Bildung

Unibudget: Tausende protestierten in Graz

Eine Woche nach der Technischen Universität (TU) Wien sind am Dienstag die fünf steirischen Universitäten aus Protest gegen die ihrer Ansicht nach zu geringe Erhöhung des Universitätsbudgets auf die Straße gegangen. Mehrere tausend Menschen haben daran teilgenommen und mehr Geld für die Unis gefordert.

Seit Monaten machen die steirischen Unis auf ihre schlechte Finanzlage aufmerksam, die auf die Teuerung vor allem im Bereich Energie und höhere Personalkosten zurückzuführen ist. Alleine an der TU-Graz sollen 150 Kündigungen drohen, sollte der Bund nicht mehr Mittel zu Verfügung stellen – mehr dazu in 72 Millionen fehlen: TU-Graz in Budgetnot (10.11.2022).

Protestzug und Abschlusskundgebung bei Oper

Um auf diese Notlage aufmerksam zu machen, gab es am Dienstag Streiks und Protestaktionen von allen steirischen Universitäten. Dazu aufgerufen haben die Universität Graz, die TU Graz, die Kunstuniversität Graz, die Medizinuniversität Graz und die Montanuniversität Leoben. Vertreter der Montan-Uni Leoben und auch ÖH-Studenten-Vertreter unterstützen die Forderung nach mehr Geld für die steirischen Universitäten.

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Uni Graz Proteste Budget
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Uni Graz Proteste Budget
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Uni Graz Proteste Budget
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Uni Graz Proteste Budget
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Uni Demo Plakate
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Zu Mittag sind drei Protestzüge der einzelnen Einrichtungen in Richtung Grazer Oper aufgebrochen, wo um 13.00 Uhr die Abschlusskundgebung am Programm stand und die Rektoren von Uni Graz und TU Reden abhielten. Dem Rektor der Med-Uni, Helmut Samonigg geht es darum, aufzuzeigen, „dass diese enorm hohe Inflationsentwicklung, die wir jetzt erleben, einfach schlichtweg in den Budgets die wir mit dem Ministerium vereinbart haben, nicht abgebildet sind.“

Bis 5.000 Personen bei Protesten dabei

Die Polizei rechnete mit mindestens 1.000 Teilnehmern bei den Uni-Budget-Protesten, ersten Schätzungen zufolge waren es letztlich zwischen 4.000 und 5.000. Dadurch kam es auch zu Verkehrsbehinderungen, denn zwischen dem Grazer Glacis und dem Kaiser-Josef-Platz gab bis 14.00 Uhr Sperren. An den Unis selbst wurden am Dienstag auch Vorlesungen abgesagt – aus Protest und, um eine Teilnahme an der Protestkundgebung zu ermöglichen.

Proteste gegen das Uni-Budget

Auf Plakaten wurde der Unmut kundgetan

Erste Konsequenzen bereits Realität

Erste Konsequenzen des Geldmangels seien bereits in den Hörsälen zu spüren, sagt eine Teilnehmerin: „Es ist eine Frechheit, dass wir in kalten Räumen sitzen müssen“, Sarah Rossmann, Vorsitzende der österreichischen Hochschülerschaft in Graz, meint, dass es auch wieder zu „Distance Learning“ kommen könnte.

Der Rektor der Karl-Franzens-Uni, Peter Riedler befürchtet vor allem, „dass wir weniger Personal haben werden, Nachwuchsstellen nicht anbieten können und auch Schlüsselpositionen, Professuren nicht besetzt werden können. Das ist ein sehr reales Szenario, zumal wir 70 Prozent unseres Budgets für Personal ausgeben.“

Weitere 1,2 Milliarden Euro gefordert

Aufgrund der zu erwartenden Preissteigerungen vor allem bei Energie, Mieten und Personal hatten die Unis für 2023 und 2024 zuletzt zusätzliche 1,2 Milliarden Euro gefordert. Im Budget bzw. im Finanzrahmen ist derzeit aber nur ein Plus von 500 Millionen Euro vorgesehen.

Protestzug durch die Innenstadt

Der Protestzug ging bis zur Grazer Oper, wo schließlich auch die Abschlusskundgebung stattfand.

