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Religion

Pflichtzölibat bei Pfarrern umstritten

Die Diskussion um den Zölibat ist vor wenigen Tagen wieder aufgeflammt, weil ein Pfarrer aus Liebe zu einer Frau seine Ämter zurückgelegt hat. Allein ist er damit nicht: Rund 700 geweihte Priester sind österreichweit verheiratet – viele wünschen sich ein Ende des Pflichtzölibats.

Pfarrer Andreas Monschein aus Kindberg teilte vergangenen Sonntag in der Messe mit, aus dem Priesteramt auszuscheiden: Der 40-Jährige wolle kein Doppelleben führen oder Versteckspiel betreiben – deshalb will der Geistliche all seine kirchlichen Ämter niederlegen.

Priester ohne Amt

Österreichweit gibt es rund 700 verheiratete Priester. Sie dürfen ihren Beruf nicht ausüben. Wie Johann Chocholka aus St. Stefan im Rosental. 1959 wird der heute 88-Jährige zum Priester geweiht. Er folgt seiner Berufung, zweifelt aber von Beginn an am Zölibat. Er lernt seine heutige Frau Anna kennen, die er 1971 heiratet.

„Der Wunsch von Rom war, dass wir ja nicht an die Öffentlichkeit gehen, dass wir uns schön zurückziehen und nicht sagen, dass man Priester ist“, erzählt der Priester ohne Amt. Einfach war das anfangs nicht, ergänzt seine Frau Anna Chocholka: „Es kann nur die Frau schuld sein, das war halt so. Ich habe das schon so wahrgenommen, dass mein Mann in der Bevölkerung akzeptiert war, aber er halt Opfer meiner Verführungskunst war.“

Familie Chocholka
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Anna und Johann Chocholka haben 1971 geheiratet.

„Aufgaben eines Priesters besser gerecht werden“

Der Zölibat wurde erst im 12. Jahrhundert eingeführt – und das nur in der katholischen Westkirche. Mit einer Begründung, an der auch heute noch festgehalten wird, wie Kirchenrechtsexpertin Sabine Konrad von der Uni Graz erklärt: „Es hat etwas mit der Vollkommenheit zu tun. Dass man dem Amt und den Aufgaben des Priesters besser gerecht werden kann, wenn man ein eheloses Leben führt und sich besser auf den spirituellen Bereich konzentrieren kann.“

In der Evangelischen Kirche gibt es keinen Zölibat. Matthias Weigold ist Pfarrer in der Heilandskirche in Graz und Vater von vier leiblichen Kindern und einem Pflegekind: „Das war in der Evangelischen Kirche von Anfang an so, seit über 500 Jahren. Wir sind ja nicht Priester, sondern Pfarrer. Das bedeutet, wir sind nicht geweiht und somit Menschen wie alle anderen auch. Und wir leben wie alle anderen auch.“

Bibel Hand Pfarrer Kirche
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Nicht geweiht, sondern gewählt werden evangelische Pfarrer und Pfarrerinnen von ihrer Gemeinde. „Die Herausforderung Beruf und Familie in Balance zu bringen, stellt sich. Manchmal komme ich von einem Termin heim und die Kinder sagen mir, du bist zwar da, aber wo bist du mit deinen Gedanken? Aber das ist nicht speziell für den Pfarrberuf, das haben andere Menschen auch“, so Weigold.

„Priester sein und Ehe gehören zusammen“

Das Ehepaar Chocholka musste nach der Hochzeit St. Stefan im Rosental verlassen, wie es das Kirchenrecht auch heute noch vorsieht: „In der Regel ist es so, dass man zuerst einmal ein Verbot bekommt, in der Pfarre oder in der Diözese zu wirken für einige Jahre, um kein Ärgernis hervorzurufen“, so Sabine Konrad.

Nach vier Jahren kehrte Johann Chocholka als Religionslehrer zurück. Er bleibt geweihter Priester – ohne Amt. „Das war der einzige Wehrmutstropfen in meinem Leben, dass ich mein Priesteramt nicht in vollem Umfang ausüben durfte.“ Der Vater von fünf Kindern und Großvater von zehn Enkelkindern hofft auf ein Ende des Pflichtzölibats und will auch in seinen Büchern zeigen „dass Priester sein und Ehe zusammengehören. So wie es in der Urkirche der Fall war. Es bereichert das Priestertum ungemein, wenn wir wissen, was Liebe ist.“