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Wahl 19: Welche Steirer wählten welche Partei?

Die Nationalratswahl ist geschlagen, und die Steiermark hat sich dabei türkis eingefärbt. Eine Studie der FH Joanneum im Auftrag des ORF Steiermark zeigt im Detail, welche Steirer wo wen gewählt haben.

Am Sonntag wählte Österreich einen neuen Nationalrat – und der Wahlsieger heißt ÖVP: Die Volkspartei kommt auf über 37 Prozent, SPÖ und FPÖ verlieren deutlich, die Grünen ziehen wieder ins Parlament ein – mehr dazu in ORF.at, in Wahl 19: ÖVP triumphiert, SPÖ und FPÖ verlieren und in Wahl 19: Alle Ergebnisse aus der Steiermark.

Die Steiermark in türkiser Hand

Auch die Steiermark präsentiert sich nach der Nationalratswahl 2019 tieftürkis: Das Landesergebnis zeigt mit der ÖVP und den Grünen zwei eindeutige Sieger und mit FPÖ und SPÖ zwei eindeutige Verlierer. Wer ist seiner Partei treu geblieben und wer nicht, und was waren die wichtigsten Wahlmotive? Die Institute SORA und ISA führten für den ORF eine Wählerstromanalyse durch und nahmen dabei die wichtigsten Wahlmotive unter die Lupe – mehr dazu in Wahl 19: Wer hat wen warum gewählt?.

Spezialauswertung auf steirischer Gemeindeebene

Im Auftrag des ORF Steiermark führte aber auch das Institut Journalismus und Public Relations (PR) der FH Joanneum eine Spezialauswertung auf der steirischen Gemeindeebene durch: Dabei wurden insgesamt mehr als 14.000 Einzeldaten recherchiert und auf der Basis des vorläufigen Wahlergebnisses (ohne Wahlkarten) für die Parteien ausgewertet.

Das vorläufige Endergebnis der Nationalratswahl in der Steiermark
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Mit den Briefwahlstimmen hat sich das Ergebnis dann Montagabend im Detail etwas verändert, im Trend blieb aber alles so wie prognostiziert – mehr dazu in Wahl 19: Alle Ergebnisse aus der Steiermark. Am Donnerstag zählt die Landeswahlbehörde schließlich jene Wahlkarten aus, die in fremden Wahlkreisen abgegeben wurden – erst dann steht das Endergebnis fest.

ÖVP vor allem am Land sehr stark

Die Volkspartei erreichte in 269 steirischen Gemeinden zumindest die relative Mehrheit – 2017 waren es noch 159. Ihr bestes Gemeindeergebnis erreichte sie in Klöch mit 68,1 Prozent, ihr schlechtestes in Vordernberg mit 20,6 Prozent. Die ÖVP schneidet besonders in Landgemeinden und in ländlich geprägten Kommunen, bei höherer Wahlbeteiligung, bei geringerer Wohnbevölkerung, bei geringerem Durchschnittsalter, bei höheren Prozentanteilen von Pflichtschulabsolventen, unter Personen mit einem Lehr- bzw. BMS-Abschluss, Selbstständigen und unter Menschen, die in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigt sind, besonders gut ab.

Relativ schlechter sieht es aus, je höher der Anteil an Maturanten und Akademikern sowie der prozentuelle Anteil an Migranten, an Flüchtlingen, an Angestellten, an Beschäftigten im Dienstleistungssektor sind und je schlechter es um die kommunale Infrastruktur bestellt ist.

SPÖ in urbanen Zentren noch – relativ – stark

Die SPÖ erreichte 2017 in 34 Gemeinden zumindest die relative Mehrheit, 2019 waren es nur mehr 18. Ihr bestes steirisches Gemeindeergebnis erreichte sie in Vordernberg (50,4 Prozent), ihr schlechtestes in der Gemeinde Hartberg Umgebung (fünf Prozent). Auffallend ist dabei auch, dass einige sozialdemokratische Hochburgen fielen – mehr dazu in Wahl 19: Türkise Steiermark mit roten Einsprengseln.

