Darstellung Exoplanaten
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Wissenschaft

„Walzertanz“ von Exoplaneten entschlüsselt

Wissenschafter des Grazer Institutes für Weltraumforschung sind an der Entschlüsselung der Umlaufbahnen von sechs im Jahr 2020 entdeckten Exoplaneten beteiligt. Laut den Daten des Weltraumteleskops Cheops umkreisen sie ihren Mutterstern in perfekter Harmonie, im „Walzertanz“.

Das Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften entwickelte und fertigte einen von zwei Bordrechnern auf Cheops, der den gesamten Datenverkehr abwickelt und zusätzlich die thermische Kontrolle des Teleskops übernimmt. Außerdem war das IWF an der Software-Entwicklung beteiligt.

100 Lichtjahre von Sonnensystem entfernt

Der Stern HD 110067 mit seinen sechs Exoplaneten wurde vor drei Jahren von einem NASA-Satellit entdeckt – mehr dazu in Sechs neue Exoplaneten entdeckt (23.12.2019). Der Stern ist ungefähr 100 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt. Bisher konnten etliche Transite – bei denen ein Planet vor dem Stern vorbeizieht und kurzfristig abdunkelt – beobachtet werden. Dennoch war nicht klar, von wie vielen Planeten er tatsächlich umkreist wird. Für die innersten Planeten „HD 110067b“ und „HD 110067d“ konnten Umlaufzeiten von neun und 14 Tagen berechnet werden, für vier weitere konnten keine stichhaltigen Schlussfolgerungen gezogen werden – bis das Weltraumteleskop Cheops ins Spiel kam.

Das vor vier Jahren in den Weltraum entsandte Weltraumteleskop beobachtet Sterne, von denen bereits bekannt ist, dass sie von Planeten umkreist werden. Mit den Beobachtungen konnte gleich einmal die Umlaufzeit (Periode) des Planeten „d“ berechnet werden: Der größte der Planeten umkreist seinen Stern innerhalb von 20 Tagen. So wurde klar, dass sich die drei Planeten in einer „orbitalen Resonanz“ im Verhältnis 3:2 befinden: Während der innerste Planet den Stern neunmal umkreist, führt der zweite sechs und der dritte vier Umrundungen durch, wie die Autoren in der aktuellen Ausgabe von "Nature“ ausführten.

Komplexe Gesamtanalyse führte zu versteckten Transits

Die Wissenschafter vermuteten daraufhin, dass auch die weiteren Planeten Teil einer Resonanzkette sein könnten. Durch die Kombination der vorhandenen Beobachtungsdaten mit Modellrechnungen konnte das Team die wahrscheinlichsten Umlaufzeiten der drei äußeren Planeten „e“, „f“ und „g“ die entsprechenden Umlaufzeiten von 31, 41 und 55 Tagen berechnen. Die Gesamtanalyse aller gewonnenen Daten war äußerst komplex, wie vonseiten des Grazer IWF betont wurde. „Es war mein Mitarbeiter Andrea Bonfanti, dem sie schließlich als Erstem gelang,“ so IWF-Gruppenleiter und Mitautor Luca Fossati. Eine erneute Analyse der Daten ergab schließlich zwei versteckte Transits der Planeten „f“ und „g“, genau zu den Zeiten, die von den Vorhersagen erwartet wurden. Damit waren die Umlaufzeiten aller sechs Planeten bestätigt, die den Mutterstern laut den Autoren in perfekter Harmonie umkreisen.

Unter den mehr als 5.000 Exoplaneten sind Systeme, bei denen sich die Resonanzen über eine so lange Kette von sechs Planeten erstrecken, extrem selten, heißt es vom IWF. HD 110067 ist das hellste bekannte System mit vier oder mehr Planeten. Daher ermöglicht es den Astronomen, qualitativ hochwertige Daten zu gewinnen. Die gemessene Masse und Dichte von drei der Planeten lässt auf das Vorhandensein großer wasserstoffdominierter Atmosphären schließen. „Somit sind sie ideale Kandidaten für die Untersuchung der Zusammensetzung ihrer Atmosphären mit dem James-Webb-Weltraumteleskop“, betonte IWF-Direktorin Christiane Helling.