Chronik

Grazer Schlepperprozess: Alle Angeklagten schuldig

Acht Männer und zwei Frauen sind am Montag in Graz vor einem Schöffensenat gestanden: Sie sollen an Schleppereien im Rahmen einer kriminellen Organisation mitgewirkt haben. Alle Angeklagten wurden schuldig gesprochen und zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Der Prozess in Graz ist nur ein kleiner Teil eines Verfahrens in Wien und anderen Bundesländern. „Diese Angeklagten sind eher die untere Ebene“, führte die Staatsanwältin schon zu Beginn aus – mehr dazu in „Nicht die großen Kapos“ und Grazer Schlepperprozess fortgesetzt (7.2.2024).

Die Angeklagten sollen in unterschiedlichen Konstellationen an Schleppereien im Rahmen einer kriminellen Organisation mitgewirkt haben. In den meisten Fällen wurden von Budapest aus 20 bis 30 Menschen in einem Kastenwagen über die Grenze gebracht.

„Auch das Fördern von Schlepperei ist strafbar“

Die Schleppertouren hatten stets als Konvoi stattgefunden: Ein Kastenwagen mit illegal beförderten Personen wurde von mehreren Pkws begleitet. „Es gibt unterschiedliche Rollen, auch das Fördern von Schlepperei ist strafbar“, betonte die Staatsanwältin – dazu gehöre auch das Ausstellen von falschen Visa, ein Auto zur Verfügung zu stellen oder Geld zu geben.

Eine der Fahrten verlief besonders spektakulär: Zwei der Angeklagten, die ein Paar waren, fuhren mit einem Kastenwagen voller Flüchtlinge, als sie einer Zivilstreife auffielen. Die Beamten wollten den Wagen stoppen, doch dieser fuhr einfach weiter – es kam zu einer längeren Verfolgungsjagd. Da der 21-Jährige keinen Führerschein hatte, tauschte er in voller Fahrt mit seiner Freundin den Platz, sie konnte nicht bremsen und fuhr in ein Polizeifahrzeug. Erst als die Beamten mit gezogener Waffe auf die beiden zugingen, gaben sie auf.

„Riesengroßes Netzwerk“

Dieses „gefährliche Fahrverhalten“ sei immer wieder bei Schleppern zu beobachten, schilderte ein Polizist im Zeugenstand, auch eine gewisse Gewaltbereitschaft sei zu bemerken. Die Schlepperfahrten nach Deutschland würden der Organisation rund 50.000 Euro einbringen, Fahrten nach Österreich immerhin noch 30.000 Euro, die Flüchtlinge müssten 1.500 bis 2.500 Euro pro Person bezahlen. „Es gibt ein riesengroßes Netzwerk von Anwerbern“, war der Polizist überzeugt.

Die Beschuldigten waren durchwegs geständig, bestritten aber alle, an einer kriminellen Organisation beteiligt gewesen zu sein, die meisten wollen auch nur ein einziges Mal bei einer Schlepperaktion mitgemacht haben.

Mehrjährige Haftstrafen

Der Schöffensenat war anderer Ansicht, befand alle Angeklagten für schuldig und verhängte unbedingte Haftstrafen in der Höhe von zwei Jahren und sechs Monaten bis zu drei Jahren und drei Monaten. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.