Landwirtschaft

„Vifzack 2024“: Innovative Ideen sind gefragt

Die Landwirtschaftskammer zeichnet innovative Projekte von steirischen Landwirtinnen und Landwirten aus. Im Rahmen von „Vifzack Preis 2024“ stehen sechs Projekte in der finalen Auswahl für den Innovationspreis.

Wenn man auf einen Bauernmarkt, in einem Hofladen oder auch in einem Supermarkt einkauft bemerkt man schnell, den heimischen Landwirtinnen und Landwirten fallen immer wieder neue Produkte und innovative Ideen ein. Dafür werden sie jetzt wieder ausgezeichnet. Projekte und Ideen gibt es viele. Der Gewinner des „Vifzack Preises“ wird dann am 7. März bekannt gegeben. Wir stellen die einzelnen Projekte im Detail vor:

„Die Stalltüren öffnen“

Die steirischen Bäuerinnen und Bauern versuchen mit spanndenden und interessanten Geschichten und Ideen zu punkten. So gibt zum Beispiel Melanie Haas als „Farmfluencerin“ – zusammen mit ihrem Ehemann – auf der sozialen Plattform „Instagram“ Einblicke in das Leben einer Bäuerin. „Unser erstes Posting auf Instagram war im Oktober 2022. Ich war damals Lehrerin und habe gemerkt, die Jugendlichen werden tagtäglich von Social Media beeinflusst. Ich wollte einfach zeigen, was Landwirtschaft kann, dass Landwirtschaft mehr kann, dass Landwirtschaft innovativ und essenziell ist. Die Jugendlichen sind die nächsten Generationen und unsere Konsumentinnen und Konsumenten und das muss man einfach zeigen. Mein Motto ist es, die Stalltüren öffnen um zu zeigen was die Landwirtschaft kann und sie kann extrem viel.“

Tofu in Kürbiskernpanier

Das wollen auch Christoph und Christina Knittelfelder zeigen. Sie haben sich auf steirischen Tofu spezialisiert. Die erste Soja-Ernte war mit 4.000 Kilogramm sehr zufriedenstellend, daraus können wir rund 4.000 Kilogramm Tofu herstellen", so der 33-jährige, der mit seiner Frau Christina in der hauseigenen Edelstahlküche nun ständig an der Perfektionierung des als Superfood titulierten Tofu tüftelt. Ein Tipp vom Bauern selbst: Den Tofu in Kürbiskernpanier herausbacken oder in Kernöl schwenken. Damit es aber überhaupt erst soweit kommt, wird viel Zeit investiert, erklärt Christoph Knittelfelder: „Man muss Soja zuerst einweichen, so wie Käferbohnen, dann wird Soja weich. Dann wird alles zu einer Sojamilch gemahlen, dann wird die Sojamilch gekocht, um die Bitterstoffe auszufiltern und Soja genießbar zu machen. Dann kommt ein Gerinnungsmittel dazu, dann wird alles gepresst und dann ist das fertige Produkt da. Man kann es räuchern oder veredeln, man muss viel probieren.“

Die 6-Top-Platzierten des Innovationswettbewerbs Vifzack 2024 der Landwirtschaftskammer
Foto Fischer
Die 6-Top-Platzierten des Innovationswettbewerbs Vifzack 2024 der Landwirtschaftskammer

Vertriebs-Zielgruppe sind neben den Hofladen- und Catering-Kunden auch Gasthäuser und Restaurants, aber ebenso Buschenschänken in der Region, die ihrerseits eine stärker werdende Nachfrage nach vegetarischen und veganen Speisen orten. „Beilagen“, die Familie Knittelfelder sozusagen frei Haus mitliefern, sind kurze Anfahrtswege, minimale CO2-Belastung und ein Trendprodukt aus eigener Bauernhand.

