian.