Gericht

20 Jahre Haft nach Mord an Ex-Freundin

Ein 24-Jähriger stand am Montag in Leoben wegen des Verdachts des Mordes an seiner Ex-Freundin vor Gericht. Er soll die junge Frau im Mai in Hohentauern erwürgt und anschließend in suizidaler Absicht einen Autounfall verursacht haben. Bei der Befragung zeigte sich der Mann geständig. Das Urteil: 20 Jahre Haft.

Der gelernte Rauchfangkehrer und die junge Frau hatten sich schon seit ihrer Kindheit in Kärnten gekannt. 2021 wurden sie ein Paar, und er zog gemeinsam mit ihr und ihrer Familie in die Obersteiermark, wo die Familie zusammen eine Gastwirtschaft betrieb. Wenige Tage vor dem 4. Mai soll sich die 22-Jährige von ihm getrennt haben, doch da er als Koch bei der Familie arbeitete, wohnte er noch bei ihr.

Angeklagter bestritt Trennung zunächst

Vor Gericht bestritt der 24-Jährige, dass sie getrennt waren – sie hätten sich wieder versöhnt, beteuerte er. Am Vorabend der Tat seien die beiden aber in einen heftigen Streit geraten, worum es dabei ging, wisse er aber nicht mehr. Der Richter meinte, dass ein solch „selektiver Erinnerungsverlust nicht plausibel“ sei, denn an viele andere Details könne sich der 24-Jährige mittlerweile wieder erinnern.

Der Angeklagte war nach seinem Unfall, bei dem er sehr schwere Kopfverletzungen erlitten hatte, mehrere Wochen im künstlichen Tiefschlaf, lange war nicht klar, ob er überhaupt überleben würde. Erst nach und nach sei seine Erinnerung an die Vorfälle in der gemeinsamen Wohnung des Paares zurückgekehrt, schilderte seine Verteidigerin und versuchte so, widersprüchliche Aussagen ihres Mandanten zu erklären.

Der Angeklagte.
APA/INGRID KORNBERGER

Der vorsitzende Richter zweifelte daran, dass sich das Paar vor dem Tod der 22-Jährigen noch versöhnt hatte: „Sie haben Ihrer Schwester noch am 3. Mai eine WhatsApp-Nachricht geschickt, wonach es aus sei und Privates und Geschäftliches nun getrennt seien. Das hat die Auswertung Ihres Mobiltelefons ergeben.“ Der Beschuldigte blieb dabei, dass sie sich wieder vertragen hatten und somit nicht getrennt waren.

„Ich habe nichts realisiert“

Den Hergang der Tat selbst am 4. Mai schilderte er zunächst ruhig: „Wir waren im Wohnzimmer, und es kam zum Streit und einer Rangelei.“ Sie habe ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Damit sie ihn nicht noch einmal treffen konnte, habe er sie gepackt, umgedreht und von hinten einen Arm um ihren Hals gelegt. Anschließend ließ er sich mit ihr nach hinten fallen und ließ den Druck auf ihren Hals so lange nicht locker, bis sie sich nicht mehr rührte – mehr dazu in Wieder Femizid in der Steiermark (5.5.2023).

Danach habe er ihren Puls gefühlt: „Ich habe die Rettung nicht gerufen, weil ich wusste, dass sie tot war. Es war wie im Film. Ich habe nichts realisiert.“ Stunden später setzte er sich in das Auto der Mutter seiner Ex-Freundin und fuhr damit gegen eine Leitschiene, so die Staatsanwältin, die von einer „Selbstmordfahrt“ sprach. Der Beschuldigte dagegen gab an, dass er während der Fahrt auf sein Handy geschaut und daher einen Unfall gebaut habe.

Opfer soll Angeklagten betrogen haben

Zu Beginn der Verhandlung beharrte der Angeklagte darauf, dass die Tötung keine Absicht gewesen sei, weshalb er sich wegen des Vorwurfs des Mordes nicht schuldig bekenne. „Ich wollte einfach meine Ruhe haben.“ Nach gut einer Stunde Befragung und nach Rücksprache mit seiner Verteidigerin gab der 24-Jährige dann zu, dass er sich doch auch wegen Mordes schuldig fühle: Er habe gewusst, dass ein Mensch sterben könne, wenn man ihn würgt.

Danach rückte der 24-Jährige auch mit dem Grund des Streits heraus: Seine Freundin habe ihn betrogen, und deshalb sei er ausgerastet. „Dann habe ich mich ins Auto gesetzt und bin weggefahren, vorher habe ich sie umgebracht“, gab er unter Tränen an. Er blieb aber dabei, dass er sich nicht umbringen, sondern nur aus der Situation fliehen wollte; es sei tatsächlich ein Unfall gewesen.

Am Ende befanden die Geschworenen ihn einstimmig für schuldig des Mordes. Der Angeklagte nahm das Urteil sofort an. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, weshalb das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.

Ausmaß der Gewalt in Österreich „extrem hoch“

Rund 30 Morde und fast doppelt so viele Mordversuche an Frauen werden Jahr für Jahr in Österreich verzeichnet – Österreich gehört damit nach Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat zu den Ländern, in denen mehr Frauen als Männer Gewaltverbrechen zum Opfer fallen.

Charakteristisch für den Tatbestand Femizid ist auch, dass die Täter durchaus schon polizeilich erfasst sein können, und sie stehen zu den Frauen, denen sie Gewalt antun, in einem Beziehungs- oder Familienverhältnis.

Hilfe im Krisenfall

Österreichweit und in den Bundesländern gibt es Anlaufstellen, die Rat und Unterstützung im Krisenfall anbieten.

  • Frauenhelpline: 0800 222555
  • Frauenhäuser: 0316 429900
  • Polizei: 133

Weiters:

  • Telefonseelsorge: Tel. 142 (ohne Vorwahl)
  • Rat auf Draht: Tel. 147 (ohne Vorwahl)
  • PsyNot: 0800 44 99 33
  • Männernotruf: 0800 246 247
  • Männerinfo – Krisenberatung: 0800/400 777

Darüber hinaus gibt es für Menschen in seelischen Ausnahmezuständen Anlaufstellen, die rasch und unkompliziert Hilfe anbieten, sowie zahlreiche Hilfsangebote für von Gewalt betroffene Frauen, aber auch für Männer, die Rat brauchen.