Fundstücke Lager Liebenau
APA/R. POSSERT
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Chronik

Lager Liebenau: Überreste im Museum

Bei einer gezielten archäologischen Grabung auf dem Areal des ehemaligen NS-Zwangsarbeiterlagers Liebenau sind im August 2022 zahlreiche Überreste wie Brillenbügel, Kämme und Schuhsohlen gefunden worden – nun wurden diese dem GrazMuseum übergeben.

Während der NS-Zeit wurden im Zwangsarbeiterlager Graz-Liebenau bis zu 5.000 Insassen gefangen gehalten; viele kamen ums Leben. 1947 wurden mehr als 50 Personen, die dort starben, exhumiert, weitere werden dort vermutet. Im August 2022 fanden auf Initiative der Gedenkinitiative Graz-Liebenau auf dem Areal Grabungen statt – mehr dazu in Neue Funde im Lager Liebenau (8.8.2022).

Gefunden wurden rund 150 Reste von Frauen- und Männerschuhen, deren genagelte oder genähte Sohlen fast durchgetreten sind, ein rosa Frauenschuh, handgeschnitzte Kämme, Brillenbügel, Porzellanfragmente mit Stempeln, Besteck, vielfältige Knöpfe, Medizinfläschchen, Salbentuben, Phiolen und Glasflaschen unterschiedlichster Herkunft. Die Archäologen stießen auf diverse Hinterlassenschaften von Lagerinsassen verschiedenster Nationalitäten – diese werden beispielsweise den Opfern des Todesmarsches ungarischer Juden und den Lagerinsassen zugeordnet.

Übergabe an das GrazMuseum

Am Donnerstag wurden die Funde in mehr als 60 Plastikboxen dem GrazMuseum übergeben – die Abteilung Stadtarchäologie wird die weitere Konservierung, Archivierung und wissenschaftliche Bearbeitung durchführen.

Fundstücke Lager Liebenau
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Zahlreiche Überreste wurden am Donnerstag an das GrazMuseum übergeben

Am Areal, auf dem sich während der NS-Zeit 190 Baracken für verschleppte Zwangsarbeiter befunden haben und Menschen zu Tode gekommen sind, befinden sich heute Wohnbauten, Grünflächen, Schrebergärten und ein Kindergarten. Der Bereich wurde 2015 vom Bundesdenkmalamt als „Bodenfundstätte“ definiert – seitdem mussten sämtliche Bautätigkeiten archäologisch begleitet werden, unverbaute Stellen blieben jedoch unerforscht.

Gedenken an Opfer des Todesmarsches

Die Grazer Gedenkinitiative Graz-Liebenau und der Allgemeinmediziner und Psychotherapeut Rainer Possert versuchten, mehr Licht ins Dunkel der Vergangenheit zu bringen. Im Sommer 2022 konnte erstmals eine proaktive Forschungsgrabung in eine Tiefe bis zu zwei Metern durchgeführt werden; die finanzielle Unterstützung dazu kam von Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) als auch vom Finanzressort der Stadt.

Am 16. Mai findet im Gedenken an die in Graz ermordeten hunderten Opfer des Todesmarsches ungarischer Jüdinnen und Juden und die NS-Opfer im Lager Liebenau eine Gedenkfeier im Jugendzentrum Grünanger statt. In diesem Rahmen werden auch Vorträge zu den Grabungen zu hören sein.