Grazer Polarforscher in Grönland
Patrick Wally/Praherfilm
Patrick Wally/Praherfilm
Wissenschaft

Grazer Forscher untersuchen Grönlands Seen

Ein Forscherteam der Uni Graz beschäftigt sich in einem Projekt mit den Auswirkungen der Folgen der Erwärmung von Grönlands Seen. Die Klimaszenarien lassen demnach ein zunehmend früheres Aufbrechen der Seen annehmen.

Schnee auf einem See reflektiert bis zu 90 Prozent der eintreffenden Sonnenstrahlen, eine offene Wasseroberfläche hingegen lediglich 20 Prozent. Wenn also die winterliche Eisdecke durch die Klimaerwärmung früher schmilzt, erwärmt sich das Wasser stärker – mit weitreichenden Folgen.

Die Forschungsgruppe Climate Change in Mountain Regions der Universität Graz hat in Grönland Daten dazu erhoben und zeigt in einer in der Zeitschrift „The Cryosphere“ erschienenen Publikation die wahrscheinlichen Konsequenzen auf.

Seen brechen wegen Temperaturen früher auf

Grönland hat rund 155.000 Seen, die in Summe etwa die 1,4-fache Fläche Österreichs einnehmen. Christoph Posch, Jakob Abermann und Tiago Silva, Gletscher- und Klimaforscher an der Universität Graz, analysierten anhand von Satellitendaten das jährliche Schmelzen der Eisbedeckung zwischen 2017 und 2021. „Die hohen Temperaturen von 2019 ließen die Seen um rund zwei Wochen früher aufbrechen als im beobachteten Durchschnitt“, fasst Posch ein Ergebnis zusammen.

Kilometerlange Eiswürfel zum Schmelzen bringen

Wenn die Gewässer acht Tage früher eisfrei sind – was den typischen Schwankungen zwischen 2017 und 2021 entspricht –, bedeutet das einen Anstieg ihrer Temperatur um 1 Grad bis zu einer Tiefe von 35 Metern. „Rechnet man diese zusätzliche Wärmeenergie der rund 500 von uns untersuchten Seen entlang der Süd- und Westküste Grönlands zusammen, könnte man damit einen Eiswürfel mit einer Seitenlänge von 7,4 Kilometern schmelzen“, veranschaulicht Posch.

Weitere Untersuchungen an anderen Seen geplant

Das Verschwinden des Eises beeinflusst maßgeblich, wie viel Sonnenstrahlung in die Seen gelangt. Die dunkle Oberfläche bewirkt eine stärkere Erwärmung, mit noch nicht ausreichend erforschten Auswirkungen auf die Ökosysteme. „Die Wassertemperatur beeinflusst den Sauerstoffgehalt und damit das Leben in den Seen, die Eisschmelze außerdem den Süßwasserzufluss in die Fjorde“, schildert Jakob Abermann, Assistenzprofessor am Institut für Geographie und Raumforschung der Universität Graz.

Die Klimaszenarien lassen ein zunehmend früheres Aufbrechen der Seen annehmen. „Änderungen der Eisflächen in Grönland und der Arktis beeinflussen das Wetter sowie längerfristig das Klima in Europa“, ergänzt Abermann. Er plant mit seinem Team ähnliche Untersuchungen für alle saisonal eisbedeckten Seen der Erde.