Leeres Spitalsbett, Krankenhaus Speising
ORF.at/Birgit Hajek
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Gesundheit

LKH Graz: Jedes sechste Bett bereits gesperrt

Akuter Personalmangel und gesperrte Betten sind in mehreren Bundesländern trauriger und potenziell lebensgefährlicher Alltag. Am LKH Graz etwa ist bereits jedes sechste Bett gesperrt. Zumindest gibt es für das steirische Spitalspersonal nun Aussicht auf ein besseres Gehalt.

Erst Anfang März hieß es, dass mehr als 600 freie Betten in den Abteilungen der KAGes-Spitäler gesperrt seien oder noch gesperrt werden müssten, was auch längere Wartezeiten mit sich bringe – mehr dazu in Gesundheitssystem wird zum Patienten 10.3.2023). Allein am LKH Graz sei mittlerweile jedes sechste Bett aus Personalmangel gesperrt, bestätigte Michael Tripolt, Betriebsratsvorsitzender am Universitätsklinikum Graz und Zentralbetriebsratschef der steirischen Landeskrankenhäuser, im Ö1-Frühjournal.

Arbeitslast mache Job unattraktiv

Das hat laut Tripolt direkte Auswirkungen auf die Versorgung und auf die Patientenschaft, während die Arbeitsbelastung sehr hoch bleibt: „Weil die Kolleginnen und Kollegen fehlen, und das führt dazu, dass die Kollegen viel mehr in kürzerer Zeit arbeiten müssen, als das bei vollem Personalstand der Fall wäre. Ein weiteres Problem ist: Wir haben die Belagsdauer reduziert. Wir behandeln jetzt mehr Patienten als früher, aber in viel kürzerer Zeit. Es muss aber eigentlich die gleiche Leistung vollbracht werden, auch das führt zu einer eklatanten Steigerung der Arbeitslast und macht den Job unattraktiv.“

Gehaltsverhandlungen seit dieser Woche

In der Folge würde noch mehr Personal davonlaufen, prophezeite der KAGes-Betriebsrat. Daher sei es wichtig, die verbliebenen Kolleginnen und Kollegen zu halten und die Rahmenbedingungen zu verbessern: „Die Leute rennen davon, weil ihnen zu wenig oft Wertschätzung entgegengebracht wird, weil die Arbeitsbelastung hoch ist und eben weil das Gehalt inzwischen im Vergleich auch zu den Nachbarbundesländern nicht mehr passt. Da sind wir aber dabei, nachzujustieren.“ Die entsprechenden Verhandlungen haben laut Tripolt diese Woche begonnen.

Verheerende Zustände zeigte auch die jüngste Gefährdungsanzeige aus der Notaufnahme der Klinik Ottakring auf, wo 200 Betten wegen Personalmangels gesperrt sind – mehr dazu in Ärztemangel in Klinik Ottakring (wien.ORF.at; 18.4.2023).

Mehr Geld allein löse Problem nicht

Auch Hellmut Samonigg, Rektor der MedUni Graz, verfolgt diese Entwicklungen mit Sorge; überraschend sei sie aber nicht, sagte er im Ö1-Interview: „Das ist kein Zustand, den wir erst seit gestern haben, der hat sich bereits seit Herbst 2021 entwickelt, und wir sind in einer Situation, die tatsächlich in einzelnen Bereichen besorgniserregend ist; und was besonders irritierend ist, dass diese Abwärtsspirale nach wie vor nicht unterbrochen ist.“ Akut kann diese Situation laut Samonigg nicht gelöst werden, vielmehr geht es darum, die Situation nicht weiter zu verschlimmern.

Ein höheres Gehalt allein würde das Problem laut Samonigg aber nicht lösen können: „Wer glaubt, wir schütten da einfach mehr Geld hinein und lösen damit das Problem, das stimmt nicht. Aber natürlich – im Pflegebereich gibt es hier dringend notwendige Maßnahmen, auch finanzielle, um die Attraktivität des Arbeitgebers zu verbessern.“

Ärzte nicht dort, wo sie gebraucht werden

Generell sieht Samonigg in der Steiermark aber keinen Ärztemangel: „Nicht die Zahl der Ärzte ist das Problem, sondern dass sie nicht dort sind, wo sie gebraucht werden.“ Die Lösung liegt laut Samonigg daher eher in einer strukturellen Änderung: „Aus meiner Sicht ist es, um hier mittelfristig eine Verbesserung zu erzeugen, notwendig, dass alle an einen Tisch kommen und man sich die Versorgungssituation im niedergelassenen Bereich mindestens genauso intensiv anschaut wie im Spitalsbereich.“ Vor allem die Patientenströme müssten geregelt werden: „Dass jeder Patient sich drei, vier, fünf Ärzte aussucht, wo er mit ein und derselben Erkrankungen hingeht – das sind die Dinge, die das System enorm belasten und die Tatsache, dass Spitalsambulanzen überlastet sind, weil der niedergelassene Bereich zu wenig offene Arztordinationen hat.“