Die Formel 1 in Spielberg
APA/AFP/JOE KLAMAR
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Sport

Formel 1: Nur Kühe sind in Spielberg live dabei

Kühe statt Campingzelte auf den Wiesen, Rennen ohne Fans statt Rekordkulisse: Spielberg war auf Zuschauer-Rekordkurs, doch dann kam die CoV-Krise. Dennoch freut man sich heute über den Auftakt zu wenigstens zwei „Geisterrennen“.

Saftige grüne Wiesen, seelenruhig weidende Kühe, einsam steht ein Campingwagen nahe einer Pferdekoppel – keine Ferrari-Fahnen, kein orangefarbenes Menschenmeer, keine Fan-Massen, die sich gen Red Bull-Ring schieben: Der Auftakt in die Formel 1-Saison in Spielberg ist 2020 anders. Nicht nur der Start der WM um fast vier Monate später ist ungewöhnlich – es sind auch erstmals „Geisterrennen“.

Heulende Motoren, aber keine Fans

So recht wusste man in Spielberg im Vorfeld nicht, ob nicht doch Fans in die Region kommen und zum Ring pilgern, auch wenn sie keinen Einlass bekommen. Freitagfrüh jedenfalls gab es keine Fans, nur Polizisten und aus der Ferne das Heulen der Motoren vom ersten freien Training. Schon weit vor der Zufahrt zum Ring wird an den Straßen der Verkehr angehalten. Nur wer eine Akkreditierung hat, kommt durch: „Bis hierher geht’s ohne, weiter nicht“, so ein Polizist.

Checkpoint vom Red-Bull-Ring
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In Spielberg wie auch im benachbarten Zeltweg ist gleich noch weniger von der Formel 1 zu sehen: Hier und da erkennt man Herren in weißen Hemden mit einem Red Bull-Lanyard um den Hals. Sonst deutet aber nichts darauf hin, dass der Formel 1-Tross gastiert. In den Gasthäusern scheint auch nicht mehr los zu sein: Ganz allein sitzt in einem Wirtshaus in Spielberg ein Einheimischer an einem Tisch und schaut sich das freie Training via TV an. Ein Ticket für den Ring hätte er sich aber auch nicht gekauft, wenn Zuschauer erlaubt wären: „Da sind mir zu viel Leute.“

Treue Fans

Apropos Tickets: Christoph Ammann betreibt über zwei Unternehmen einerseits den Verkauf von Grand-Prix-Tickets und stellt über sein Security-Unternehmen Sicherheitspersonal für Veranstaltungen zur Verfügung. In beiden Branchen wurde auch der Steirer von der CoV-Krise voll getroffen.

In den vergangenen Monaten musste sein Unternehmen weltweit an die 300.000 Zuschauer-Tickets sowie darüber hinaus auch für Teams verkaufte VIP-Karten rückabwickeln. Erstaunlich sei aber die Reaktion der österreichischen Formel-1-Fans gewesen, sagt Ammann – denn hierzulande nahmen sehr viele Menschen das Angebot, die Spielberg-Tickets auf 2021 zu übertragen, an.

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Formel 1 in Spielberg
APA/INGRID KORNBERGER
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In vielen Teilen stillgestanden ist auch das Security-Business von Ammann, der Mitarbeiter in die Kurzarbeit schicken musste. Obwohl diesmal nur rund 100 statt der wie üblichen 450 Sicherheits-Mitarbeiter beim Österreich-Rennen benötigt werden, versucht man die Situation positiv zu sehen: Sowohl in der Formel 1 als dann auch im August in der MotoGP stehen bekanntlich jeweils gleich zwei Rennen auf dem Programm. Ammann wird Personal bei allen acht anstehenden WM-Läufen der Formel 1 abstellen, also auch beim letzten Rennen des aktuellen Triples innerhalb von drei Wochenenden am 19. Juli in Budapest.

Zaungäste nicht willkommen

Keine Sorge hat Ammann, dass „Blitzer“ die Situation am Red Bull-Ring ausnützen und versuchen könnten, heimlich und unerlaubt in das Renngelände zu gelangen: Dafür sei das waldige Gelände rund um die Rennstrecke im steirischen Aichfeld zu gut abgesichert, hieß es – mehr dazu in Formel 1: Adaptiertes Sicherheitskonzept.

„Rennen mit Zuschauern sehe ich vorerst eher gar nicht“

Obwohl die Formel 1 kommendes Wochenende wieder Rennen fährt, sieht Ammann die Zuschauer-Problematik nicht allzu optimistisch: Wenige Länder haben so geringe Covid-19-Zahlen wie Österreich, und selbst hierzulande stiegen die Infektionen gerade wieder deutlich an. „Formel-1-Rennen mit Zuschauern sehe ich vorerst eher gar nicht“, so Ammann.

