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Politik

SIM-Campus: Sonderlandtag für Millionengrab

Der SIM-Campus in Eisenerz beschäftigt neben dem Landesrechnungshof auch die steirische Politik: Bei einem von der Opposition einberufenen Sonderlandtag wird am Freitag über ein Millionengrab der Region Eisenerz diskutiert, das eigentlich Millionen hätte bringen sollen.

Unter dem Titel SIM-Campus sollte im ehemaligen LKH Eisenerz eigentlich ein Simulationskrankenhaus betrieben werden; im Jahr 2021 sollte das Gebäude dann um 650.000 Euro an den Betreiber „Alpinressort Präbichl GMBH“ verkauft werden – trotz Kaufvertrags wollte der Käufer aber offenbar nicht den vollen Kaufpreis bezahlen.

Es folgten gegenseitige Klagen durch Land und Käufer, und der Landesrechnungshof kritisierte in Folge die Vorgänge, etwa die fehlende Liquiditätsprüfung des Käufers durch das Land – mehr dazu in RH-Bericht: SIM-Campus erwies sich als Flop (22.11.2023).

„Jetzt ist es einfach katastrophal“

Aus einem geplanten Simulationskrankenhaus wurde so für die ohnehin leidgeprüfte Gegend eine unendliche Geschichte voller Pleiten und Pannen: Der Eisenerzer Bürgermeister Thomas Rauninger (ÖVP) reagiert auf den SIM-Campus angesprochen mitterweile mit bitterem Sarkasmus – was wäre gewesen, wäre alles nach Wunsch gelaufen, und was bedeutet dieses Millionengrab für die Region jetzt?

„Jetzt ist es einfach katastrophal. Am Ende des Tages ist nichts übergeblieben von dem, was man sich erhofft hat. Eine Nachnutzung des jahrzehntelangen LKH-Standorts – davon ist leider nicht viel übergeblieben“, so Rauninger. Wieder ein Gebäude, das leer steht in Eisenerz, in einer Region, die durch den industriellen Wandel seit Jahrzehnten leidet. Wo einst das LKH war, herrscht nun Tristesse – und ganz abgesehen davon: Die medizinische Versorgung der Gegend ist seit der Krankenhausschließung noch immer nicht zufriedenstellend gelöst. „Auch wir hinter dem Präbichl haben eine adäquate Gesundheitsversorgung verdient. Da gilt es nachzuschärfen!“

Langfristige Nachnutzung erhofft

Die Region habe zu wenig Hausärzte, so der Bürgermeister von Eisenerz, der viele Baustellen auf einmal beackern muss. Was den Verkauf des SIM-Campus angeht, wünscht sich Rauninger stellvertretend für alle rund um den Erzberg sehnsüchtig eine Lösung – „ob das im Gesundheitsbereich ist oder in anderen Bereichen. Uns ist nur wichtig, dass es zu einer Nachnutzung kommt, die sinnvoll über Jahre bestehen kann“.

Triller: „Abwicklung mehr als dilletantisch“

Beim Sonderlandtag am Freitag stellte nun Landtagsabgeordneter Marco Triller (FPÖ) mehr als 20 Fragen zu all diesen Vorgängen an Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) – und sparte davor auch nicht mit Kritik: „Wir alle, vor allem die Oppositionsparteien, wurden von Anbeginn dieses Vorhabens stutzig. Es gab ja nicht einmal eine Ausschreibung. Man muss sich das vorstellen, da wird das einer Person angeboten, der dieses Gebäude und die Gesellschaft kauft – aber dann gab es eine Ausschreibung, dass man es ausschreibt und vielleicht auch seriöse Bieter in Betracht zieht. Und die Abwicklung dieses Projektes war mehr als dilettantisch.“

Drexler: „Zu teuer oder zu billig?“

Vor der Beantwortung stellte Drexler klar, dass er zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht ressortzuständig war, und er sagte in Richtung Triller: „In Anbetracht dessen, dass beispielsweise der Herr Abgeordnete Triller, der die Anfrage eingebracht hat, in der Landtagssitzung vom 28. September 2021 noch die Frage gestellt hat, ob nicht ein höherer Preis zu erzielen gewesen wäre – also da haben wir jedenfalls eine besondere Chuzpe: Dass man am heutigen Tag hergeht und uns vorwirft, dass wir zu teuer verkauft haben und im September 21 uns vorgeworfen wird, dass man zu billig verkauft.“

Landeshauptmann Drexler verwies in der Beantwortung der Dringlichen Anfrage auf den damaligen SPÖ-Chef Michael Schickhofer, der mit der Gründung „keine betriebswirtschaftlichen, sondern vor allem ideelle und regionalpolitische Ziele“ verfolgt habe. Eine tiefgehende Überprüfung der Liquidität der Käuferin sei deshalb nicht gemacht worden, weil der Käufer zunächst als natürliche Person aufgetreten sei und erst kurz vor Vertragsunterzeichnung mitgeteilt habe, dass nicht er selbst, sondern seine Alpinresort Präbichl GmbH Käuferin sei, so Drexler.

Man habe sich dennoch zur Vertragsunterzeichnung entschieden, da bei einer weiteren Verzögerung die Gehälter der Beschäftigten des SIM-Campus nicht mehr bezahlt hätten werden können. „Möglichen Einnahmen von 650.000 Euro stand optional also ein sicherer Kostenaufwand in der Höhe von zumindest 167.000 Euro gegenüber“, schilderte Drexler die damaligen Überlegungen. Der Wert des SIM-Campus sei von einem durch das Gericht bestellten Gutachter übrigens erst im Sommer bestätigt worden. Der Vorwurf der Bilanzfälschung sei daher nicht haltbar, das sehe auch der Verfassungsdienst so, sagte Drexler.

Schönleitner: „Husch pfusch“

Lambert Schönleitner (Grüne) kritisierte in der Debatte die Projektidee des Simulationskrankenhauses: „Und dann haben wir noch ganz schnell – husch pfusch – wenige Wochen vor der Landtagswahl dieses Simulationskrankenhaus SIM-Campus eröffnet. Würstel gegessen, Bändchen durchgeschnitten, damit man irgendetwas hört, und in Wirklichkeit war nichts da. Es war kein Projekt vorhanden, und das ist das Ergebnis des Rechnungshofberichtes, dass man in vielen Details ablesen kann.“

Werner Murgg von der KPÖ schließlich: „Der wirkliche Skandal war eigentlich die Schließung dieses Spitalstandortes.“