Gericht

Tödlicher Streit bei Imbissstand: Prozess vertagt

Am Grazer Straflandesgericht musste sich am Mittwoch ein 55-Jähriger wegen Mordes verantworten. Der Tschetschene soll an einem Imbissstand im Grazer Volksgarten einen Weißrussen nach einem Streit erstochen haben. Der Angeklagte sprach vor Gericht von Notwehr. Der Prozess wurde vertagt.

Der 55-Jährige und das 31 Jahre alte Opfer waren im Juli des Vorjahres vor einem Imbissstand im Grazer Volksgarten in eine heftige Auseinandersetzung geraten. Der Angeklagte soll im Zuge dieses Streits ein Messer gezückt und es dem Weißrussen in den Bauch gerammt haben – mehr dazu auch in Mann nach Messerstich in Lebensgefahr (29.7.2022).

Verletzter starb im Krankenhaus

Wochenlang hatten die Ärztinnen und Ärzte am LKH Graz um das Leben des Mannes gekämpft, doch er wachte nicht mehr aus dem Koma auf und erlag letztlich seinen schweren Verletzungen – mehr dazu in Nach Streit bei Grazer Imbissstand: Opfer verstorben (2.9.2022).

Der 55-Jährige, der nach der Tat zunächst geflüchtet war, konnte an seiner Wohnadresse festgenommen werden. Der Tschetschene gab an, zuerst von dem 31-Jährigen attackiert worden zu sein und ein auf einem Tisch liegendes Jausenmesser ergriffen zu haben, um diesen Angriff abzuwehren. Eine Tötungsabsicht leugnete er – mehr dazu auch in Messerstecherei: 55-Jähriger festgenommen (30.7.2022).

Angeklagter: „Er ist ins Messer gefallen“

Seit Mittwoch muss sich der 55-Jährige nun wegen Mordes vor einem Geschworenengericht verantworten. Auch am ersten Verhandlungstag gab der Mann an, sich „nicht schuldig“ zu fühlen und sprach von Notwehr.

Schwurgerichtssaal am Grazer Straflandesgericht
ORF
Der Angeklagte vor dem Geschworenengericht in Graz

„Natürlich tut es mir leid, dass das Opfer gestorben ist, aber ich fühle mich nicht schuldig“, betonte der Mann. Er habe den 31-Jährigen mit dem Messer nur stoppen wollen, aber „er ist ins Messer gefallen“, sagte der Tschetschene vor Gericht. Befragt, wohin der Stich gegangen war, deutete er vage auf den Bauchbereich. „Der Stich ist ins Herz gegangen, der Herzbeutel wurde geöffnet“, berichtigte der Vorsitzende.

Staatsanwalt geht von Tötungsabsicht aus

Der Staatsanwalt beschrieb die Situation etwas anders als der Beschuldigte: „Er ging mit dem Messer in der Hand einen Schritt auf ihn zu und stach ihm in den Oberkörper.“ Weiters war der Ankläger überzeugt, dass „ein so wuchtiger Stich mit Tötungsabsicht gesetzt wird“. „Ich war betrunken, und er war unter Drogen“, rechtfertigte sich der Angeklagte – er gab an, acht Dosen Bier getrunken zu haben, außerdem stand er zu dieser Zeit „unter Stress“.

Nach der Tat warf er das Messer in einen Springbrunnen und ging nach Hause. Die Polizei fand zwei Messer im Brunnen, doch der Angeklagte erkannte keines davon als Tatwaffe wieder. „Das scheint ein beliebter Ablageplatz zu sein“, stellte der Richter fest.

Gutachter bescheinigte Zurechnungsfähigkeit

Der psychiatrische Sachverständige bescheinigte dem Tschetschenen, dass er zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig gewesen sei. Er leide allerdings an einer Persönlichkeitsstörung mit dissozialem Anteil, außerdem wirke sich der Suchtmittelmissbrauch aus. Der Gutachter stufte den 56-Jährigen als gefährlich ein und befürwortete eine Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum. Da einige Zeugen nicht erschienen waren, vertagte der Richter die Verhandlung. Fortgesetzt wird voraussichtlich am 19. Juli.