Ampullen des Corona-Impfstoffs von Biontech und Pfizer
APA/dpa/Sebastian Gollnow
APA/dpa/Sebastian Gollnow
Coronavirus

„Impfvordrängler“ nun auch in der Steiermark

In mehreren Bundesländern sollen sich Bürgermeister und Gemeindepolitiker bei der CoV-Impfung vorgedrängt haben – auch in der Steiermark. Städte- und Gemeindebund rufen dazu auf, sich an die Reihenfolge zu halten.

In Vorarlberg, Tirol, Kärnten, Oberösterreich, Niederösterreich und Wien wurden Fälle bekannt, in denen übrig gebliebene Impfstoffe nicht an Pflegeheimbewohner, Gesundheitspersonal oder über 80-Jährige verimpft wurden, sondern an Politiker, Gemeindebedienstete oder Angehörige. In der Steiermark impften Ärzte mit übriggebliebenen Dosen über 80-Jährige – mehr dazu in Kampf um Impfkontingent entbrannt –, aber offenbar nicht nur diese Personengruppe.

Stubenberger Bürgermeister schon geimpft

Der Bürgermeister von Stubenberg am See, Alexander Allmer (ÖVP), hat sich ebenfalls bereits impfen lassen – er bestätigte das am Mittwoch gegenüber dem ORF mit folgenden Worten: Er habe die Impfung vorletzten Samstag vom Hausarzt erhalten, er stehe dazu, wollte niemanden schaden, er hätte sich damals nicht gedacht, dass das für so eine große Aufregung sorgen wird.

Gegenüber der APA sagte Allmer: „Ich stehe dazu, will aber sonst nichts dazu sagen. Das ist meine Privatsache.“ Auf Nachfrage, warum er nicht einer älteren Person vortritt gelassen hatte, meinte er nur: „Ich wünsche jedem, dass er auch eine Impfung erhält.“ Ob er nun auch die zweite Dosis erhalten werde, wisse er nicht: „Wenn nicht, werde ich es auch überleben.“

Auch Gamlitzer Bürgermeister geimpft

Auch der Bürgermeister von Gamlitz, Karl Wratschko (ÖVP), ließ sich impfen. „Ich bin vorige Woche vom Direktor des Seniorenheims angerufen worden, ob ich Interesse hätte, auch eine Impfung zu bekommen. Mir war das klar wegen der Sicherheit. Ich bin kein Verweigerer, und ich habe ja dazu gesagt. Am nächsten Tag bekam ich die Impfung. Ich habe mir gedacht, dass ist auch eine gute Art, aufzuzeigen, dass die Impfungen wirken“, so Wratschko.

Er sei kein „Vordrängler“, betonte der Gamlitzer Bürgermeister: „Ich habe mich aber nicht auf- oder vorgedrängt. Ich wurde gefragt, und ich habe mich sozusagen als Proband zur Verfügung gestellt.Ich war auch der Meinung, wir sind an der Reihe, weil wir immer wieder ehrenamtlich im Seniorenheim tätig sind. Wie man es macht, ist es falsch. Lässt man sich impfen, ist man ein Vordrängler, lässt man sich nicht impfen, ist man ein Impfzweifler.“

ÖVP-Landesgeschäftsführer: Nicht „vorgedrängelt“

ÖVP-Landesgeschäftsführer Detlev Eisel-Eiselsberg sagte, es habe sich niemand „vorgedrängelt“: „Erst seit Konkretisierung durch das Bundesministerium ist allen Beteiligten klar, wie genau vorzugehen ist. Mit diesem Wissen hätten Bürgermeister die Impfung natürlich abgelehnt beziehungsweise wäre dieses Angebot wohl erst gar nicht durch das Pflegeheim gemacht worden. Niemand hat sich ‚vorgedrängelt‘, im Gegenteil, mangels anderer Impfwilligen wurde dazu aufgerufen“, so Eisel-Eiselsberg.

