Neues Studienzentrum der Montanuni Leoben
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Bildung

Montanuni Leoben will Burschenschaften verbannen

Das neue Rektorat der Montanuni Leoben will die Burschenschaften verbannen: Laut einem Medienbericht soll eine Trennlinie zwischen Universität und den Korporationen gezogen werden – demzufolge müssen die studentischen Verbindungen in Hinkunft allen akademischen Feiern auf universitärem Boden fernbleiben.

Die Maßnahme ist laut einem Bericht der „Kleinen Zeitung“ Teil einer strategischen Neupositionierung der Montanuniversität: Der neue Rektor Peter Moser möchte der Hochschule ein „zukunftsorientiertes, innovatives Markenprofil“ verleihen und so die Attraktivität erhöhen. Die Montanuni genießt international zwar einen hervorragenden Ruf, leidet aber wie viele andere Hochschulen auch an rückläufigen Studentenzahlen.

Auch neuer Name wird angedacht

Um hier gegenzusteuern und vor dem Hintergrund der Energie- und Klimakrise sollen wissenschaftliches Angebot und Außenkommunikation noch stärker auf die technologischen Herausforderungen zugeschnitten werden. Auch ein neuer Name sei hier denkbar – laut Bericht wird dabei an „University of Technology Leoben“ gedacht.

Verbannung von Feiern auf universitärem Boden

Einem modernen Redesign würden allerdings laut Bericht die bildmächtigen Riten der insgesamt zwölf akademischen Verbindungen zuwiderlaufen: Sie erheben Stimme und Säbel bei akademischen Festen, stehen bei der Übergabe von Matrikelscheinen in Reih und Glied, stellen Couleurhäuser als Schlafstätten bereit und begleiten die Studenten mit „Bierauszügen“ in die Sommerferien.

„Schwerer Schlag für Träger der Tradition“

Damit soll nun Schluss sein: Studentische Verbindungen sollen in Hinkunft allen akademischen Feiern auf universitärem Boden fernbleiben. Daniel Ruppert, Vertreter der Studentenverbindungen in Leoben, verhehlt laut „Kleine Zeitung“ nicht, dass der Ausschluss von den akademischen Feiern große Unruhe unter den Chargierten hervorgerufen habe: „Niemand will stehen bleiben. Auch wir leiden unter rückläufigen Studentenzahlen. Aber ein radikaler Schnitt wäre ein schwerer Schlag, sowohl für die Träger der Tradition als auch für die Identität der Stadt.“

Er wehrt sich außerdem gegen pauschale Vorurteile: Nur zwei Verbindungen seien Burschenschaften am rechten Rand, liberale katholische Korporationen seien ebenso vertreten wie eine karitativ ausgerichtete Damenverbindung – die Korporationen würden das gesamte Spektrum abbilden.

FPÖ: „Es braucht Analysen der Studien“

Unterstützung bekommt Ruppert von der FPÖ: Laut Bericht sei eine Verbannung aus Sicht der Freiheitlichen kein Ansatz, „der auch nur im Geringsten zur Lösung dieses Problems (der niedrigen Studentenzahlen, Anm.) beitragen kann“. Vielmehr brauche es tiefgründige Analysen der vorhandenen Studien, des gesamten städtischen Umfelds und eine eingehende Betrachtung des österreichweiten und internationalen Konkurrenzangebots im tertiären Bildungssektor, so FPÖ-Landtagsabgeordneter Marco Triller.

Bürgermeister: „Entscheidung zu akzeptieren“

Etwas anders sieht es der Leobener Bürgermeister Kurt Wallner (SPÖ): Die Hauptpunkte für eine Universität seien Wissensvermittlung, Forschung und internationale Vernetzung. „Aus historischer Sicht sind die Burschenschaften freilich ein Teil der Stadt Leoben. Aber das sollte nicht unbedingt der Umstand sein, mit dem man auf internationaler Ebene für eine Universität werben sollte“, so Wallner im Gespräch mit der „Kleinen Zeitung“. Die Entscheidungen des Rektorats als zuständiges, gewähltes Organ seien außerdem „selbstverständlich zu akzeptieren“.

„Unverständlich und überschießend“

Ganz anders sieht es laut Bericht Leobens Vizebürgermeister Reinhard Lerchbammer (ÖVP) – selbst Absolvent der Montanuniversität: Die Pläne des Rektorats seien für ihn „unverständlich und überschießend“. „Ich selbst bin stolz darauf, dass meine akademischen Meilensteine durch Couleurstudierende bereichert wurden“, so Lerchbammer.

Ruppert hofft laut „Kleiner Zeitung“, dass in den Gesprächen mit dem Rektorat doch noch ein Kompromiss ausgefochten werden kann. Ein Aufnahmeritual mit Kultcharakter wurde bereits beidseitig außer Streit gestellt: Der legendäre Sprung über das Bergmannsleder, bei dem junge Studenten feierlich in den Stand aufgenommen werden, bleibt unangetastet.