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Chronik

Strafmündigkeit: Richter gegen Herabsetzung

Vor allem in den Ballungszentren steigt die Jugendkriminalität zunehmend. Am Montag machte Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) den Vorschlag, das Alter der Strafmündigkeit herabzusetzen – ein ehemaliger Jugend- und Strafrichter hält dagegen.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) präsentierte am Montag in der ZIB2 Pläne zur Einführung sogenannter „Einsatzgruppen zur Bekämpfung der Jugendkriminalität“ (EJK).

Innenminister Karner zu Jugendkriminalität

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) will eine Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Jugendkriminalität und ein Waffenverbot außerhalb der Wohnräumlichkeiten. Der Minister nimmt dazu in der ZIB2 Stellung.

Auch Drexler (ÖVP) stellte – am Vorabend des Josefitages – bei seiner „Steiermark-Rede“ die Strafmündigkeit erst ab dem 14. Geburtstag infrage und bekräftigte dies auch am Dienstag im Rahmen der Landtagssitzung – mehr dazu in Strafmündigkeit: Drexler stellt Altersgrenze infrage und in Landtag: Debatte um jugendliche Straftäter.

Polizei bemerkt Anstieg der Jugendkriminalität

Die Grazer Polizei setzt schon seit rund einem Jahr Schwerpunkte im Kampf gegen Jugendkriminalität. Richard Roßmann, Vorsitzender der steirischen Polizeigewerkschaft, sagt, dass Polizeibeamte dabei oft an ihre Grenzen stießen: „Vor allem in den Ballungszentren ist bemerkbar, dass diese Kriminalität etwas im Steigen ist, und die Kolleginnen und Kollegen sind dort sicher sehr belastet.“ Zwar sei es nicht seine Aufgabe, Gesetzesänderungen zu fordern, meint Roßmann, aber „natürlich kann man als Polizist oder Polizistin dem sicher etwas abgewinnen“.

Ein sinnvoller Weg?

Bei der ganzen Debatte steht allerdings auch die Frage im Raum, ob die Herabsetzung der Altersgrenze zur Strafmündigkeit überhaupt ein sinnvoller Weg ist. Der renommierte ehemalige Grazer Jugend- und Strafrichter Helmut Wlasak verneint diese Frage.

„Wir haben den jungen Erwachsenen zwischen dem 18. und dem 21. Lebensjahr, wo es praktisch zur Strafhalbierung kommt, und zusätzlich ist er durch das Gesetz bis zum 21. Lebensjahr geschützt, weil es eben verschiedene Parameter gibt, bis der Mensch sich mehr oder minder vollkommen entwickelt hat. Und jetzt greift man genau dort noch ein, wo man sagt, wenn er noch jünger ist, dann muss er jetzt schon voll zur Haftung kommen. Das kann es allein evolutionstechnisch nicht sein.“

Aktive Freizeitgestaltung „ein gangbarer Weg“

Es müsse vielmehr das soziale Umfeld der Jugendlichen in den Fokus rücken: Dort müsse den Jugendlichen gegebenenfalls Stütze und Hilfe geboten werden, so Wlasak, der einen Vergleich zur Drogentherapie zieht. „Um die Kids von der sogenannten Langeweile wegzubekommen, sie mehr oder minder auf einen anderen Weg bringt, dass man nicht stundenlang vor dem Computerkastl sitzt, sondern dass man aktiv seine Freizeit gestaltet. Das wäre ein gangbarer Weg.“

Wlasak sagt, dass er vor allem in der Drogentherapie so gut wie immer die Erfahrung gemacht habe, dass Programme zur sozialen Stabilität weit sinnvoller seien als frühe Strafen.