Ob man die für Österreich verkauften Eintrittskarten als Kunde auch 2021 verwerten kann, ist derzeit auf dem Papier nicht fix, denn der siebenjährige Vertrag des Red Bull Rings mit der Formel 1 endet formal mit 2020. Ungeachtet der weiteren CoV-Entwicklung geht man aber allgemein davon aus, dass die Formel 1 auch darüber hinaus auf der österreichischen Rennstrecke zu sehen sein wird.

Heuballen statt Zeltstädte

Mehr Schatten als Licht fällt dieser Tage auch auf die Campingplätze rund um den Red Bull-Ring: Die Formel 1 ist da, aber keine Fans. Die Campingplatz-Betreiber zeigen für die behördlich verordneten „Geisterrennen“ Verständnis, „das Jahr ist aber verloren“, sagt etwa Helmut Mayer vom Camping Pink, bei dem sonst die meisten Holländer und Max Verstappen-Fans ihre Zelte aufschlagen.

Leerer Campingplatz
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Vor einem Jahr war um diese Zeit Mayers Camping-Areal fast voll. Heuer fährt der Traktor über die Wiesen – Heuballen statt Zeltstadt. „Die Wiesen werden in diesem Jahr ganz normal landwirtschaftlich genutzt“, so Mayer. Der Umsatz, den er mit seinen mehr als 2.000 Stellflächen und bis zu 7.000 Campinggästen gemacht hätte, fällt weg, aber man zeige sich geschlossen solidarisch mit Red Bull (Projekt Spielberg, Anm.): „Wir wollen kein Ischgl 2.“ Darum haben die Campingplatzbetreiber direkt rund um den Ring beschlossen, heuer keine Gäste zu empfangen. „Wir wollen das Risiko von Corona-Infektionen mit Tausenden Gästen nicht eingehen.“

Ein Schweizer ist da

Doch nicht alle Campingplätze in Spielberg sind geschlossen: Camping Gruber, wenige Kilometer vom Ring entfernt, empfängt Gäste, der Chef weiß allerdings nicht, wie viele kommen werden: „Die Vorbuchungen waren gut, dann haben ein paar abgesagt.“ Derzeit habe er 30 Reservierungen vorliegen, doch ob die alle noch kommen, sei ungewiss. Er verlangt keine Anzahlung, hat keine Stornogebühr. Es könne durchaus sein, dass viele einfach nicht auftauchen.

Zumindest ein erster Gast war am Donnerstag angereist: „Ein Schweizer. Der ist wegen der Formel 1 da. Er will vielleicht die Atmosphäre und hat einen Fernseher mit, aber so genau weiß ich das auch nicht“, rätselt der Campingplatz-Chef. Für die Camper sei jedenfalls alles bereit: Desinfektionsmittel und perfekt geputzte Sanitäranlagen. Für etwa 100 Stellplätze reicht sein Areal. „Es ist heuer aber wirklich schwer zu sagen, wie viele kommen werden.“

Einsamer Wohnwagen
APA/INGRID KORNBERGER

Welche Atmosphäre sich der Schweizer Campinggast erwartet hat, ließ sich am Freitag vor Ort nicht erschließen: Einsam stand sein Wohnwagen auf dem Campingplatz. Dahinter eine Pferdekoppel und morgens noch wolkenverhangene Berge und Gipfel rund um das Aichfeld. Keine Spur von Formel 1.

Alle Hoffnungen liegen auf dem nächsten Jahr

Mayer dagegen blickt schon in die kommende Saison: Etwa die Hälfte der Fans habe die Buchung auf das kommende Jahr verschoben. Dann sollen sich die Investitionen lohnen, die man für heuer gemacht habe: Neue Premium-Lodges, Tiny Houses, fertig aufgebaute Zelte und Stromaggregate mit biologischem Diesel-Ersatz, nannte Mayer. Die Buchungslage für heuer sei stark gewesen: „Es waren fast doppelt so viele wie im Vorjahr angemeldet, wir waren praktisch mehr als ausgebucht.“ Besonders die holländischen Fans sind sonst bei Camping Pink zu finden. Die Zahl der Niederländer auf seinem Areal habe sich in den vergangenen Jahren von rund 300 auf 4.500 gesteigert. „Die holländischen Fans sind die wichtigsten für uns. Die kommen gerne nach Spielberg, schätzen die Gastfreundschaft hier und die Kulinarik.“