Rathaus Graz
ORF
ORF
Politik

KPÖ in Graz: Keine großen Veränderungen

Ein Jahr nach dem Sieg der KPÖ bei der Grazer Gemeinderatswahl seien große Veränderungen ausgeblieben, sagen Beobachter. Mit der Koalition aus KPÖ, Grünen und der SPÖ weht aber dennoch ein neuer Wind im Grazer Rathaus.

Es war ein Erdrutschsieg, der die KPÖ in Graz vor einem Jahr, am 26. September 2021, an die Spitze der Grazer Stadtregierung gebracht hat. Seit 17. November 2021 ist Elke Kahr erste kommunistische Bürgermeisterin Österreichs und hat Langzeitbürgermeister Siegfried Nagl abgelöst. Umfragen zur Beliebtheit der neuen Stadtregierung liegen noch nicht vor, fest steht aber – laut politischen Beobachtern – dass die ganz großen Veränderungen ausgeblieben sind.

Vieles auf lokaler Ebene nicht umsetzbar

Die von vielen befürchtete kommunistische Revolution sei ebenso ausgeblieben wie ein ganz großer Wurf, zieht Katrin Praprotnik, Politikwissenschafterin an der Karl Franzens Univerität Graz, Bilanz ein Jahr nach dem KPÖ Wahlerfolg. Der Gestaltungsspielraum sei dafür gering: „Viele einschneidende Maßnahmen, beispielsweise ins Wirtschaftssystem, bräuchten auch große bundespolitische Zustimmung oder gleiches auch bei der Forderung nach einer Reichenbesteuerung. Das sind Dinge, die das System massiv verändern würden, die aber rein auf lokaler Ebene nicht umzusetzen sind.“

„Wichtige Impulse für Wirtschaft ausgeblieben“

Stefan Stolitzka, der Präsident der Industriellenvereinigung, vermisst wichtige Impulse für den Wirtschafts- und Industriestandort Graz, der von der aktuellen Stadtregierung nicht weiterentwickelt werde: „Es ist sozusagen nach außen hin nichts passiert, damit passiert aber auch viel, weil man zurückfallen kann. Es gibt ja keine klare Strategie für den Standort Industrie zum Beispiel. Die Industrie ist überhaupt nicht erwähnt worden. Unter den aktuellen weltweiten Bedingungen ist die Situation schon sehr schwierig geworden und Graz hat dafür in der neuen Regierung kein Programm.“

„Graz ist sozialer geworden“

Rasch umgesetzt wurden Entlastungen für Menschen, die von Armut betroffen sind, so Caritas Direktorin Nora Tödtling-Musenbichler. Egal, ob leichterer Zugang zu Sozialwohnungen, Ausweitung der Sozialcard oder andere Hilfestellungen. Graz sei noch ein stückweit sozialer geworden: „Das ist spürbar, das ist hörbar auch von Menschen, die ganz schnell Hilfe bekommen, auch direkt im Bürgermeisterinnenamt. Ich sage, Graz war sozial, Graz ist sozial und jetzt gibt es noch einmal einen massiven Schwerpunkt, der unsere Arbeit auch erleichtert.“

Der soziale und klimafreundliche Schwerpunkt sei jedenfalls als eigene Handschrift der neuen Rathauskoalition auszumachen, sagt auch Politikwissenschafterin Katrin Praprotnik, bei gleichzeitigen Kürzungen der Repräsentationsausgaben, Öffentlichkeitsarbeit und Klubförderungen.

Bei der KPÖ selbst sieht man es als positives Zeichen, dass Befürchtungen aus dem Vorfeld nicht eingetreten seien, so Bürgermeisterin Elke Kahr – mehr dazu in Kahr: „Befürchtungen nicht eingetreten“ (24.9.2022).