Klapperschlange im Haus des Meeres
Haus des Meeres/Günther Hulla
Haus des Meeres/Günther Hulla
Wissenschaft

Was Klapperschlangen zum Rasseln bringt

Eine Klapperschlange rasselt mit einer Frequenz von etwa 100 Hertz. Für die rasche Verarbeitung von solch motorischen Befehlen ist ein bestimmtes Protein zuständig, wie nun Forschende am Institut für Biologie der Universität Graz herausgefunden haben.

Das internationale Forschendenteam habe die Frage, was den Muskeln von Wirbeltieren Tempo macht, mit Hilfe der Klapperschlange gelöst, teilte die Uni Graz am Dienstag mit. Man sei auf diese Tierart aufmerksam geworden, „weil sie sowohl langsam voran kriecht als auch sehr schnelle Bewegungen beim berühmten Rasseln mit ihrem Schwanz ausführt“, wie Maximilian Bothe und der Neurobiologe Boris Chagnaud vom Institut für Biologie der Uni Graz ihre Wahl begründeten.

Die Forschenden untersuchten die betreffenden neuronalen Netzwerke – die zentralen Mustergeneratoren (CPG). Man kann zwischen Interneuronen und Motoneuronen unterscheiden: Erstere spielen eine wichtige Rolle bei der Ausbildung und Beibehaltung des Rhythmus und der Geschwindigkeit der Fortbewegung, die Motoneuronen leiten die neuronalen Signale der Muskelgeneratoren zu den Muskeln weiter.

Schnell und präzise

Klapperschlangen bieten laut den Grazer Forschern ein gutes Modell, um zu untersuchen, wie die Motoneuronen schnelle und präzise Überträger der Muskelgeneratoren geworden sind – bei Klapperschlangen ist es ja zur akustischen Kommunikation wichtig, dass die schnellen Bewegungsrhythmen präzise ausgeführt werden. Diese Schlangen besitzen zwei unterschiedliche CPG in ihrem Rückenmark, die unterschiedlich ausgeprägte Bewegungen erzeugen: einerseits langsame zur Fortbewegung, und andererseits schnelle Muskelkontraktionen, die für das charakteristische Rasseln gebraucht werden.

Optisch sind diese CPG kaum zu unterscheiden. Die Forscher haben erkannt, dass bestimmte physiologische Unterschiede in Nervenzellen die Ansteuerung von Muskeln ganz wesentlich beeinflussen und damit zugleich steuern, wie und wann sich ein Muskel zusammenzieht. Die Zusammensetzung der sogenannten KV7-Ionenkanäle spielt bei diesen Vorgängen eine entscheidende Rolle.

Ionenkanäle sind porenbildende Proteinkomplexe, die in die Zellmembran eingelagert sind und elektrisch geladenen Teilchen (Ionen) das Durchqueren von Biomembranen ermöglichen. Im speziellen Fall sind die KV7-Ionenkanäle in den Motoneuronen des Rückenmarks enthalten und bestimmen das Timing der gewünschten Aktivität.

Bothe und Chagnaud haben ihre jüngsten Erkenntnisse zusammen mit Biologinnen und Biologen der Technischen Universität sowie der Ludwig-Maximilian-Universität in München im Fachjournal Cell Press – Current Biology veröffentlicht. Beteiligt waren auch Forschende der Universität für Veterinärmedizin Hannover und der Michigan State University (USA).

Eigenschaften auch umgekehrt

In einem weiteren Schritt gelang es dem Team, den Einfluss dieser Proteine zu verstärken und so langsame in schnelle Eigenschaften umzukehren. Dass mit der Zufuhr dieser Proteine nun sowohl langsame Wirbeltiere als auch wir Menschen Sprintläufer werden könnten, sei unwahrscheinlich: Die Verarbeitung der Bewegungsabläufe sei „ein komplexes Zusammenspiel vieler Komponenten“, wie Bothe solche Erwartungen zerstreute.