Obdachloser Brandstelle
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Chronik

Obdachlosen angezündet: StA will U-Haft

Die Grazer Polizei hat einen Mann ausgeforscht, der in der Nacht auf Samstag einen Obdachlosen angezündet haben soll. Der 65 Jahre alte Verdächtige soll sich illegal in Österreich aufhalten. Die Staatsanwaltschaft will nun die Verhängung einer U-Haft beantragen.

Gegen 0.40 Uhr wollen Zeugen einen Mann bemerkt haben, der sich auf dem Lendplatz vom Eingang eines Schreibwarengeschäfts entfernte und dabei einen hellen Kanister bei sich getragen haben soll.

Unmittelbar danach sahen dieselben Zeugen, dass bei diesem Eingangsbereich ein Brand ausgebrochen war: „Diese Zeugen haben dann auch bemerkt, dass da offenbar eine Person in Flammen steht. Wie sich später herausgestellt hat, handelt es sich dabei um einen 52-jährigen Obdachlosen aus Ungarn“, schilderte Polizeisprecher Fritz Grundnig. Der Obdachlose dürfte vor dem Geschäft genächtigt haben.

Täterbeschreibung:

  • Männliche Person
  • 40 bis 50 Jahre alt
  • 170 cm groß
  • dunkle Kleidung

25 Prozent des Körpers drittgradig verbrannt

Den Ermittlungen zufolge soll der Obdachlose angezündet worden sein. Der Mann erlitt lebensgefährliche Brandverletzungen und wurde vom Rettungsdienst in das LKH Graz eingeliefert. 20 bis 25 Prozent der Körperoberfläche hätten bei dem Anschlag Verbrennungen dritten Grades erlitten, hieß es seitens der behandelnden Ärzte. Der Zustand des Mannes sei am Sonntag stabil, aber immer noch kritisch gewesen, der 52-Jährige liege nach wie vor auf der Intensivstation und müsse voraussichtlich in den nächsten Tagen noch einmal operiert werden, so eine Krankenhaussprecherin. Eine Befragung des Opfers war bis zuletzt daher nicht möglich.

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Tatverdächtiger noch am Samstag ausgeforscht

Der zunächst unbekannte Täter war zu Fuß in unbekannte Richtung verschwunden. Eine sofort eingeleitete Fahndung verlief zunächst ohne Erfolg. Laut Polizei konnte nun ein 65 Jahre alter Mann aus der Russischen Föderation als Verdächtiger ausgeforscht werden. Er soll sich illegal und ohne festen Wohnsitz in Österreich aufhalten.

Der Mann war – ebenfalls in der Nacht auf Samstag – von Zeugen dabei beobachtet worden, wie er ein Feuer in der Nähe der Polizeiinspektion Lend machte, und konnte kurz darauf in der Nähe des Tatorts gestellt werden. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass es sich um denselben Mann handelte.

Staatsanwaltschaft will U-Haft beantragen

Bei der Einvernahme gab der Mann zu, in der Nacht ein Feuer entzündet zu haben, um sich zu erwärmen. Eine andere Person habe er dabei aber nicht wahrgenommen. Der angebliche Kanister, den der Mann bei sich getragen haben soll, stellte sich als helle kleine Tasche heraus. Bei einer Untersuchung des Tatorts auf dem Lendplatz wurde zudem festgestellt, dass keine brandbeschleunigende Flüssigkeit verwendet worden war.

Die Ermittler müssen nun klären, ob es sich tatsächlich um einen Brandanschlag oder möglicherweise doch nur um einen fahrlässig verursachten Unfall gehandelt hat. Bei der Staatanwaltschaft läuft das Verfahren vorerst als versuchter Mord, sagte Behördensprecher Christian Kroschl am Sonntag auf APA-Anfrage. Der Verdächtige wird noch am Sonntag oder am Montag über Anordnung der Staatsanwaltschaft Graz in die Justizanstalt Graz-Jakomini eingeliefert. „Wir werden dann jedenfalls die Anträge für die U-Haft stellen“, so Kroschl.

Kontakte:

  • Kältetelefon: 0676/88015-8111
  • Notschlafstelle Arche 38: 0316/8015-730

Grazer Bürgermeisterin über Vorfall bestürzt

Mit großer Bestürzung reagierte die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) auf die Tat: „Es gibt keine Worte, die man zu einer so unmenschlichen und grausamen Tat finden kann. Dieser Anschlag zeigt, wie verwundbar Menschen sind, die kein Dach über dem Kopf haben und im Freien übernachten.“

Notschlafstelle Vinzinest
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Die VinziWerke haben über 200 Betten eingerichtet

Kahr rät allen Obdachlosen, nicht im Freien zu übernachten. Es seien noch in allen Einrichtungen genügend Betten frei: „In Graz gibt es ein engmaschiges Netz zur Unterstützung von Obdachlosen. Die VinziWerke, die Caritas und die Stadt Graz bieten eine ausreichende Zahl von Notschlafstellen an, damit niemand gezwungen ist, die Nacht im Freien zu verbringen.“

Brandopfer lehnte Notschlafstelle ab

Der beim Anschlag verletzte Obdachlose sei in letzter Zeit regelmäßig über das Kältetelefon betreut und versorgt worden, heißt es seitens der Caritas, zuletzt habe es am Vorabend der Tat, gegen 22.00 Uhr, Kontakt gegeben. Eine Unterbringung in einer Notschlafstelle sei zwar angeboten, vom Betroffenen aber nicht in Anspruch genommen worden.

Vinzinest
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Caritas und VinziWerke bieten nun aktiv allen Personen Schutz an, die sich aufgrund des Vorfalls um ihre Sicherheit sorgen. „Wir allein haben über 200 Betten eingerichtet und wir werden jeden aufnehmen und ihm Schutz bieten können“, betonte Thomas Ferk vom VinziNest. Die Caritas Steiermark verstärkt aus gegebenem Anlass die Ausfahrten des Kältebusses und bietet obdachlosen Menschen dabei gezielt einen Platz in den Notschlafstellen an, auch wenn einige Menschen ohne Dach über dem Kopf das gar nicht möchten: „Wir wissen, dass es in Graz ein paar Dutzend Obdachlose gibt, die nach wie vor diese freiwillige Obdachlosigkeit leben – wir müssen das akzeptieren, aber eines dürfen wir nicht tolerieren, dass diese Menschen schutzlos irgendeiner Gewalttat ausgesetzt werden“, so Ferk.