Selbstvertreter diskutiert mit Kollegen
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Lebenshilfe: Fünf Jahre Selbstvertretung

Seit fünf Jahren gibt es bei der Lebenshilfe Steiermark eine Interessenvertretung, über die sich Menschen mit Behinderung einbringen und Partei ergreifen können. Im Rahmen von „Licht ins Dunkel“ geben sie Einblick in ihre Arbeit.

Nicole Braunstein arbeitet in der Lebenshilfe Trofaiach und ist für die Interessenvertretung innerhalb und außerhalb der Lebenshilfe zuständig, „das heißt, ich vertrete meine Kollegen, sodass sie ihre Wünsche und Bedürfnisse äußern können. Was mir auch sehr wichtig ist, ist die Barrierefreiheit, dass niemand ausgeschlossen wird und jeder am Leben teilnehmen kann“, betont die 30-Jährige.

Nicole Braunstein
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Nicole Braunstein: „Wichtig ist die Barrierefreiheit, dass niemand ausgeschlossen wird und jeder am Leben teilnehmen kann.“

Sie selbst sitzt im Rollstuhl und weiß genau, mit welchen Herausforderungen sich andere Menschen in dieser Situation tagtäglich auseinandersetzen müssen: „Es sind oft Stufen, durch die man nicht in ein Gebäude kommt oder nicht von der Straße kommt, weil die Gehsteige zu hoch sind, sodass man auf Hilfe angewiesen ist.“

Sendungshinweis:

„Steiermark heute“, 1.12.2019

Das Recht sich zu verlieben

Der Vizepräsidentin der Lebenshilfe Österreich, Hanna Kamrat von der Lebenshile Ausseerland, ist es ein besonderes Anliegen, dass die Gesellschaft auch bei Menschen mit höchstem Unterstützungsbedarf nicht wegschaut: „Umso natürlicher du dich mit diesen Menschen und dem Thema beschäftigst, desto mehr erkennst du auch deren Wünsche – auch wenn sie sie nicht aussprechen können.“

Hanna Kamrat
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Hanna Kamrat: „Es ist wichtig, dass Menschen mit Behinderung auch das Recht haben sich zu verlieben.“

Kamrat selbst ist von Geburt an Spastikerin, erzählt sie: „Ich bin in eine Körperbehindertenschule in Tirol gegangen, eine Sonderschule, und dann bin ich in eine Einrichtung in Oberösterreich gekommen und habe mich dort verliebt, verlobt – und wieder entlobt, weil es einfach nicht gepasst hat. Was ich damit sagen will: Es ist wichtig, dass Menschen mit Behinderung auch das Recht haben, sich zu verlieben und auch da nicht darauf geschaut wird, ob sie jetzt diese oder jene Behinderung haben“, unterstreicht sie.

„Leute glauben, wir basteln ein bisschen“

Eine Anlaufstelle im Arbeitsbereich bietet Daniel Gamweger, Selbstvertreter der Lebenshilfe Judenburg. Oft werde die Leistung, die Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung erbringen würden, missverstanden: „Die Leute glauben, wir sitzen herum und basteln ein bisschen – aber wir arbeiten wirklich!“

Daniel Gamweger
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Daniel Gamweger: „Wir arbeiten wirklich!“

Und das trotz unterschiedlicher Herausforderungen, so Gamweger, der als Beispiel seine eigene Lernbeeinträchtigung anführt: „Ich habe bei der Geburt zu wenig Sauerstoff bekommen. Darunter hat mein Gehirn ein bisschen gelitten“ – was ihn jedoch nicht daran hindert, sich für sich selbst und andere einzusetzen und Partei zu ergreifen.

Wertvolle Beiträge für die Gesellschaft

„Zum Beispiel, dass wir kein Taschengeld bekommen – wir sind ja keine Kinder mehr, sondern wollen fair bezahlt werden und einen eigenen Lohn haben“, so der Selbstvertreter. Es gehe nicht darum, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen – sondern nach ihrem Können einzusetzen. Denn auch sie wollen und können einen Beitrag für die Gesellschaft leisten.