Gericht Graz
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CHRONIK

Scherben-Attacke: Häftling verurteilt

Mit Spiegelscherben ist im Jänner 2023 in der Haftanstalt Graz-Jakomini ein Häftling auf einen Mitgefangenen losgegangen – der Attackierte überlebte durch eine Notoperation. Der Angreifer wurde am Mittwoch nicht rechtskräftig zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt.

In der Zelle hatten sich damals drei Häftlinge befunden – der 25-jährige Angeklagte, das Opfer und ein weiterer Mann. Als es zwischen den beiden anderen zu einer Auseinandersetzung kam und die beiden mit Wasser herumschütteten, wollte der Beschuldigte die Justizwache rufen. Doch es kam niemand. Er fühlte sich offenbar bedroht, zerschlug zwei Spiegel und bewaffnete sich mit spitzen Scherben – mehr dazu in Häftling bei Rauferei mit Scherbe schwer verletzt (28.1.2023).

„Ich habe ihn aufgeschlitzt“

„Er hat mich gegen die Brust getreten, und ich habe ihn aufgeschlitzt“, so die knappe Schilderung des Angeklagten am Mittwoch vor einem Geschworenensenat. „Wollten Sie ihn töten?“, fragte die Richterin. „Nein“, kam die Antwort.

Der Staatsanwalt beschrieb, dass die Stiche in Hals, Brust und Oberbauch nur knapp die Halsschlagader verfehlt hätten. Bei der Notoperation musste ein Teil der Lunge entfernt werden. „Die Spiegelscherben sind tödliche Waffen“, so der Ankläger.

Verteidiger: Es war Notwehr

Der Verteidiger betonte, es habe sich um Notwehr gehandelt. „Welches Mordmotiv hätte er gehabt?“, gab er zu bedenken. „Sie waren zu zweit und hätten alles mögliche machen können“, sagte der 25-Jährige. „Gab es einen weiteren Angriff – außer dem Tritt – von einem der beiden?“, fragte die Richterin, was der Angeklagte verneinte. „Kann es sein, dass Sie den Tritt bekommen haben, weil der andere schon Angst gehabt hat und sie nur auf Distanz halten wollte?“, gab der Staatsanwalt zu bedenken.

Opfer erschien nicht vor Gericht

Auf der Zeugenliste befand sich auch der dritte Häftling, der mittlerweile seine Strafe verbüßt hat. Er erschien allerdings nicht zur Verhandlung. Bei seiner Befragung durch die Polizei hatte er angegeben, er habe von der Bluttat nichts mitbekommen. „Er hat sich absichtlich dumm gestellt“, konstatierte der Staatsanwalt. Auch das Opfer erschien nicht, seine Aussagen wurden ebenfalls verlesen. „Er hat richtig gezielt und wollte mich umbringen“, war der Mann überzeugt. Nach eigenen Angaben leidet er immer noch an Schmerzen.

Wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung verurteilt

Die Laienrichter befanden, dass es sich bei dem Angriff nicht um einen versuchten Mord, sondern um eine absichtliche schwere Körperverletzung gehandelt habe. Der Angeklagte wurde zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.