Bundeskanzler Sebastian Kurz
APA/HANS PUNZ
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Coronavirus

Bundesweiter harter Lockdown ab Dienstag

Die Bundesregierung hat am Samstag einen weiteren harten Lockdown angekündigt. Bis einschließlich 6. Dezember werden Handel und Schulen schließen. Auch soziale Kontakte sollen auf ein Minimum reduziert werden. Die Maßnahmen gelten ab Dienstag.

Aufgrund explodierender Infektionszahlen verschärft die Regierung die CoV-Maßnahmen drastisch – ab Dienstag 0.00 Uhr gilt ein harter Lockdown. Das hat die Regierungsspitze am Samstag in einer Pressekonferenz bekanntgegeben.

Die Verordnung gilt ab Dienstag (in der Nacht von Montag auf Dienstag) bis Sonntag, 6. Dezember, 23.59 Uhr. Weil die Zahlen mit dem bereits seit zwei Wochen geltenden Lockdown light nicht sinken, sondern weiter steigen, mache das eine Verschärfung notwendig, so Kurz. Die Behörden könnten 77 Prozent der Neuansteckungen nicht mehr nachvollziehen, in manchen Bundesländern wie Kärnten, Vorarlberg und Oberösterreich gebe es sogar weiter ein exponentielles Wachstum.

Soziale Kontakte klar geregelt

Darum sei der zweite Lockdown „das verlässliche Mittel, dass es funktioniert“, so Kurz. Die sozialen Kontakte werden nun klar geregelt, so Kurz: Abseits der eigenen Haushaltszugehörigen darf man für die Zeit des harten Lockdowns künftig nur noch den Lebenspartner, „einzelne engste“ Angehörige bzw. „einzelne wichtige Bezugspersonen“ treffen. Kurz appellierte, möglichst nur eine Person zu treffen: „Jeder soziale Kontakt ist einer zu viel.“ Denn nur so könne Weihnachten und die Zeit davor gerettet werden.

Schulen und Kindergärten schließen

Auch Schulen werden bis inklusive 6. Dezember auf Fernunterricht umstellen, und es wird nur für den Notfall eine Betreuung (und keinen Unterricht) in den Schulen geben. Auch die Kindergärten müssen schließen. Der Kanzler versicherte auch, dass es sowohl an Schulen und Kindergärten weiter die Möglichkeit zur Betreuung geben werde. Am 7. Dezember sollen Pflichtschulen und Handel wieder geöffnet werden, so Kurz.

Ebenfalls schließen müssen alle persönlichen Dienstleister. Das betrifft etwa Friseure, Kosmetikerinnen und Masseure. Überall, wo es möglich ist, soll auf Homeoffice umgestellt werden, sagte Kurz – mehr dazu in Regierung verhängt harten Lockdown (news.orf.at).

ÖVP und SPÖ: „Die Gesundheit geht vor“

Die Gesundheit gehe vor und man müsse nun konsequent sein, heißt es in einer ersten Stellungnahme der steirischen Landesspitze. "Egal wie man die Zahlen der vergangenen Tage interpretiert – sie sprechen leider eine eindeutige Sprache. Die Gesundheit geht vor – auch wenn wir uns gewünscht haben, dass Schulen, Kinderbetreuungseinrichtungen und der Handel offen bleiben können“, so Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP).

Auch Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang (SPÖ) sieht die Verschärfung der Maßnahmen als „dringend notwendig“: „Es ist mir bewusst, dass viele Menschen dadurch vor enorme Probleme gestellt werden, aber ich bin davon überzeugt, dass wir alle diese schwierige Zeit so wie im Frühjahr auch diesmal meistern werden.“ Man solle das große Ganze – die Gesundheit – im Kopf behalten, denn erst wenn das Coronavirus eingedämmt ist, könne sich die Wirtschaft erholen, so Lang.

Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) betont, dass sowohl die Situation in Hinblick auf die aktuelle Zahl von Coronavirus-Infizierten als auch in Bezug auf die Intensivstationen „äußerst kritisch“ sei: "Die Maßnahmen der Bundesregierung sind notwendig, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen, die Risikogruppen zu schützen und um Menschenleben zu retten“, betont Bogner-Strauß. Sie appelliert an alle Steirer, die Maßnahmen mitzutragen, um die Ausbreitung des Coronavirus stoppen zu können.

Grüne: „Entscheidung belastend, aber notwendig“

Landtagsklubobfrau Sandra Krautwaschl unterstützt die präsentierten Maßnahmen der Bundesregierung. „Diese Entscheidung ist leider notwendig, auch wenn sie nachvollziehbarer Weise für viele Menschen belastend ist. Aber die Alternative wäre eine nicht mehr eingrenzbare Ausbreitung dieses Virus – und das würde nicht ,nur‘ die Grenzen unseres Gesundheitssystems überschreiten, sondern auch unser gesamtes gesellschaftliches Gefüge gefährden", so Krautwaschl.

Sie sieht auch die steirische Landesregierung gefordert. Diese müsse alles dafür tun, dass jene unterstützt werden, „die es besonders schwer haben“, so die Landtagsklubobfrau der Grünen. Dazu würden insbesondere auch jene Personen zählen, die derzeit unter schwierigen Umständen und körperlicher und psychischer Belastung auf den Intensivstationen arbeiten. Sie fordere daher eine Neuauflage der Corona-Prämie in der Höhe von 500 Euro für den Pflege- und Sozialbereich sowie den Kinder- und Jugendhilfebereich.

Freiheitliche kritisieren Verschärfungen

Die steirischen Freiheitlichen orten einen „weiteren tiefen Eingriff in die persönliche Freiheit der Bürger.“ Die verschärften Maßnahmen in Bezug auf soziale Kontakte seien nicht nur „erschreckend“, sondern auch „de facto nicht exekutierbar“, heißt es seitens FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek in einer Aussendung. Weiters würde die Schließung des Handels für viele Betriebe den „Todesstoß“ bedeuten.

Kritik übt die Partei auch angesichts der geplanten Schulschließung. „Dass es für viele Eltern nahezu unmöglich ist, gleichzeitig die eigenen Kinder zu betreuen und im Homeoffice tätig zu sein, hat das Frühjahr eindrucksvoll bewiesen. Den Eltern diese Doppelbelastung nochmals aufzubürden, ist schlichtweg verantwortungslos“, so Kunasek.

Entlastung in Spitälern kommt „stark zeitverzögert“

Laut KAGes-Sprecher Reinhard Marczik gehe man davon aus, dass es zu einer Entlastung der Spitäler kommt – diese würde aber „stark zeitverzögert“ kommen. „Man muss ja rechnen von einer eventuellen Ansteckung gibt es eine Inkubationszeit von zehn bis vierzehn Tagen. Bis jemand so sehr erkrankt, dass er in ein Spital muss, vergehen noch einmal ein paar Tage bis eine Woche.“ Eine Verbesserung würde sich demnach erst in zwei bis drei Wochen zeigen, so Marczik.

Die Lage in den steirischen Spitälern sei bereits schon seit Tagen dramatisch – mehr dazu in KAGes will Personal aufstocken (9.11.2020) und KAGes stockt Intensivbetten auf (4.11.2020), wie Marczik betont: „Es sind insgesamt derzeit 631 Covid-Patienten auf Normalstationen in der Steiermark und 101 Personen auf Intensivstationen – das ist gegenüber dem Frühjahr der vierfache Wert, den wir als Höchstwert hatten.“

Intensivstationen teilweise voll

Steiermarkweit sei die Lage „ernst“, aber noch nicht vollkommen an der Grenze, „aber es gibt immer wieder einzelne Intensivstationen, die völlig gefüllt sind, also wo der nächste Herzinfarkt-Patient oder der nächste Covid-Patient schon ein Drama wäre“, betont Marczik.