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Long-Covid: Keine Entwarnung, großer Bedarf

Während sich die CoV-Situation in den Spitälern wieder entspannt hat, kann in puncto Langzeitfolgen noch keine Entwarnung gegeben werden: Der Therapie-Bedarf ist weiter groß, denn offenbar schützen auch leichte Verläufe nicht vor Long-Covid.

Jeder zehnte am Coronavirus Infizierte leidet laut Experten am Phänomen Long-Covid. Die Betroffenen kämpfen sich nur langsam zurück zu ihrer alten Leistungsfähigkeit: Abgeschlagenheit, Erschöpfung und psychische Belastung sind nur einige der möglichen Folgen einer Infektion.

Vielzahl an Symptomen erschwert Diagnose

Die Anlaufstellen für Betroffene sind überschaubar – mehr dazu in Kaum Hilfe für „Long Covid“-Patienten (12.1.2022) sowie in Zwei Anlaufstellen für Long-Covid-Patienten (27.4.2021).

Long Covid: Erste Therapieansätze

Jeder zehnte CoV-Infizierte kämpft nach der Genesung noch wochen- oder monatelang mit Beschwerden. Medikamente gibt es noch nicht, aber erste Therapieansätze.

Wer länger als zwölf Wochen Beschwerden hat, findet etwa in der Long-Covid-Ambulanz im LKH Enzenbach eine Anlaufstelle – die Diagnose ist allerdings nicht einfach, schildert die ärztliche Leiterin Eveline Kink: „Wir kennen über 40 Symptome, die Long-Covid zugeordnet werden können. Es ist so schwer greifbar, weil wir nicht eine Computertomographie, ein Labor oder einen Röntgenbefund machen können und dann sagen ‚Ja, das muss es sein‘, sondern wir müssen andere Ursachen ausschließen.“

Gefahr der „Überforderung“

Medikamente gegen Long-Covid gibt es vorerst noch keine, zumindest aber Therapieansätze wie etwa das sogenannte Pacing, das langsame Trainieren unter Anleitung, das nicht über die Leistungsgrenze hinaus geht. Laut Waltraud Bitterlich, der ärztlichen Leiterin in der psychiatrischen Rehabilitation in St. Lambrecht, gehe es dabei darum, „einerseits nicht am Gras zu ziehen, damit es schneller wächst, andererseits sich aber auch nicht eine Käseglocke drüber zu stülpen und in die totale Schonung zu gehen.“

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Bernd Vogels ist in der Einrichtung Psychotherapeut und bringt die damit verbundene psychische Problematik der Betroffenen auf den Punkt: „Gerade bei Long-Covid-Patienten ist das Problem, dass sie im Gegensatz zur depressiven Symptomatik Acht geben müssen, dass sie sich nicht überfordern.“

Milder Verlauf schützt nicht vor Langzeitfolgen

Wie sich die aktuelle Omikron-Welle auf Long-Covid auswirken wird, sei noch schwer abzuschätzen, sagt der ärztliche Leiter Florian Iberer, der vor 14 Monaten aus der Pension ins LKH Hörgas zurückgekehrt ist. Seine Erfahrungen würden aber zeigen, dass ein milder Verlauf keineswegs vor Long-Covid schütze: „Da gibt es keine Hinweise, wer Long-Covid bekommen wird oder nicht, das ist wie ein Würfelspiel. Wenn man davon ausgeht, dass wieder zehn Prozent der Omikron-Infizierten Long-Covid kriegen, dann werden wir eine Unzahl davon haben.“

Rufe nach mehr Angeboten werden lauter

Die Rufe nach mehr Angeboten werden daher lauter. Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) plant bereits eigene Expertenzentren, von der Pensionsversicherungsanstalt heißt es dagegen, dass fünf eigene Reha-Zentren und 20 Vertragspartner wie etwa Bad Gleichenberg derzeit reichen würden – aufgestockt werde bei Bedarf.

Dieser sei jedenfalls gegeben, ist Iberer überzeugt, weshalb er sich nicht nur für eigene Reha-Zentren, sondern dringend auch für die Weiterführung des LKH Hörgas als Long-Covid-Spital ausspricht: „Ich glaube, dass man für eine Krankheit auch ein Spital braucht – das muss erforscht werden, man muss neue Medikamente einsetzen können, man muss auch versuchen, mit experimenteller Therapie Leute gesund zu machen.“