Europas erster mobiler Geflügelmaststall aus der Steiermark

Die Familie von Waltraud und August Hütter in Krusdorf hat sich schon vor vielen Jahren mit Weidehaltung für Gänse, Enten, Puten und auch Mastgeflügel einen Namen gemacht. Hier gibt es nun den ersten mobilen Geflügelmaststall Europas. Ihr Motto: „Ein Leben in Freiheit – auch fürs Federvieh“. Während es mobile Ställe für Legehennen in vielfacher Ausführung zu kaufen gibt, sieht es bei Mastgeflügel anders aus. Also hat August Hütter vor einigen Jahren kurzerhand zwei alte Lkw-Sattelanhänger erworben und sie mit viel Hirnschmalz und technischer Meisterleistung mit seinen Söhnen Patrick und Martin und einem befreundeten Schlosser umgebaut. Dabei wurden nicht nur Fenster, Silos, Heizung und Einrichtung auf- beziehungsweise in den Anhänger gebaut, Sohn Patrick hat auch die teilautomatisierte Fütterung selbst programmiert.

Das Projekt ist daher noch weiter im Ausbau – der dritte Anhänger steht schon am Hof und wartet auf seinen Umbau. Im Herbst 2022 zog die erste Gruppe von 400 Masthühnern in ihre mobile Weide-WG ein. „Sie leben ab dem ersten Tag rund 14 Wochen hier“, erzählt Martins Lebensgefährtin Julia Knittelfelder. Damit werden die Weidehühner, die nach drei Wochen groß genug für den ersten Weidegang sind, gut dreimal so alt wie gewöhnliche Masthühner. Sie werden mit 1,8 bis 4 Kilo auch deutlich schwerer. Durch die Schlachtung am Hof gibt es praktisch keine Transporte während der gesamten Lebenszeit.

Feuer und Flamme aus dem Vulkanland

Richard Krenn aus dem Vulkanland brennt für maßgeschneidertes Grill-und Backofenholz und liefert den Wald in das Wohnzimmer. Bei Lebensmitteln ist es längst ein Megatrend, dass Produkte so weit aufbereitet werden, damit die Konsumentinnen und Konsumenten möglichst wenig Arbeit damit haben. Diesen „Convenience“-Trend übersetzt der Hatzendorfer Nebenerwerbslandwirt in den Brennholz-Bereich. 2019 begann er damit, unter der Marke „Vulkanland Hulz“ Kaminholz in handlichen Pappkartons im Set mit Anzündholz und selbst gemachten Anzündern anzubieten. Die hohe Nachfrage gab ihm Recht – und hat – „vielfach auf Kundenwunsch“ – mittlerweile zu einem breiten Angebot geführt: von aufbereitetem Grillholz und rindenfreiem Backofenholz bis hin zu Räucherchunks für Smoker oder Räuchermehl und Räucherchips, damit auch das Grillgut auf Gasgrillern die besonderen Aromen von Holzkohlegrillern erhält.

Maria und Richard  Krenn sind Feuer und Flamme für ihr außergewöhnliches Grill- und Backofenholz der Marke „Vulkanlandhulz“.
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Maria (Mitte) und Richard (2.v.l.) Krenn sind Feuer und Flamme für ihr außergewöhnliches Grill- und Backofenholz der Marke „Vulkanlandhulz“. Im Bild mit Vizepräsidentin Maria Pein (2.v.r.), Präsident Franz Titschenbacher (links) und Oliver Kröpfl, Vorstandsmitglied Steiermärkische Sparkasse (rechts)

Vermarktet wird in Kaufhäusern, Baumärkten, via Online-Shop und vor allem ab Hof. „Es gibt viele Gäste aus Wien, die auf der Heimfahrt nicht nur Kernöl oder Wein mitnehmen, sondern auch Vulkanland Hulz“, so der berufliche Haustechniker, der mit seiner Familie auch Schweinehaltung, Streuobstwiesen und eine Imkerei betreibt. Jedes Stück „Hulz“ haben die Krenns mehrmals in der Hand, von der Ernte über das exakte Zuschneiden „ist da wirklich sehr viel händische Arbeit dabei, die mit keiner Automatisierung so schön hinzubekommen ist“, sagt Richard Krenn. „Denn das Auge kauft auch beim Holz mit. Viele nutzen es als Dekoration.“

