LKH Graz
APA/Erwin Scheriau
APA/Erwin Scheriau
Chronik

Am Tag vor Messerattacke aus Psychiatrie entlassen

Nach der tödlichen Messerattacke in Graz ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft wegen Mordes. Wie nun bestätigt wurde, war der mutmaßliche Täter bis einen Tag vor der Tat in der psychiatrischen Klinik des LKH Graz in stationärer Behandlung.

Am Dienstag war eine ihm offenbar völlig unbekannte Frau auf offener Straße von einem 27-jährigen Mann mit einem Messer attackiert worden; am Mittwoch erlag die 33-Jährige ihren schweren Verletzungen – mehr dazu in Opfer nach Messerattacke in Graz gestorben.

Wochenlang in stationärer Behandlung

Der mutmaßliche Täter war bis einen Tag vor der Tat in der psychiatrischen Klinik des LKH Graz in stationärer Behandlung, wie deren Leiter Hans-Peter Kapfhammmer am Donnerstag gegenüber dem ORF Steiermark bestätigte. Er könne der Familie der getöteten Frau nur sein tiefstes Mitgefühl aussprechen, so Kapfhammer. Der 27-jährige Grazer sei mehrere Wochen lang in stationärer Behandlung gewesen, zuletzt auf der offenen Station; er leide an einer psychosewertigen Erkrankung.

„Der Vorfall ist entsetzlich, er ist schrecklich. Der Patient war bei uns, er war einige Wochen bei uns. Er war zunächst auf einer geschlossenen Station behandelt worden, die auch einer richterlichen Genehmigung bedurft hatte und war dann einige Wochen noch auf einer offenen Station da“, so Kapfhammer.

„Blieb freiwillig auf offener Station“

Wenn sich der Zustand eines Patienten dank psychotherapeutischer und medikamentöser Behandlung gut verbessert, werde er auf eine offene Station verlegt – mehr dazu in Walzl: „Ein Krankenhaus ist kein Gefängnis“. In diesem Fall sei der betroffene Patient sogar freiwillig länger geblieben, so Kapfhammer: „Jeder Patient, nicht nur in der Psychiatrie, sondern jeder Patient, wenn er auf einer offenen Station ist, ohne gerichtlichen Rahmen, kann jederzeit seine Entscheidung mitteilen, gehen zu wollen. Das war in diesem Fall nicht der Fall, er blieb auf der offenen Station.“

Keine Hinweise auf fremdaggressive Verhaltensweisen

Eine Entlassung werde über mehrere Tage gezielt vorbereitet, was die medikamentöse Behandlung, aber auch die psychotherapeutische Betreuung und Gespräche mit der Familie betrifft, sagt Kapfhammer – das sei auch in diesem Fall so gewesen. Am Montag – einen Tag vor der Tat – sei der 27-Jährige entlassen: „Im ganz speziellen konkreten Fall gab es während des gesamten stationären Behandlungsverlaufs, auch aus der Krankengeschichte, nicht den geringsten Anhalt, dass irgendwelche fremdaggressive Verhaltensweisen, gewaltsame Handlungen gegen irgendwelche Drittpersonen zutage getreten wären.“

Keine letzte Sicherheit

Eine letzte Sicherheit gebe es aber nie, so Kapfhammer: „So bedauerlich und entsetzlich dieser Vorfall ist, ich könnte beim besten Wissen und Gewissen nicht sagen, dass hier eine entscheidende Information nicht aufgenommen oder nicht gesehen worden wäre.“ Auf der Uni-Klinik für Psychiatrie werde man alles jetzt noch einmal genau analysieren, sagt Hans-Peter Kapfhammer.

Der 27-Jährige wurde am Mittwoch vorläufig in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gebracht. Ein Gutachter werde nun die Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten beurteilen, heißt es von der Staatanwaltschaft Graz.