Koralpe von oben
Kurt Stüwe / Ruedi Homberger
Kurt Stüwe / Ruedi Homberger
Politik

Projektwerber äußern sich zu UVP-Skandal

Nach dem Skandal rund um die Genehmigungen bei UVP-Verfahren könnten einige davon wieder aufgenommen werden. Der Projektwerber des Pumpspeicherkraftwerks Koralm schließt eine Genehmigung durch Bestechung aus, die Energie Steiermark befürchtet Verzögerungen.

Es geht um Amtsmissbrauch und Bestechung im großen Stil: Zwei Spitzenbeamte in der Landesabteilung für Umwelt- und Raumordnung sollen in den letzten Jahren die Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nahezu aller großen Bauprojekte unrechtmäßig genehmigt haben, weshalb nun die Staatsanwaltschaft gegen insgesamt vier Personen ermittelt – mehr dazu in UVP „auf Bestellung“: Staatsanwalt ermittelt.

Wiederaufnahme rein rechtlich denkbar

Die davon betroffenen UVP-Verfahren sind eigentlich abgeschlossen – rein rechtlich sei es grundsätzlich aber möglich, diese wieder aufzunehmen, sagt Verwaltungsrechtsexperte Christoph Bezemek von der Uni Graz: „Das Verfahrensrecht kennt eng umschriebene Wiederaufnahmeregeln: Eine davon ist, dass wenn ein Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder erschlichen wurde, dass ein solches Verfahren auf Antrag oder von Amtswegen wieder aufgenommen werden kann.“

Kommen die Ermittlungen also zu dem Schluss, dass die UVP-Bescheide der Landesabteilung nicht rechtmäßig zustande gekommen sind, könnte entweder die Behörde selbst oder eine der Verfahrensparteien eine Wiederaufnahme beantragen.

Volkswirtschaftliche Folgen zu bedenken

Ob diesem Antrag dann auch stattgegeben wird, sei allerdings keine leichte Entscheidung, so Bezemek: „Sie müssen ja damit rechnen, dass mit derartigen Projekten und mit der Realisierung derartiger Großprojekte enorme Kosten verbunden sind, dass volkswirtschaftlich damit enorme Folgen verbunden sind, und dass der Gesetzgeber – der Verfahrensgesetzgeber konkret – derartige Anordnungen keinesfalls leichtfertig vergeben kann.“ Den Wiederaufnahmeantrag genehmigen muss übrigens die Behörde – in diesem Fall ausgerechnet wieder die Landesabteilung für Umwelt und Raumordnung.

Pumpspeicherkraftwerk Koralm im Visier

Erst im September gab es grünes Licht für das jahrelang umstrittene Pumpspeicherkraftwerk auf der Koralm – mehr dazu in Grünes Licht für Koralm-Kraftwerk (9.9.2021). Eines von vier Projekten, die – laut Staatsanwaltschaft – nach einer anonymen Anzeige untersucht werden. Der Projektwerber des Pumpspeicherkraftwerks Koralm, Peter Masser, schließt am Mittwoch allerdings aus, dass sein Projekt durch Bestechung genehmigt wurde. Man habe alle notwendigen Unterlagen und Untersuchungen gebracht, heißt es.

UVP-Skandal: Wiederaufnahme wäre möglich

Nach dem Skandal rund um die Genehmigungen bei UVP-Verfahren stellt sich die Frage, ob einige davon wieder aufgenommen werden müssen. Rechtlich wäre das möglich, sagt ein Grazer Verfassungs- und Verwaltungsrechtsexperte.

Zusammenarbeit mit Behörde „normal“

Dem Vorwurf, dass alle betroffenen Projektwerber mit demselben Planungsbüro zusammenarbeiten würden, deren Leiterin in Verdacht steht, UVP-Genehmigungsbescheide für die zuständige Fachabteilung verfasst zu haben, hält Masser entgegen: „Verfahren kann man nicht lenken. Die Entscheidung liegt bei der Behörde. Wir können hier nur zuarbeiten und der verlängerte Arm des Projektwerbers ist das Planungsbüro. Aber das ist nichts Verwerfliches und normal, dass der Projektwerber mit der Behörde zusammenarbeitet.“

Energie Steiermark: Keine Verbindung zu Planungsbüro

Auch bei der Energie Steiermark heißt es, das man jegliche Form der Bestechung bei UVP-Verfahren „ausschließen“ könne. Man arbeite nicht mit dem verdächtigten Planungsbüro zusammen und die Verfahren seien transparent, betont Unternehmenssprecher Urs Harnik: „Der zweite Punkt ist, dass all diese Verfahren meistens in die zweite Instanz, nämlich nach Wien gehen, wo diese Verfahren neu aufgerollt werden, von Beginn an, von neuen Richtern, von neuen Experten bewertet werden und damit ist sichergestellt, dass jedes Argument und jeder Input auch tatsächlich auf den Tisch kommt und beleuchtet wird.“

„Verzögerungen“ bei laufenden Projekten befürchtet

Allerdings hofft man bei der Energie Steiermark, dass sich derzeit laufende Verfahren für Windparks durch die Ermittlungen nicht verzögern. „Wir fordern restlose Aufklärung, denn die Transparenz, die im Mittelpunkt der UVP-Verfahren stehe, muss sichergestellt sein. Aber wir fordern gleichzeitig, dass wir mit den Projekten, die jetzt kommen und behandelt werden, auch rasch weiterkommen.“ Konkret gehe es dabei laut Harnik um Projekte im Umfang von mehr als 250 Millionen Euro, „um einen großen Windpark auf der Soboth und auf der Freiländeralm.“

Die Personalabteilung des Landes prüft indes auch dienstrechtliche Konsequenzen gegen die Leiterin und einen Mitarbeiter der betroffenen Fachabteilung. UVP-Verfahren dürfen sie derzeit nicht führen.