Grazer Schwurgerichtssaal
APA/KARIN ZEHETLEITNER
APA/KARIN ZEHETLEITNER
Chronik

„CEO-Fraud“: Angeklagter erneut vor Gericht

Am Donnerstag ist ein 65-Jähriger zum zweiten Mal wegen eines umfangreichen Internet-Betrugs mit einer Schadenssumme von 56 Millionen Euro vor Gericht gestanden. Im Oktober 2022 wurde er bereits zu neun Jahren Haft verurteilt.

Der Mann wurde wegen Beteiligung an gewerbsmäßig schwerem Betrug, Geldwäscherei und an einer kriminellen Vereinigung verurteilt. Er soll als Eigentümer und Geschäftsführer ein Unternehmen geleitet haben, das mit dem Verkauf von Firmen und Bankkonten beschäftigt war.

Bisher fünf Jahre in Untersuchungshaft

Monatelang musste sich der gebürtige Tunesier vor Gericht verantworten. Bisher saß der Mann fünf Jahre in Untersuchungshaft, mittlerweile ist er auf freiem Fuß. Sollte das Verfahren beendet und die mögliche neue Strafe verbüßt sein, warten schon ein internationaler Haftbefehl und die Auslieferung nach Frankreich auf ihn. Nur der Teil bezüglich der kriminellen Vereinigung wurde bei der Verurteilung rechtskräftig, die beiden anderen Punkte sind Gegenstand des neuen Verfahrens.

Damals neue Betrugsmasche

Alexandra Völkel von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft beschrieb kurz die Vorgehensweise, die zur Anklage geführt hatte. 2012 kam eine neue Betrugsmasche auf, der sogenannte „CEO-Fraud“. Das Prinzip sei immer dasselbe: Der Finanzverantwortliche einer Firma bekommt ein Mail, das angeblich vom eigenen Chef persönlich stammt und in dem um strenge Geheimhaltung ersucht wird. Der Mitarbeiter erhält den Auftrag, Geld für angebliche Unternehmensankäufe zu überweisen. Über den Deal dürfe innerhalb der Firma nicht gesprochen werden. „In erstaunlich vielen Fällen ist das geglückt“, betonte die Anklägerin.

Schadenssumme: 56 Millionen Euro

Der Beschuldigte soll im Hintergrund agiert haben. Er gründete Firmen, auf deren Konten das Geld geflossen ist, „bis man den Verlauf nicht mehr nachvollziehen konnte“. Außerdem habe er eine „Fälscherwerkstatt“, in der alle nötigen Dokumente, Stempel und Urkunden hergestellt wurden, betrieben haben. Der Schaden wurde von der Oberstaatsanwältin mit rund 56 Millionen Euro beziffert.

Angeklagter fühlt sich nicht schuldig

„Dem Angeklagten ist kein einziger Cent zugeflossen“, hielt der Verteidiger dagegen und meinte lapidar: „Ohne ihn hätte der Betrug genauso stattgefunden.“ Sein Mandant fühle sich nicht schuldig, ziehe es jedoch vor, keine Aussagen mehr zu machen. Der Anwalt verwehrte sich auch gegen die Verlesung der bisherigen Angaben, aber darüber wird Richterin Barbara Schwarz erst entscheiden. Fortgesetzt wird der Prozess am 15. Mai. Sollten keine Zeugen benötigt werden, könnte es dann auch schon ein Urteil geben.