Bunte Eier von Huhn und Wachteln

Bei Susanne Rauch und Anton Uller gleicht ganz bewusst kein Ei dem anderen. Vielfalt macht das Leben bunt, lautet ihr Motto und die Eier vom Sepplhof auch. Freilandhühner laufen auf dem kleinen Pferdehof bei Gnas mit acht Hektar Grünland schon seit je her herum. „Aber vor zwei Jahren begannen wir bewusst mit der Züchtung und Kreuzung verschiedenster Hühnerrassen“, erzählt Susanne Rauch, die den Sepplhof mit Anton Uller im Nebenerwerb bewirtschaftet. Ziel der beiden: eine große Auswahl an natürlich bunten Eiern durch Eigenzüchtungen zu erhalten. Diese werden in 1-Kilo-Boxen ab Hof und in regionalen Kaufhäusern vermarktet. „Das kommt auch bei den Kunden an, viele erzählen uns, dass sie und bei jeder Packung neugierig nachschauen, was für Eier diesmal drin sind“, sagt Susanne Rauch.

Die bunten Eier von Susanne Rauch und Anton Uller
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Bei Susanne Rauch (2.v.r.) und Anton Uller (3.v.r.) gleicht kein Ei dem anderen. Im Bild mit Vizepräsidentin Maria Pein (2.v.l.), Präsident Franz Titschenbacher (rechts) und Oliver Kröpfl, Vorstandsmitglied Steiermärkische Sparkasse (links)

Mit steigender Nachfrage wollen die beiden sukzessive von 100 auf 300 eigengezüchtete Legehennen aufstocken, die allesamt spezielle Charaktereigenschaften aufweisen. So legen Vertreterinnen der Rasse „Cream Legbar“ schöne blaue Eier, „sie gelten aber auch als sehr eigensinnig“, lacht Rauch. Am Sepplhof leben auch rund 30 Wachteln, für die kürzlich ein speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittener Stall gebaut wurde. Das erleichtert die Arbeit – legen Wachteln doch ihre Eier nicht in ein Nest, sondern täglich woanders ab.

Berufsmusiker erweckt stillgelegten Elternhof zum Leben

Martin Temmel wiederum hat dem stillgelegten Hof seiner Eltern neues Leben eingehaucht – mit Gemüse und einer Aquafarm. Der Weg zurück zu den bäuerlichen Wurzeln verlief für den früheren Berufsmusiker Martin Temmel nicht wie eine gerade Linie, sondern wie ein verschlungener Pfad. Der Song-Contest-Teilnehmer (Global Kryner) haderte lange damit, dass am stillgelegten Bauernhof seiner Vorfahren im Ort Timmersdorf der alte Kuhstall ungenutzt leer stand. Bis der heute 39-Jährige, der seit seiner Kindheit „von Aquarien, Fischen und Teichen fasziniert ist“, auf das Aquaponik-Kreislaufsystem stieß. Kurz erklärt: In einem Becken schwimmen Fische, dasselbe Wasser nutzen -in einem getrennten Becken – Gemüsepflanzen und schlagen ihre Wurzeln ins Wasser statt in die Erde. Damit reinigen sie das Wasser und filtern Nährstoffe heraus.

Frei von Mikroplastik und Antibiotika

Die Coronazeit nutzte der Musiklehrer, um den Hof in eine Aquafarm umzubauen und um seither den grätenfreien „Liesingtaler Edelwels“ salonfähig zu machen. Im März 2021 wurden die ersten Fische eingesetzt. „Sie kommen mit zehn Gramm zu uns und bleiben ein halbes bis Dreivierteljahr, bis sie eineinhalb bis zwei Kilogramm haben“, schildert Temmel. Alle zwei Wochen gibts für Privatkunden ab Hof und für die gehobene Gastronomie Edelwelse frisch oder geräuchert. Die Reste der Fischverarbeitung werden künftig getrocknet und zu Hunde-Leckerlis verarbeitet. Das Gemüse ist ebenso ab Hof zu haben.

Potenzial sieht Temmel reichlich: Einerseits, weil er die auf 15 bis 20 Tonnen Jahresfischproduktion ausgelegte Anlage noch nicht voll ausschöpft. Andererseits liegt der Eigenversorgungsgrad in Österreich mit Fisch noch immer im einstelligen Prozentbereich. Das große Plus, das der Aquafarmer ins Treffen führt: „Unsere Fische leben zu 100 Prozent frei von Mikroplastik und Antibiotika.“ Aber er verhehlt auch nicht, dass „die Lernkurve noch immer steil ist, um die Wasserbiologie im Gleichgewicht zu halten“.