Ein kleines Mädchen läuft an der Hand ihrer Mutter über einen Gehweg
APA/dpa
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Chronik

Überforderte Eltern: Hilfesuche oft zu spät

Die genauen Hintergründe im Fall eines Grazer Babys, das von seiner Mutter zu Tode geschüttelt worden sein soll, sind zwar noch unklar – überforderten Eltern raten Experten aus diesem Anlass aber einmal mehr, sich rechtzeitig helfen zu lassen.

Am Dienstag war bekannt geworden, dass ein erst zehn Monate altes Baby in Graz von seiner Mutter zu Tode geschüttelt worden sein dürfte – das zumindest lässt der Obduktionsbericht vermuten. Die Mutter des Babys selbst ist nicht geständig, sie wurde in die Justizanstalt Graz-Jakomini eingeliefert – mehr dazu in Baby nach Schütteln gestorben: Mutter in Haft.

Baby nach Schütteln gestorben

In Graz steht eine Frau im Verdacht ihr zehn Monate altes Baby durch Schütteln getötet zu haben. Das Kind wurde nach einem angeblichen Herzstillstand ins Spital gebracht, wo es gestorben ist. Die 25-Jährige ist nicht geständig.

Überforderung „oft mit Scham besetzt“

Im konkreten Fall könnte eine psychische Erkrankung der Mutter die Tat ausgelöst haben, die Ermittlungen dazu laufen noch. Oft sind Eltern in solchen Fällen aber schlichtweg überlastet – etwa durch Schlafmangel, sagt der Psyschologe Dominik Paleczek vom Familienkompetenzzentrum Graz. Professionelle Hilfe würden die Betroffenen aber kaum, und wenn, dann meist zu spät suchen: „Die Überforderung ist oft mit Scham besetzt, das ist der Grund, warum sich Menschen so spät an uns wenden. Das sollte nicht sein, denn je früher man den Einstieg findet, desto leichter können Familien selbst einen Weg finden, eine Veränderung zu schaffen.“

15 Beratungsstellen allein in Graz

Entsprechende Anlaufstellen gibt es überall in der Steiermark – allein die Stadt Graz betreibt 15 Elternberatungsstellen, erklärt die Medizinerin Ines Pamperl, Leiterin des Ärztlichen Dienstes im Amt für Jugend und Familie. 1.900 Kinder werden in den Grazer Beratungsstellen jährlich betreut, meist würden Eltern mit Kleinkindern im Alter von bis zu zwei Jahren Hilfe brauchen, oft würden aber auch Großeltern oder Verwandte kommen, weil junge Eltern die Überforderung nicht erkennen.

Unterstützt werden die betroffenen Eltern schließlich von Fachkräften aus verschiedenen Bereichen, erklärt Pamperl: „In jeder Elternberatungsstelle ist eine Ärztin vor Ort, zusätzlich gibt es Sozialarbeiterinnen, es gibt psychologische Unterstützung, es gibt auch Zusatzangebote und alle Angebote sind kostenlos.“ Diese Elternberatungsstellen können auch einen Dolmetscher hinzuziehen.

24-Stunden-Hilfe auch in den Regionen

Telefonische Hilfe gibt es 24 Stunden täglich und 365 Tage im Jahr über die Hotline des Jugendamtes, bei Notfällen stehen rund um die Uhr auch die klinischen Psychologen und Psychotherapeuten in der Ambulanz der Kinderklinik zur Verfügung.

Außerhalb von Graz bieten die Bezirkshauptmannschaften und die SozialarbeiterInnen des Landes rund um die Uhr Hilfe an. Dort können betroffene Eltern nicht nur um Hilfe bitten, auch Außenstehende können anonym über Eskalationen berichten. Eine Bezirkskarte inklusiver aller Kontakte in der Steiermark findet sich auf der Homepage der Elternberatung des Landes.