Das steirische SPÖ-Wahlergebnis ist besonders gut, wenn es sich um Abwanderungsgemeinden handelt, in Städten und in urbanen Zentren, je geringer die Wahlbeteiligung ist, je höher das Durchschnittsalter, der prozentuelle Anteil an Lehr- bzw. BMS-Absolventen, von Migranten und Arbeitern unter der Wohnbevölkerung ist. Das steirische SPÖ-Wahlergebnis ist laut der FH Joanneum-Studie besonders schlecht, je höher die Wahlbeteiligung, der Anteil an Selbstständigen sowie der in der Land- und Forstwirtschaft Tätigen ist.

FPÖ in keiner Gemeinde mehr vorne

Was beeinflusst das Wahlergebnis der FPÖ positiv bzw. negativ? Die FPÖ war 2019 in keiner Gemeinde mehr mehrheitsfähig, vor zwei Jahren waren es noch 90. Ihr bestes Landesergebnis erreichte sie mit 29,9 Prozent in der Gemeinde Ebersdorf, mit 7,4 Prozent schnitt sie in Grundlsee am schlechtesten ab.

Die Freiheitlichen profitieren besonders von einem geringeren Durchschnittsalter der Wohnbevölkerung, von einem hohen Prozentanteil an Pflichtschulabsolventen, von einer hohen Arbeitslosenrate, von einem hohen Anteil sowohl von Arbeitern als auch von Beschäftigten in Gewerbe und Industrie auf kommunaler Ebene. Besonders negativ ist für die FPÖ ein hoher Prozentanteil von Maturanten und Hochschulabsolventen in den Gemeinden.

NEOS bei Jungen und Gebildeten stark

Mit 11,2 Prozent fiel das NEOS-Landesergebnis in der Gemeinde Stattegg am stärksten, mit 2,1 Prozent in der Gemeinde Unterlamm am schwächsten aus.

NEOS schneidet in der Steiermark dann besonders gut ab, wenn es eine Zuwanderungsgemeinde und ein urbanes Zentrum ist, bei höherer Wohnbevölkerung, bei einem geringeren Durchschnittsalter, je höher der Anteil an Maturanten und Hochschulabsolventen ausgeprägt ist, je mehr Migranten in einer Gemeinde leben, je höher der Anteil an Angestellten und an im Dienstleistungssektor Beschäftigten ist und je besser es um die kommunale Infrastruktur bestellt ist.

NEOS schneidet in der Steiermark besonders schlecht bei einem hohen Anteil an Pflichtschul- und Lehr- bzw. BMS-Absolventen, an Arbeitern und Beschäftigten in der Land- und Forstwirtschaft sowie in Industrie und Gewerbe Beschäftigten ab.

Grüne politische „Zwillinge“ von NEOS

25,2 Prozent in der Landeshauptstadt Graz waren das beste Gemeindeergebnis der Grünen – mehr dazu in Wahl 19: Grüne sind große Gewinner in Graz –, am schlechtesten schnitten sie mit 1,9 Prozent in der Gemeinde Pusterwald ab

Auf das Wahlergebnis der Grünen in der Steiermark wirken sich dieselben Faktoren günstig bzw. ungünstig aus wie für NEOS – die zwei Parteien sind laut der FH Joanneum-Studie in Bezug auf Wählermilieus somit gewissermaßen politische „Zwillinge“.

Wahlbeteiligung ging zurück

Die Wahlbeteiligung liegt in der Steiermark (ohne Wahlkarten) bei 59,6 Prozent, das ist ein Prozentpunkt unter dem Bundesschnitt und im Vergleich zur Nationalratswahl 2017 ein Minus von 6,6 Prozentpunkten auf Landesebene.

Am geringsten war sie mit 49,6 Prozent in der Gemeinde Altaussee, die höchste Wahlbeteiligung (80,4 Prozent) weist Miesenbach bei Birkfeld auf. In lediglich einer Gemeinde (Pusterwald) nahm die Wahlbeteiligung geringfügig zu, in allen anderen Gemeinden ist sie zum Teil gesunken – am stärksten in der Gemeinde Kraubath an der Mur mit minus 12,4 Prozentpunkten.