Grazer Rathaus
ORF.at/Roland Winkler
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Politik

Graz nach gut zwei Jahren Rot-Grün-Rot

Seit November 2021 gibt es in der steirischen Landeshauptstadt Graz eine rot-grün-rote Stadtregierung. Die Kommunisten regieren seither gemeinsam mit den Grünen und der SPÖ. Während die einen von einer sozialen Kehrtwende sprechen, kritisieren die anderen die fehlende Weitsichtigkeit.

Als Graz 2021 eine kommunistische Bürgermeisterin bekam, hat das hohe Wellen geschlagen – weit über die Grenzen Österreichs hinaus. Inzwischen haben sich die Wogen geglättet. Die Grazer Bürgermeisterin gibt sich zufrieden mit den bisher umgesetzten Projekten. Bis zu 600 neue Gemeindewohnungen werde man in dieser Periode fertigstellen: „Für uns ist es wichtig, dass immer alle gesehen werden die es schwer haben, die keine Lobby haben und dort Maßnahmen zu setzten und vor allem auch öffentliches Eigentum zu schützen. Das ist, was uns wichtig ist.“

Verkehrsplanung als Dauerbaustelle

Auch die Vizebürgermeisterin ist mit neuen Radwegen, dem Ausbau der Öffis und der Parks zufrieden. Judith Schwentner von den Grünen: „Für mich geht es im Verkehr um alle. Um die, die zu Fuß gehen, die mit dem Rad fahren die, die Öffis verwenden und die mit dem Auto unterwegs sind und das möglichst gleichberechtigt. Und da gibt es in einigen Bereich mehr nachzuholen, als im Bezug was die Infrastruktur für das Auto anbelangt.“

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Anders sieht das Claudia Schönbacher. Für die FPÖ gewählt, jetzt nach dem Freiheitlichen Finanzdebakel für den freien Gemeinderatsclub im Rathaus, übt sie Kritik an der Verkehrsplanung: „Wir brauchen 1.000 neue Parkplätze, weil wir die Wirtschaft beleben müssen, statt dass wir sie beschneiden, weil wir haben zum Beispiel sehr hohe Sozialkosten. Irgendwo muss das Geld auch reinkommen.“

Experten vermissen Strategie

Was dem einen zu wenig ist, ist dem anderen offenbar zu viel. Denn gerade bei der Verkehrsplanung müsste mehr getan werden, sagt Martin Fellendorf, Verkehrsexperte an der TU Graz: „Da benötigen wir sicherlich mehr, wenn sie die selbst gesteckten Ziele erreichen wollen, auch in Richtung klimafitte Städte. Dann muss das Problem Parken angegangen werden. Das ist natürlich politisch ein heikles Thema, aber erforderlich wenn man Verkehrspolitik intensiv betreiben möchte.“

Expertenkritik gibt es auch bei der Stadtplanung. Hier fehle das großgedachte langfristige Ziel, schildert Aglaee Degros, Stadtplanerin der TU Graz: „Man hat immer die Idee, dass man die Entwicklung der Stadt mit einem Bebauungsplan lösen kann, und noch einem Bebauungsplan und noch einem Bebauungsplan. Das ist aber noch keine Strategie.“

Mehr Weitblick gefordert

Eine weitreichende Strategie und mehr Engagement für die Wirtschaft von der Bürgermeisterin fordert der Grazer Stadtrat und ÖVP-Chef Kurt Hohensinner: „Meine Kritik ist die fehlende Wertschätzung der Wirtschaft gegenüber, weil die Wirtschaft ja uns als Stadt weiter bingt. Sie schafft Arbeitsplätze und spült auch über die Kommunalsteuer Geld in unsere Stadtkassa.“

Chefredakteur analysiert Grazer Regierungskalition

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Bürgermeisterin Elke Kahr kontert: „Die Stadt Graz ist nicht die Interessensvertretung der Wirtschaftstreibenden und der Industrie. Das ist schon die Wirtschaftskammer genauso wie die Vertretung der arbeitenden Menschen die Arbeiterkammer ist. Aber wir helfen mit unseren Möglichkeiten immer mit dass der Wirtschaftsstandort gewahrt wird.“

„Bisher keine wirtschaftlichen Nachteile“

Den Blick auf alle Bereiche, auch die Wirtschaft, will die Grazer SPÖ werfen, erklärt Daniela Schlüsselberger: „Klar für den sozialen Blick, im Verständnis aber, dass es als Stadt mehr braucht als Sozialpolitik allein. Es geht darum, dass es auch in der Verkehrspolitik, im Bereich Wohnen, im Bereich Wirtschaft, immer wieder die Stadt als Ganzes zu sehen.“

Die Befürchtungen, die Kommunisten würden der Stadt wirtschaftlich einen Nachteil bringen, hätten sich nicht bewahrheitet, so Regionalökonom Eric Kirschner, von Joanneum Research: „Definitiv nicht. Die Wirtschaft entwickelt sich sehr dynamisch, in den vergangene Jahren schon. Die Zahl der Einwohner steigt, die Zahl der Beschäftigten steigt, die Zahl der Unternehmen steigt, die Zahl der Arbeitgeberbetriebe steigt und die Arbeitslosen, die Arbeitslosenquote ist kontinuierlich rückläufig.“