Pfarrer Pucher
APA/HELMUT FOHRINGER
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Religion

Grazer Armenpfarrer Pucher im Urlaub gestorben

Der Grazer Armenpfarrer Wolfgang Pucher ist am Mittwoch nach einem medizinischen Notfall im Urlaub in Kroatien im 85. Lebensjahr gestorben. Der „Rebell der Nächstenliebe“ setzte sich jahrzehntelang für obdachlose In- und Ausländer ein.

Der über die Grenzen seiner Heimatstadt Graz bekannte Lazaristenpater wurde für sein soziales Engagement vielfach ausgezeichnet und wurde in der Gemeinde „Vinzi-Pfarrer“ genannt: Seit 1990 widmeten sich er und sein Team Alkohol- und Drogenabhängigen, Bettlern und „jenen, die sich ansonsten nirgendwohin wenden können“. Die von ihm gegründete „Vinzenzgemeinschaft Eggenberg – VinziWerke“ betreibt Einrichtungen wie „VinziDorf“, „VinziNest", VinziBus“ und „VinziShops“ in Graz, Wien, Salzburg und in Hostice (Slowakei).

TV-Hinweis

In memoriam Wolfgang Pucher ändert ORF2 am Sonntag sein Programm und sendet ab 9.05 Uhr „Der rebellische Pfarrer“ – mehr dazu in tv.ORF.at.

Die Initialzündung sei vor über 50 Jahren erfolgt, als er damals Pfarrer in Graz-St. Vinzenz wurde – und mit einem „Slum“ in der sonst so pittoresken steirischen Landeshauptstadt konfrontiert gewesen sei: Sein Hauptaugenmerk galt der „Delogiertensiedlung“ in der damaligen – heute namenlosen – Heßgasse, wo in vier Häusern 800 Menschen, davon 200 Kinder, ohne Dusche, ohne Waschmaschine und ohne Telefonanschluss unter heute unvorstellbaren Umständen lebten.

Weit mehr als Worte

Arbeitslosigkeit, Alkohol, Gewalt und Polizeieinsätze gehörten zum Alltag in dieser mit einem „Schandzaun“ von der übrigen Stadt abgetrennten „Hölle von Graz“, wie Pucher vor einigen Jahren in einem Interview berichtete – genau hier werde er gebraucht, denn das Evangelium richte sich zuallererst an die Armen, so die damalige Einsicht des jungen Pfarrers.

Sein priesterliches Wirken umfasste nie nur schöne Verkündigungsworte, sondern handfeste, konkrete Nothilfe – auch später, als er sich Obdachloser und Roma-Bettler annahm. In der immer noch von sozial benachteiligten Grazern bewohnten Siedlung feierte Pucher alljährlich eine vorweihnachtliche Messe – für ihn der „höchste Gottesdienst zu Weihnachten“.

Über die Grenzen hinaus tätig

Ein besonderes Anliegen waren Pucher auch die Roma aus dem slowakischen Hostice, die bettelnd nach Graz kommen. Nach Vorwürfen, er würde sie „importieren“, startete er das Projekt „VinziPasta“, eine Nudelmanufaktur in Hostice, bei dem die Frauen des Ortes zu Hause Geld verdienen. Für Aufsehen sorgte auch sein Widerstand, als das Land Steiermark im Jahr 2011 ein Bettelverbot erließ: Pucher ließ sich selbst anzeigen und unterstützte andere Angezeigte, bis 2013 das Verbot vom Verfassungsgerichtshof gekippt wurde.

Zahlreiche Projekte

Pucher wurde am 31. März 1939 in Hausmannstätten bei Graz als Kind einer armen Handwerkerfamilie geboren. Nach der Matura 1958 trat er in die Grazer Lazaristenkongregation ein und wurde 1963 zum Priester geweiht. Nach einer Zeit als Kaplan und Erzieher war Pucher von 1969 bis 1973 am österreichischen St.-Georgs-Kolleg in Istanbul tätig.

Seit 1973 war er Pfarrer in Graz-St. Vinzenz. 1990 entstand die Jugend-Vinzenzgemeinschaft Eggenberg, 1991 startete Pucher mit dem „VinziBus“, der jeden Abend Lebensmittelspenden an Bedürftige verteilt. 1993 folgte in Graz-St. Leonhard das „VinziDorf“, wo obdachlose Menschen eine Heimstatt in Baucontainern fanden; ähnliche Initiativen in Grazer Bezirken und anderen österreichischen Städten folgten.

Pfarrer Pucher
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Nachdem er 2012 im Essl Museum Klosterneuburg mit dem Essl Social Prize für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde, verwendete er das Preisgeld von einer Million Euro für eine innovative Form der Wohnbetreuung Obdachloser in der Stadt Salzburg. 2015 erhielt er das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.

„Menschen in Not abholen, wo sie gerade stehen“

Er lege keinen Wert auf jegliche Formen von „Heiligsprechung“, sagte er noch zu seinem 80. Geburtstag: Er sei ein Mensch mit vielen Schwächen. Sein und das Anliegen der Vinzenzgemeinschaft sei es, „Menschen in ihrer Not aufzuspüren und sie dort abzuholen, wo sie gerade in ihrem Leben stehen und Hilfe benötigen“.

Grazer Armenpfarrer Pucher verstorben

Der Grazer Armenpfarrer Wolfgang Pucher ist am Mittwoch im 85. Lebensjahr gestorben. Pucher war über die Grenzen hinaus bekannt für sein mutiges und lautstarkes Engagement für Obdachlose und Menschen in Not aus dem In- und Ausland.

Bischof „tief getroffen“

Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl zeigte sich „tief getroffen“ vom überraschenden Tod Puchers. „Die Leistungen von Wolfgang Pucher für die Menschen am Rande kann man nicht hoch genug einschätzen. In den 60 Jahren seines Wirkens als Priester in der Gemeinschaft der Lazaristen und während 50 Jahren als Pfarrer von Graz-St. Vinzenz war er ein unermüdlich laufender Motor in unserer Diözese, dessen Bestimmung es war, Not zu lindern“, so Krautwaschl am Donnerstag.

Mit seiner Umtriebigkeit habe Pucher „viele gefordert, aber dadurch auch Großartiges bewirkt: Die VinziWerke sind ein professionelles Hilfswerk, das die Wurzeln von Armut bekämpft; ein Netzwerk der Nächstenliebe, das weit über die Diözese Graz-Seckau hinauswirkt. Für sein Leben in der Nachfolge Jesu Christi sage ich ein herzliches Vergelt’s Gott. Möge er nun Frieden an der Seite Gottes finden“, so der Bischof – mehr dazu in VinziWerke-Gründer Pucher verstorben (religion.ORF.at).