Wirtschaftswissenschaftler Steiner im Interview
ORF
ORF
Wirtschaft

Wirtschaftsexperte: „Das Schwerste vorbei“

Vorsichtig optimistisch gibt sich Wirtschaftswissenschaftler Michael Steiner im Interview mit Petra Rudolf nach der Kündigungswelle in der Obersteiermark: „Das Schwerste ist eigentlich vorbei“ – man müsse hoffen, dass Anzeichen der Besserung anhalten.

Nach der Hiobsbotschaft des Elektromotorenerzeuger ATB in Spielberg mit rund 360 Kündigungen – mehr dazu in ATB: Gespräche mit möglichen Investoren – stehen bei der Voestalpine in Kapfenberg und Kindberg rund 500 Kündigungen oder sogar mehr an – ist das erst der Anfang einer möglicherweise noch dramatischeren Entwicklung? „Die Steiermark ist als Exportland besonders betroffen: Mehr als die Hälfte unserer Produkte geht ins Ausland. Darum haben wir eine sehr schwere Phase hinter uns – man könnte aber leicht optimistisch sagen, dass das Schwerste eigentlich vorbei ist“, so Steiner.

Leichte Anzeichen einer Besserung

Welche Branchen besonders gefährdet seien, müsse man sehr differenziert sehen, sagt Steiner: „Die Industrie hat sich bis jetzt ganz gut halten können, hat noch Aufträge gehabt. Die schwerere Zeit steht ihr noch bevor, weil vor allem die Abnahmeländer – etwa Deutschland – auch noch immer in der Krise stecken. Das heißt, dass die Fahrzeugindustrie in Problemen steckt, die schon langsam begonnen haben, schon vor der Krise. Dann die Zulieferer – Metall und dergleichen.“

Auch im Dienstleistungsbereich gebe es im Wesentlichen aufgrund der Zugangsbeschränkungen Schwierigkeiten; etwa im Handel, in der Gastronomie und auch bei Beherbergungsbetrieben sowie auch bei Arbeitsmarktvermittlern. „Joanneum Research hat vor kurzer Zeit eine Prognose gemacht, wonach die Steiermark um 8,3 Prozent schrumpfen wird. Das ist ein Betrag von vier Milliarden Euro.“ Es gebe jedoch leichte Anzeichen einer Besserung – etwa bei den Arbeitslosenzahlen – man müsse jedoch hoffen, dass sie durchhalte, so der Wirtschaftswissenschaftler.

Fragezeichen bei Voestalpine

Mit den hunderten Kündigungen bei Voestalpine Kapfenberg und Kindberg gibt es jedoch weiterhin viele Fragezeichen. Im Hintergrund laufen bereits Gespräche über mögliche Sozialpläne und andere Hilfsprogramme. In der Region fürchtet man, dass weitere Kündigungen bei anderen Firmen folgen könnten.

So verzeichnete man beim Arbeitsmarktservice Bruck schon in den letzten Wochen extreme Zuwachsraten: Die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vorjahr ist mehr als doppelt so hoch. Dass in den letzten Tagen 1.000 weitere Jobs in der Region gestrichen wurden – zuerst bei ATB in Spielberg, am Mittwoch bei der Voest in Kapfenberg und Kindberg – merke man bereits, so Sigrid Lammer-Wurzer vom AMS Bruck/Mur.

Trotz der steigenden Zahl an Arbeitslosen gäbe es aber auch einen Facharbeitermangel: „Mit dem kämpfen wir. Wir wissen: Die Jugendlichen gehen uns aus. Die Lehrlingsausbildung wird ja bei der Voest Gott sei Dank nicht eingestellt und das ist sehr wichtig“, so Lammer-Wurzer. Dennoch weiß niemand, was noch kommt – ob weitere Betriebe Jobs abbauen. Die Befürchtungen sind groß: „Wenn die Voest schwächelt, schwächelt die Wirtschaft“, betont Lammer-Wurzer.

Unterstützung aus der Politik

Man werde Firmen und Arbeitnehmer nach Kräften unterstützen, so Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP): „Wir haben bereits vor Monaten eine Corona-Stiftung ins Leben gerufen und werden auch über unsere steirische Wirtschaftsförderung versuchen, mit anderen Unternehmen in der Region neue Stellen zu finden.“

Auch Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) verweist auf die Corona-Stiftung des Landes: „Wir haben 40 Millionen Euro, wo wir rasch reagieren und die Menschen hoffentlich durch Qualifizierung rasch wieder in eine Beschäftigung bringen können.“ Allerdings sei zu befürchten, dass die Talsohle noch nicht durchschritten ist.