Uni Graz
APA/Erwin Scheriau
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Wissenschaft

Zeitgeschichte-Tag: Auch Spionage ist Thema

Am Mittwoch ist an der Grazer Uni die größte wissenschaftliche Veranstaltung der österreichischen Zeitgeschichteforschung eröffnet worden. Beim „Zeitgeschichte-Tag“ werden auch aktuelle Themen behandelt – etwa die Geschichte der Spionage in Österreich.

Egisto Ott, geheime Laptops und an russische Geheimdienste weitergegebene Handys samt sensiblen Daten: In Österreich stehen wieder einmal Spionagevorwürfe im Raum – mehr dazu in Mit Razzia „wurde Angst erzeugt“ (news.ORF.at).

„Man sieht, im Kalten Krieg ist Österreich ein wichtiges Operationsgebiet geworden, und diese Tradition ist noch immer nicht ganz vorbei“, sagt Dieter Bacher vom Institut für Kriegsfolgenforschung.

Aus der Geschichte lernen

Bei der Aufklärung würde es sich seiner Ansicht nach auszahlen, die Geschichte der Spionage einzubeziehen: „Ich sage es mal so, das ist vielleicht ein bisschen überspitzt formuliert, aber man kann aus der historischen Forschung zu geheimen Nachrichtendiensten schon ein bisserl was auch für die aktuelle Seite lernen. Man kann über Arbeitsweisen lernen, man kann über angewendete Methoden lernen, man kann über das Konstrukt, die Strukturen dahinter lernen. Wir lernen aus den historischen Forschungen sehr viel über Netzwerke, wie diese Netzwerke funktionieren. Es geht um Einzelpersonen. Das ist meistens eine Gruppe von Personen, die so etwas in einem Staat, in einer Struktur macht.“

Tag der Zeitgeschichte

Am Mittwoch ist an der Grazer Uni die größte wissenschaftliche Veranstaltung der österreichischen Zeitgeschichteforschung eröffnet worden. Beim „Zeitgeschichte-Tag“ werden auch aktuelle Themen behandelt – etwa die Geschichte der Spionage in Österreich.

Die wichtigsten Fragen seien: „Wozu macht man es überhaupt? Sind das Spione, die sich gegenseitig irgendwo jagen um des Geschäftes willen? Oder hat das ganz andere Implikationen? Das kann man aus der Geschichte natürlich auch lernen“, so Bacher.

„Zeitenwende – Wendezeiten?“

Zahlreiche Experten setzen sich in den nächsten Tagen unter dem Motto „Zeitenwenden – Wendezeiten?“ mit vielfachen Aspekten der jüngsten Vergangenheit auseinander. Die Klimakrise, die CoV-Pandemie und der Ukraine-Krieg erschütterten die Politik, Wirtschaft und das Alltagsleben. Einen weiteren Schritt zurück liegen der Fall des Eisernen Vorhangs, der Holocaust, zwei Weltkriege, die Weltwirtschaftskrise zum Ende der 1920er-Jahre – sie alle haben für tiefe gesellschaftliche, politische, ökonomische und teils auch für nachhaltige Umbrüche gesorgt. Viele sehen dahinter Zeitenwenden, andere wiederum entdecken dahinter Kontinuitäten.

Zeithistorikerin Barbara Stelzl-Marx – sie hat die wissenschaftliche Leitung des Zeitgeschichte-Tags über – sagt, dass sich das heurige Thema in sehr vielen aktuelle Krisen wiederfinde. Man könne aus der Vergangenheit lernen: „Natürlich, die Vergangenheit spielt in die Gegenwart hinein. Oft sind die Spuren auf den ersten Blick unsichtbar vorhanden, eingebrannt in die Biografien und in die Landschaften. Und als Zeithistoriker schaufeln wir das frei, tragen dazu bei oder versuchen, dazu beizutragen, dass man auch das, was jetzt passiert, besser verstehen kann“, so Stelzl-Marx.

250 Experten und über 100 Vorträge

Bis Samstag stehen rund 100 Vorträge und Diskussionen auf dem Programm, wie Stelzl-Marx bereits im Vorfeld ankündigte. Rund 250 Expertinnen und Experten werden zum 15. Österreichischen Zeitgeschichte-Tag erwartet.