Chronik

Herzpatient starb: Mediziner verurteilt

In Graz ist am Dienstag ein Herzchirurg wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Mediziner hatte im Jänner 2019 einen Patienten vor einer Herzoperation aus dem Spital entlassen – der Patient starb vier Tage später.

Angeklagt war der Mediziner wegen grob fahrlässiger Tötung, verurteilt wurde er letztlich am Dienstag wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe, weiters muss er der Familie ein Trauerschmerzengeld bezahlen. Der Patient war mit Verdacht auf Herzinfarkt in das Landeskrankenhaus Graz eingeliefert worden. Auf der Intensivstation war er nur ein paar Stunden, dann wurde er auf der Normalstation behandelt.

Der Oberarzt entschied, dass vor der Herzklappenoperation ein vereiterter Backenzahn entfernt werden müsse; dazu entließ er den Patienten, damit dieser einen Zahnarzt aufsuchen könne. Doch der 70-jährige starb vier Tage nach seiner Entlassung aus dem Spital, noch vor der Zahnbehandlung. Der Prozess gegen den Mediziner begann im Dezember des Vorjahres – mehr dazu in Patient starb: Herzchirurg fühlt sich nicht schuldig (20.12.21).

„Fatale Fehlentscheidung“

Bei der Fortsetzung der Verhandlung am Dienstag betonte der angeklagte Chirurg, der Mann „stand nicht zu einer Not-OP an“. Durch die Zahnbehandlung sollten „postoperative Komplikationen“ verhindert werden: „Dem Patienten war bewusst, dass der Zahn möglichst zeitnah gezogen werden musste“, war der Beschuldigte überzeugt. Der 70-Jährige wollte aber offenbar lieber eine Wurzelbehandlung statt einer Extraktion, dafür bekam er aber nicht sofort einen Termin. „Er wurde mit dem Auftrag entlassen, den Zahn behandeln zu lassen und dann sofort wieder zu kommen, das Bett wäre bereit gestanden“, betonte der Angeklagte.

Er hatte für die Zahnbehandlung ein Zeitfenster von 14 Tage vorgesehen: „Es gab keine Risikofaktoren, dass er in dieser Zeit eine Zahnextraktion nicht überstehen würde“, war der Arzt überzeugt. Die Staatsanwältin sprach von einer „fatalen Fehlentscheidung“.

Kein Termin auf überlaufener Zahnklinik

„Warum haben Sie nicht auf der Zahnklinik angerufen?“, wollte die Richterin wissen – dann hätte der Patient das Spital gar nicht verlassen müssen, sondern wäre gleich behandelt worden. „Das ist nicht Usus“, antwortete der Beschuldigte. Die Zahnklinik sei überlaufen, da hätte der Mann noch länger auf einen Termin warten müssen. Den medizinischen Sachverständigen interessierte, wieso die Werte nicht engmaschiger überprüft wurden. „Das kann ich nicht sagen“, antwortete der Arzt.

21.600 Euro Geldstrafe und Trauerschmerzengeld

Die Werte seien zwar hoch gewesen, so der Befragte, aber der Allgemeinzustand des Patienten habe sich deutlich gebessert. „Wir sind keine Labortherapeuten, wir müssen auch den Patienten anschauen“, rechtfertigte er sich. Eine Oberärztin, die als Zeugin geladen war, gab zur angeordneten Zahnbehandlung an: „Bei Klappeneingriffen ist es wichtig, dass mögliche Infektionsherde ausgeschaltet werden“, sagte die Oberärztin.

Dienstagnachmittag wurde der Mediziner wegen fahrlässiger Tötung schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von 21.600 Euro verurteilt; zudem muss er der Familie ein Trauerschmerzengeld von 1.000 Euro zahlen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.