Der vorgegebene Impfplan – mehr ddazu in Wer sich wann impfen lassen kann – sei zukünftig selbstverständlich auf Punkt und Beistrich genauestens einzuhalten, so der ÖVP-Landesgeschäftsführer: "Das werden wir unseren Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern noch einmal ganz klar und deutlich kommunizieren.“

Bundesregierung über „Vordrängler“ verärgert

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat kein Verständnis für Bürgermeister, die sich mit „übrig gebliebenen“ Coronavirus-Impfstoffen immunisieren ließen, obwohl sie noch nicht an der Reihe gewesen wären – mehr dazu in Regierung verärgert über Vorreihungen bei Impfungen (news.ORF.at). In Tirol nimmt das Land nach der Aufregung über nicht eingehaltene Impfpläne die Pflegeheime in die Pflicht und betont, es gebe eine klare Reihenfolge – mehr dazu in Impfstoff wird nach Inzidenz verteilt (tirol.ORF.at).

„Optik total falsch“

Bürgermeister und Gemeindepolitiker sollen sich an die vorgesehene Impfreihenfolge halten und sich nicht vordrängen – diese Position haben sowohl Gemeindebundpräsident Erwin Dirnberger als auch Städtebund-Vorsitzender Kurt Wallner. Dirnberger sagte, es sei bei den bekanntgewordenen Fällen wohl gar keine böse Absicht dahinter gewesen, weil aus einer Phiole mehr Impfdosen herausgehen als zunächst gedacht, habe sich das wohl so ergeben – die Optik sei aber „natürlich total falsch“.

Und Kurt Wallner sagte, er bemerke, die Stimmung in der Bevölkerung habe sich gedreht. Sei die Impfskepsis zunächst groß gewesen, sei es nun scheinbar gar nicht mehr notwendig, dass Politiker beispielhaft vorangehen und sagen, sie haben vor der Impfung keine Angst.

LH: Impfung von Politikern, wenn Impfstoff verfügbar

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) hatte ja vorgeschlagen, dass sich Landesregierung und Landtag vermutlich im Februar öffentlichkeitswirksam impfen lassen – grundsätzlich hält man offenbar daran fest. In einem Statement aus dem Büro Schützenhöfer hieß es am Mittwoch, es habe ein Gespräch von Schützenhöfer, seinem Stellvertreter Anton Lang (SPÖ) und allen im Landtag vertretenen Parteien gegeben, bei dem Schützenhöfer vorgeschlagen habe, mit gutem Beispiel voranzugehen, und dass sich Landesregierung und Landtag gemeinsam impfen lassen – wenn Impfstoff zur Verfügung steht und diese Berufsgruppe auch an der Reihe ist, wie betont wird. Von Februar ist nicht mehr die Rede.

FPÖ: Moralischer Tiefpunkt

„Die beiden ÖVP-Bürgermeister haben anscheinend ihre Position als Ortschefs gnadenlos ausgenutzt und sich vorgedrängt“, so FPÖ-Landesparteisekretär Stefan Hermann. „Es gibt genügend impfwillige Steirer aus der Gruppe der direkt gefährdeten Personen, die sicherlich mehr Anspruch auf eine rasche Impfung haben. Es ist ein moralischer Tiefpunkt, dass sich Bürgermeister vermutlich aufgrund ihrer Kontakte in dreister Art und Weise vordrängen.“

Grüne: „Freunderlwirtschaft verhindern“

Grünen-Klubobfrau Sandra Krautwaschl sagte, eine gemeinsame Impfung von Politikern quer über die Parteigrenzen in Phase zwei – nachdem die Pflegeheimbewohner, Hochrisikopatienten, die über 80-Jährigen und dass Gesundheitspersonal geimpft wurden – könne ein gutes Signal sein; klar sei jedenfalls, dass es den Termin erst dann geben kann, wenn genügend Impfungen vorhanden seien.

Die Grünen wollen außerdem per Antrag fordern, dass die Verimpfung der Covid-19-Schutzimpfung in der Steiermark entsprechend der vorgenommenen Priorisierung vorgenommen wird. „Freunderlwirtschaft“ müsse verhindert werden, so Krautwaschl.

NEOS fordern Eingreifen der Landesregierung

NEOS Steiermark forderte „endlich eine Anmeldeplattform für alle statt Kontrollversagen der Landesregierung". Klubobmann Niko Swatek sagte: “Die Ärzte und Ärztinnen fühlen sich in ihren Entscheidungen alleine gelassen, und die Ortskaiser drängeln sich vor. Die Hilflosigkeit bei den Impfungen zieht sich weiter durch. Aus dem Impfchaos heraus entstehen waschechte Impfskandale. Die Landesregierung muss sofort eingreifen.“