Der Königreichssaal der Zeugen Jehovas in Kalsdorf nahe Graz
APA/Erwin Scheriau
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Chronik

Sprengsatz bei Zeugen Jehovas: Schwierige Ermittlungen

Einen Monat nach dem zum Glück nicht erfolgreichen Bombenanschlag auf die Zeugen Jehovas in Kalsdorf laufen die Ermittlungen auf Hochtouren. Der Gesuchte gilt als gefährlich und könnte noch einmal in Erscheinung treten, heißt es.

Die Ermittler gingen rasch davon aus, dass die beiden vor Königreichssälen der Zeugen Jehovas in Leibnitz im August des Vorjahres und in Kalsdorf Ende März deponierten Bomben vom gleichen Täter stammen – mehr dazu in Sprengsatz: Ermittlungen laufen auf Hochtouren (30.3.2024).

Bei den Analysen der Sprengsatzreste bzw. des vollständig sichergestellten Sprengsatzes in Kalsdorf erhärtete sich dieser Verdacht – es hätten sich klare Parallelen bei der Bauweise gezeigt, heißt es aus Ermittlerkreisen. Mit einem großen Unterschied: Bei Sprengsatz Nummer zwei habe sich eine Steigerung der Intensität gezeigt – die Sprengkraft war also höher als im ersten Fall.

Täter gilt als gefährlich und technisch versiert

Die Ermittler wollen nicht ausschließen, dass der Täter noch einmal zuschlägt. Auch ein von einem Kriminalpsychologen erstelltes Täterprofil beschreibt den Gesuchten als „gefährlich mit einem abgrundtiefen Hass auf die Zeugen Jehovas“; er gilt als technisch versiert, denn er dürfte die Bomben selbst gebaut haben. Unklar ist noch, ob er alleine oder mit Unterstützung handelt. Es werde mit allen Möglichkeiten in alle Richtungen ermittelt, heißt es.

Die beim Landesamt für Staatsschutz und Terrorismusbekämpfung angesiedelte Ermittlungsgruppe wurde „Michael“ genannt, weil der Erzengel Michael bei den Zeugen Jehovas eine wichtige Rolle einnimmt. Die Ermittler mussten die streng hierarchisch aufgebaute Glaubensgemeinschaft auch genauer verstehen lernen.

Befragungen brachten anfangs kaum Ergebnisse

Anfangs haben die Befragungen kaum Ergebnisse gebracht – aus Angst vor internen Konsequenzen gab es Aussageverweigerungen oder nur substanzlose Angaben; auch Angehörige des Ältestenrates beriefen sich zunächst auf eine Art Beichtgeheimnis. Mittlerweile ist aber juristisch abgeklärt, dass das nicht gilt – und das führte auch dazu, dass die Ermittler jetzt eine Liste von ehemaligen oder ausgeschlossenen Mitgliedern bekommen haben, auf der sich der Täter befinden könnte. Ein Ausschluss aus der Glaubensgemeinschaft gilt bei den Zeugen Jehovas sozusagen als Höchststrafe, quasi als sozialer Tod, und hier könnte auch der Hass des Bombenlegers begründet sein, heißt es aus Ermittlerkreisen.