Als Reaktion darauf haben in den vergangenen Wochen zahlreiche Unis diverse Einsparungspläne angekündigt bzw. schon umgesetzt. Unter anderem wurden Ausschreibungen bzw. Nachbesetzungen gestoppt, Investitionen zurückgefahren und Energiesparmaßnahmen gesetzt. Die TU Wien bereitet sogar eine Schließung von Mitte Dezember bis Mitte Jänner vor, also rund um die Weihnachtsferien – mehr dazu in TU-Rektorin warnt vor Zahlungsunfähigkeit (science.ORF.at; 7.11.2022).

Allein an der Med-Uni Graz drohe eine Budgetlücke von bis zu 45 Millionen Euro in den nächsten zwei Jahren. Von Seiten des Bildungsministeriums ist aber nur eine zusätzliche Finanzierung von gesamt 500 Millionen für alle Universitäten in Österreich vorgesehen und das sei viel zu wenig, sagt Med-Uni-Rektor Samonigg. Dem Bildungsministerium müsse daher klar sein, „dass dies, sollte das eintreten, zu massiven Beeinträchtigungen natürlich in der Lehre, natürlich in der Forschung, aber auch – durch die Beteiligung der medizinischen Universität an der Krankenversorgung – im Bereich der ärztlichen Versorgung führen wird.“

Minister schätzt Mehrbedarf geringer ein

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) dagegen hatte Ende der Vorwoche den Zusatzbedarf der Unis als geringer eingeschätzt. Für die Summe von 1,2 Milliarden Euro hätten diese „keine konkreten Belege“ vorgelegt. Er rechnete mit einem Mehrbedarf von 800 Millionen Euro – die Differenz zu den zugesagten 500 Millionen könnten durch Einsparungen und die Auflösung von Rücklagen bedeckt werden.

Nachbesserung „noch immer zu wenig“

Am Dienstag gab der Bildungsminister bekannt, dass die Universitäten für 2023 nochmals 150 Millionen Euro mehr vom Bund bekommen, und zwar aus den Rücklagen des Wissenschaftsministeriums. Insgesamt sollen damit im kommenden Jahr 400 Mio. Euro an Teuerungsausgleich zur Verfügung stehen. Beschlossen werden soll dies mittels Abänderungsantrag zum Bundesbudget, das diese Woche im Nationalrat behandelt wird. "Damit sollten die Unis nächstes Jahr „gut auskommen“, meinte der Wissenschaftsminister – mehr dazu in Polaschek: Unis bekommen 150 Mio. Euro mehr (news.ORF.at).

Selbst diese Nachbesserung sei noch immer zu wenig, ist Riedler überzeugt, denn fix vereinbarte Budgets, die bis 2024 ausgemacht wurden, seien durch die Teuerung längst überholt: „Wir liegen derzeit in ganz anderen Dimensionen, allein der Gehaltsabschluss wird deutlich darüber liegen und das kann sich gar nicht ausgehen.“

„Feuer am Dach“ der Unis

Rückendeckung für die Unis kommt von NEOS in der Steiermark, sagt Klubobmann und Bildungsssprecher Niko Swatek: “Wenn Wissenschaftler vor der Kündigung stehen und die Unis zusperren müssen, ist wirklich Feuer am Dach. Das jahrelange Kaputtsparen der steirischen Unis muss beendet werden. Sonst gefährden wir die Zukunft der Steiermark." Deshalb müsse auch beim Universitätsbudget nachgebessert werden, so Swatek, gefordert wird einmal mehr eine Uni-Milliarde.

Auch die steirische KPÖ solidarisierte sich mit den Protesten. „Die Bundesregierung pumpt in den nächsten vier Jahren 16 Milliarden Euro ins Heer und stellt den Unternehmen 1,3 Milliarden Euro Energiekostenzuschuss zur Verfügung. Währenddessen müssen sich erste Universitäten wegen akuter Budgetnot bereits darauf vorbereiten, den Winter über zeitweise zuzusperren. Wir stellen uns gegen diese völlig verfehlte Hochschulpolitik von ÖVP und Grünen und fordern die vollständige Ausfinanzierung unserer Universitäten“, so Parmida Dianat vom Kommunistischen Studierendenverband (KSV-KJÖ).